Camilla Grebe: Wenn das Eis bricht
btb Verlag (10. April 2017). 608 Seiten
ISBN-13: 978-3442757176
Originaltitel: Alskaren Fran Huvudkontoret
Übersetzerin: Gabriele Haefs
Verlagstext
In der Wohnung des reichen Geschäftsmanns Jesper Orre wird die Leiche einer jungen Frau gefunden – auf brutale Art ermordet. Von ihm fehlt jede Spur. Vor zehn Jahren gab es einen ganz ähnlichen Fall – ungelöst. Hanne, die Kriminalpsychologin von damals, soll deshalb ermitteln. Sie muss in die Vergangenheit eintauchen, dabei verschwimmt gerade ihre Gegenwart – sie fürchtet, an beginnendem Alzheimer zu leiden. Ihre Existenz bekommt zunehmend Risse, und die beiden Fälle verbinden sich auf ungute Weise. Kann Hanne sich selbst und ihren Erinnerungen trauen? Ist sie auf der richtigen Spur? Wann bricht das Eis, und was kommt darunter zum Vorschein?
Die Autorin
Camilla Grebe hat bisher gemeinsam mit ihrer Schwester Åsa Träff Krimis veröffentlicht. Beide sind aufgewachsen in Älvsjö in der Nähe von Stockholm. Der Roman "Die Therapeutin" war ihr erstes Gemeinschaftsprojekt, fast zwangsläufig entstanden aus ihrer Liebe zur Kriminalliteratur. Camilla, geboren 1968, lebt in Stockholm mit ihrem Mann, zwei Kindern und einem Dalmatiner. Sie ist studierte Betriebswirtin, hat den Hörbuchverlag "StorySide" gegründet und betreibt ein Beratungsunternehmen.
Inhalt
Im Haus des wohlhabenden Textilkaufmanns Jesper Orre wird kurz vor Weihnachten die übel zugerichtete Leiche einer Frau gefunden. Für die Ermittler stellt sich die Frage, ob ein Zusammenhang zwischen dem Mord und einer kürzlichen Brandstiftung auf Orres Grundstück besteht und wer die Tote überhaupt ist. Erzählt wird der übertrieben gehypte Roman von drei Icherzählern: dem Kriminalbeamten Peter Lindgren, Orres Angestellter Emma Bohmann und Hanne Lagerlind, einer Profilerin, die früher einmal mit Lindgrens Abteilung zusammengearbeitet hat. Während die Ermittlungen am Tatort zunächst in den Hintergrund treten, erzählt Emma in mehreren Schritten in Form von Rückblenden aus ihrem Leben. In schwierigen Familienverhältnissen aufgewachsen, hat sie die Schule abgebrochen und arbeitet nun als Textilverkäuferin in einem von Orres Läden. Der Textilkönig hat wegen seiner Frauengeschichten einen schlechten Ruf und ist zudem wegen der Arbeitsbedingungen in seinen Läden ins Kreuzfeuer der Presse geraten. Seit kurzem hat Emma eine Beziehung mit Jesper, die allerdings anders verläuft, als Emma sich das vorgestellt hat.
Die Ermittler Peter und Manfred stehen an der Schwelle zum Burnout, weil sie sich als Putztruppe der Gesellschaft erleben und ihre Arbeit nicht genug Anerkennung findet. Hanne hat sich als Wissenschaftlerin intensiv mit Behaviorismus befasst und früher als externe Mitarbeiterin mit Peters Abteilung zusammengearbeitet. Peter möchte sie zu dem Fall hinzuziehen, als sich Verbindungen zu einem Jahre alten Fall ergeben. Privat ist Hanne gerade mit der Diagnose konfrontiert worden, dass sie an einer aggressiv verlaufenden Form von Demenz erkrankt ist. Da ihre Ehe schon länger kriselt, bringt sie ihre Erkrankung in eine schwierige Situation. Schon bald wird sie nicht mehr ohne Hilfe leben können. Ihr Traum von einer Forschungsreise nach Grönland wird wohl Traum bleiben müssen. Die Bilder, die die Icherzähler von sich zeichnen, bringen verblüffende Gemeinsamkeiten der drei Persönlichkeiten ans Licht. Emma zeigte bisher eine klassische Opferpersönlichkeit, die von dominanten, manipulativen Menschen leicht auszunutzen war. Ähnlich empfand sich Hanne von Beginn an in ihrer Ehe, in der ihr Mann den dominanten Part spielte. Peter ist ebenfalls kein sympathischer Zeitgenosse, auch er hat in der Vergangenheit Menschen verletzt und ausgenutzt. Die Charakterisierungen der drei Beteiligten scheinen anfangs von der Tat eher wegzuführen, fügen sich jedoch schließlich zu einem veränderten Bild zusammen, ehe die Handlung in einem dramatischen Storytwist rasant an Tempo gewinnt.
Fazit
Die Beziehungen zwischen Zeugen, Verdächtigen, Opfern und Ermittlern sind psychologisch raffiniert angelegt. Allerdings hat mich von Anfang an nicht überzeugt, warum Hanne im Plot überhaupt auftreten muss. Zwar wird sie glaubwürdig beschrieben, nicht etwa als vom Schicksal gebeuteltes Supertalent, mir war ihre Rolle jedoch zu deutlich aus plot-taktischen Gründen angelegt. Als durchschnittlichem Schwedenkrimi würde ich dem Buch 7 Punkte geben. Da der Klappentext sehr hohe Erwartungen weckte, die der Text nicht erfüllte, durchschnittliche 6 Punkte.
6 von 10 Punkten