Betrunkene Bäume - Ada Dorian

  • Gebundene Ausgabe: 272 Seiten
    Verlag: Ullstein fünf, 2017


    Kurzbeschreibung:
    Erich ist über achtzig und verliert Stück für Stück seine Unabhängigkeit. Außerdem trauert er um die Liebe seines Lebens. Als junger Forscher hatte Erich eine Expedition in die Taiga unternommen. In jener Zeit hat er Schuld auf sich geladen, die bis heute nachwirkt und Erich vereinsamen lässt. Dann jedoch tritt Katharina in sein Leben. Sie ist von zu Hause ausgerissen, als ihr Vater die Familie verlassen hat.


    Über die Autorin:
    Ada Dorian, geboren 1981, studierte Literaturwissenschaften und Philosophie. Sie forschte in Osnabrück über Erich Maria Remarque, wo sie nach langem Aufenthalt in Hamburg lebt. Sie gewann den Literaturförderpreis der Stadt Hamburg 2009, ist Trägerin des Literaturstipendiums des Landes Niedersachsen 2016


    Mein Eindruck:
    Betrunkene Bäume ist ein origineller Titel, über den man sich zunächst wundert. Tatsächlich gibt es in Sibirien ein Phänomen, dass Bäume im gefrorenen Boden als Folge der globalen Erwärmung ihre Form verlieren, zu schwanken schenen wie Betrunkene. Ein Motiv, dass in diesem Roman symbolhaft verwendet wird.


    Im Mittelpunkt steht Erich, der in zwei Zeitebenen einmal jung, einmal alt, und in verschiedenen Ländern gezeigt wird.
    Im ersten, wirklich auffälligen Kapitel ist er als junger Wissenschaftler in Sibirien um Bäume und Pflazen zu untersuchen.
    Im zeitgenössischen Handlungsstrang ist er als alter Mann alleine in seiner Wohnung in Deutschland und kommt wegen verschiedener Gebrechen nur noch schlecht zurecht. Seine Tochter drängt ihm einen Rollator und die Drohung eines Altersheim auf.
    Dann zieht nebenan die Schülerin Katharine ein, deren Vater zum Arbeiten nach Russland gegangen ist. Sibirien verbindet dann den alten und den jungen Menschen, die sich anfreunden.
    Hier geht es mir in der ersten Romanhälfte teilweise zu langsam und zögerlich vorwärts.


    Interessanterweise ist Betrunkene Bäume eines neues Verlagsimprint namnes Ullstein fünf, das "gesellschaftlich relevante und zugleich zugängliche Geschichten von ausschließlich deutschen Autorinnen und Autoren im Mittelpunkt" stellt.
    Ada Drian ist eine neue Autorin, die es zu entdecken gilt, auch wenn ich unsicher bin, ob am Romankonzept alles gelungen ist, manche Übergänge erscheinen merkwürig, wenig fließend. Aber die Geschichte an sich konnte fesseln, obwohl sie nicht ungewöhnlich ist.


    Sprachlich und inhaltlich war ich als Leser zufrieden und ich bin gespannt, was Ada Dorian in Zukunft noch schreiben wird.

  • Der Anfang plätschert ein wenig nebulös vor sich hin und niemand weiß, wohin die Reise geht. Langsam kommt Fahrt auf. Man spürt, dass es eine vielschichtige Geschichte werden wird; sie wird getragen von einer kunstvollen Sprache, was das Weiterlesen erleichtert, obwohl man lange im Dunkeln tappt.


    Es geht um Familienbande sowie Entfremdung innerhalb der Familie, um zwei isolierte Menschen, die zusammenfinden, obwohl siebzig Jahre zwischen ihnen liegen, um unverzeihliche Fehler im Zusammenleben, um Schuld und Vermächtnis.


    Und weil Anzahl und Vielfalt der Themen der Autorin noch nicht ausreichten, kommen sogar noch Permafrost, authentische Bilder von Land und Leuten in Sibirien sowie der Klimawandel hinzu. Vieles wird angerissen und man hat das Gefühl, die Autorin hätte noch viel mehr erzählen können.


    Der Schluss ist ebenso verblüffend wie versöhnlich. Oft ist ein Buch weitschweifig und man wünscht sich Kürzungen. Von Ada Dorian hätte ich mir zusätzliche 200 Seiten gewünscht, was keinesfalls bedeutet, dass ich mit den 272 Seiten unzufrieden bin. Überhaupt nicht, denn das Buch hat mir gut gefallen.

  • berührende Geschichte



    Erich und Katharina, für mich zwei besondere Protagonisten die den Roman irrsinnig wertvoll und berührend machen. Die beiden Persönlichkeiten sind so gestaltet und leidenschaftlich geschildert, dass man als Leser tief in die Gefühle, Ängste und Probleme eintauchen kann. Auch die beiden haben eine besondere Beziehung zueinander, was mir besonders gut gefällt.
    Der Schreibstil prägt das Buch - es entsteht eine einzigartige Geschichte, in die ich liebend gerne eingetaucht bin, auch wenn es immer wieder extreme berührend wurde.
    Das einzige, was für mich ein kleines Minus in dem Buch darstellt ist, dass ich oft die Handlungen der beiden nicht immer ganz Nachvollziehen kann - oft stellte sich mir beim Lesen die Frage - Warum?
    Das Ende des Buches ist auch gut gestaltet - ein guter Abschluss des Buches.

  • tolle Idee für eine Geschichte - mittelmäßige Umsetzung


    Inhalt (Klappentext):
    Der über 80-jährige Erich verliert nach und nach seine Unabhängigkeit und trauert um die Liebe seines Lebens. Als junger Forscher hatte er eine Expedition durch die sibirische Taiga unternommen. In jener Zeit hat Erich Schuld auf sich geladen, die bis heute nachwirkt und ihn vereinsamen lässt. Dann tritt Katharina in sein Leben, sie ist von zu Hause ausgerissen, als ihr Vater die Familie verlassen hat. Erich und sie sind beide entwurzelt, erst beieinander finden sie Halt.


    Mein Fazit:
    Tolle Idee für ein Buch aber nur mittelmäßige Umsetzung, man hätte mehr daraus machen können.
    Mir hat etwas die Spannung gefehlt, und man hätte viel mehr Emotionen und Hintergründe in die Geschichte packen sollen, damit diese für mich interessant zu lesen wäre. Ich brauche immer einen gewissen Unterhaltungsgrad in Büchern - zu trockene Geschichten sind nichts für mich. Dennoch glaube ich, dass dieses Buch den Geschmack von anderen Lesern sehr wohl treffen kann.

  • Betrunkene Bäume bezeichnet man Bäume die unter ähnlichen Bedingungen im Permafrostboden in Schieflage geraten. Sie verlieren ihren Halt und kippen in den tauenden Matsch. Der Baum versucht dies auszugleichen und der Stamm schlängelt sich deshalb wie eine Pflanze.
    Erich ein über 80-Jähriger verliert mehr und mehr sein Gedächtnis und seine Sehkraft. Früher war er als junger Forscher in Russland tätig und noch immer verfolgt ihn die Vergangenheit in seinen Träumen. Seine größte Liebe gehört seiner Frau Dascha und den Bäumen, leidenschaftlich zieht er kleine Setzlinge groß. Erich hütet ein großes Geheimnis das nicht einmal seine Tochter weiß, den niemand soll ihm seinen Wald nehmen. Da lernt er Katharina kennen, sie ist von zu Hause abgehauen, weil ihr Vater die Familie verlassen hat, um nach Sibirien zu gehen. Katharina gibt ihrer Mutter die Schuld, deshalb hat sie diese verlassen und auch zur Schule geht sie nicht mehr. Erich bittet Katharina ihm ein wenig im Haushalt zu helfen, dabei erfährt sie immer mehr aus Erichs Leben und seinem Geheimnis.


    Meine Meinung:
    Ein wunderschönes Buch über Freundschaft zwischen den Generationen, Heimat, über Verlust und die Liebe zur Natur. Ada Dorian hat dies in ihrem Debütroman wunderschön beschrieben, es soll gleichzeitig dazu anregen sich mehr Gedanken zu machen über unsere Welt, die Natur und das älter werden. Der Schreibstil ist flüssig, informativ, teils auch traurig und spiegelt unseren heutigen Zeitgeist. Ich konnte mir nach der Beschreibung im Buch, diese betrunkenen Bäume bildlich vorstellen. Auch in die beiden Hauptpersonen mit ihren Zweifeln und Ängsten konnte ich mich sehr gut hinein versetzen. Braucht die Welt so ein Buch, definitiv ja den es spiegelt in Erich unsere ältere und in Katharina teils unsere jüngere Generation wider. Ich hätte niemals hinter diesem Cover ein solches philosophisch, weises und liebevolles Buch vermutet. Schön fand ich auch den Satz des Mannes im Altenheim: "Für die meisten ist das eine Ort, an den man zum Sterben geht, nicht einer, an dem man noch ein paar schöne Jahre hat." Von mir 10 Eulen für dieses gelungene Werk, ich kann es nur weiterempfehlen.

    "Lebe jeden Tag so, als ob du dein ganzes Leben lang nur für diesen einen Tag gelebt hättest."