Karen-Susan Fessel, 1964 in Lübeck geboren, lebt als freie Journalistin und Autorin in Berlin. Seit 1999 schreibt sie auch Kinder - und Jugendbücher.
Kaya, die Erzählerin der Geschichte, ist elf und lebt in einem winzigen Dorf in Brandenburg. Viele Häuser stehen leer; wer nur konnte, ist fortgezogen, der Arbeit nach, denn davon gibt es nicht mehr viel in Adeleben, seit die LPG aufgelöst wurde. Baufällige Scheunen gibt es noch, die alte Schmiede, das Wirtshaus, viele alte Leute und ein paar Kinder, die vor allem im Schulbus zusammenkommen, auf dem Weg in die nächstgrößere Stadt.
Kayas Familie ist mit den Veränderungen nicht gut zurechtgekommen. Als auch noch ihre Mutter mit einem Musiker aus Hannover fortzog, war für die Zurückgebliebenen eines klar: alles, was aus dem Westen kommt, ist schlecht.
Der Verlust der Mutter, der schwierige Vater, ein phantasieloser Onkel, die hilflose Tante, die herrische Großmutter und ein nerviger kleiner Bruder sind nicht Kayas einzige Probleme, auch nicht die Freundin Peggy, die alle vier Wochen ein anderes Hobby, von Barbie- Puppen bis Kunstreiten, entdeckt und dann von nichts anderem mehr spricht.
Die meisten Schwierigkeiten bereitet ihr Marco, der sie hänselt und quält, denn Kayas rechte Gesichtshälfte ist schlimm verwachsen. 'Monsterauge', ruft er ihr nach, wann immer er sie sieht. Kaya hat sich immer bemüht, sich mit den Gegebenheiten zu arrangieren. Bisher war sie recht erfolgreich, wenn auch nicht glücklich mit ihrem Leben.
Eines Tages ziehen fremde Leute in die alte Schmiede ein, drei junge Künstler, die ein Stipendium bekommen habe. Kaya freundet sich mit der Malerin Tilla an und entdeckt selbst ihre Freude am und ihre Begabung für das Malen.
Der Einbruch des Neuen im Dorf wie im Leben Kayas stößt vor allem bei ihrem Vater auf heftige Ablehnung. Kaya, die sich sonst eher zurückgezogen hat, muß Entscheidungen treffen.
Recht knapp, aber überzeugend erzählt dieses Buch von den Folgen der Wende aus Kinderaugen. Daß Kaya de facto ein Auge fehlt, hat ihre Sinne nur geschärft. Halbblind oder ganz blind sind eher die anderen, der Vater oder auch Marco, der auch eigene Probleme hat. Wie Kaya beginnt man langsam zu verstehen, das Verhalten des Vaters, das Früher, das Heute. Und so wie Kaya einen großen Schritt zum Erwachsenwerden macht, machen muß, lernen auch die anderen in ihrer Familie, daß Veränderungen Chancen beinhalten können, auch wenn die Veränderungen so schmerzhaft sind, daß man den Schmerz nicht vergessen wird.
Der Schluß kommt ein wenig übereilt, eine Spur zu versöhnlich vielleicht, aber dem Lesealter ab 10 durchaus angemessen.
Ein spannendes Buch, mit einer geradezu überwältigend lebensechten Hauptfigur.