Kristina Pfister: Die Kunst, einen Dinosaurier zu falten

  • Kristina Pfister: Die Kunst, einen Dinosaurier zu falten
    Verlag: Tropen 2017. 253 Seiten
    ISBN-13: 978-3608501599. 20€

    (gelesen als ebook)


    Verlagstext
    » ›Und wo zieht es dich danach hin? Hast du Pläne?‹, fragte sie, als wüsste sie nicht längst, dass ich hier gestrandet war wie einer dieser fetten Blauwale, die überall in Neuseeland an den Stränden lagen und langsam verreckten.«
    Jeden Abend betrachtet Annika durch das Fenster ihres Apartments die junge Frau gegenüber. Marie-Louise scheint all das zuzufliegen, wonach Annika sich sehnt: Freunde, Liebhaber, Geselligkeit. Sie lebt aus vollen Zügen, während Annika von Praktikum zu Praktikum driftet und nichts mit sich anzufangen weiß. Doch eines Nachts klingelt Marie-Louise an Annikas Tür. Aus einer Zufallsbekanntschaft wird enge Freundschaft, als Annika nach Hause zurückkehrt, um endlich herauszufinden, was sie eigentlich mit sich anfangen will. Und unversehens ihre alte Nachbarin wiedertrifft. Bald stellt sich jenes Gefühl von Schwerelosigkeit ein, das Phasen des Umbruchs begleitet, und für die beiden Frauen beginnt ein Sommer in der Provinz, wo Humor und Verzweiflung nah beieinander liegen.


    Die Autorin
    Kristina Pfister, geboren 1987 in Bamberg, war Teilnehmerin der Bayrischen Akademie des Schreibens und der on3-Lesereihe. Sie lebt in München und Wiesbaden. „Die Kunst, einen Dinosaurier zu falten“ ist ihr erster Roman.


    Inhalt
    Dinosaurier aus Papier falten können, das kann nicht schaden, dachte ich mir. Eine anfangs aus meiner Sicht namenlose und geschlechtslose Person lebt in einem Wohnheim, um 40 Wochenstunden in einem öden Praktikantenjob irgendwo im Kulturbereich arbeiten zu können. Praktikantinnen erledigen für ein Taschengeld die Arbeit, mit der Festangestellte später im Jahresbericht glänzen können. Annika hat Kulturwissenschaften studiert, wie offenbar viele andere auch, ist sich jedoch nicht klar, was sie eigentlich tun will. In der gegenüberliegenden Wohnschachtel lebt Marie-Louise, bei der jeden Abend Fete ist. Die Icherzählerin fühlt sich deshalb als Zuschauerin noch einsamer, als sie ohnehin ist. Nachbarin Marie-Louise macht den ersten Schritt auf Annika zu. Sie sprudelt vor Ideen, sie redet immer, egal ob jemand zuhört. In Annikas Ödnis gelangt damit Tempo. Als der Praktikantenjob beendet ist, zieht Annika notgedrungen wieder in ihr Kinderzimmer zuhause. Ohne Job scheint sie dazu verdammt, als ewige Jugendliche in einer Endlosschleife festzuhängen. Ihre Generation ist irgendwo auf der Welt unterwegs, um Erfahrungen und Qualifikationen zu erwerben, die andere längst besitzen. Doch wer Japanisch in Japan lernt, legt damit nur die Latte für alle anderen Bewerber höher und muss sich nach der Rückkehr mit in die Endlosschleife einreihen. Niemand von ihnen wird an irgendeinem Arbeitsplatz gebraucht, keiner scheint gut genug für den Kulturbetrieb. Selbst wenn Annika mit 30 Kindern Dinosaurier falten könnte, würde das nichts ändern. Die Mädels arbeiten ihre Löffelliste der Dinge ab, die sie dringend tun sollten, ehe sie einmal den Löffel abgeben müssen und wiederholen mit den Aufgaben eine Kindheit, der sie längst entwachsen sein sollten. Im biografischen Niemandsland steht die Zeit still. Ob es im Leben ein Später geben wird, darüber nachdenken müssen sie genau jetzt.


    Fazit
    Mehr Befindlichkeit als Handlung vermittelt Kristina Pfisters Ausschnitt aus dem Leben der Generation Praktikum in makellosem Stil. Eine Icherzählerin von eher gedämpftem Temperament könnte zum Problem werden, wenn ich beim Lesen ständig das Gefühl hätte, sie anstoßen zu müssen, damit sie endlich in die Gänge kommt. Doch die Mädels mochte ich, ihre Gedanken interessierten mich, so dass ich das Buch bedenkenlos empfehle.


    9 von 10 Punkten

  • Zum Inhalt:


    "Jeden Abend betrachtet Annika durch das Fenster ihres Apartments die junge Frau gegenüber. Marie-Louise scheint all das zuzufliegen, wonach Annika sich sehnt: Freunde, Liebhaber, Geselligkeit. Sie lebt aus vollen Zügen, während Annika von Praktikum zu Praktikum driftet und nichts mit sich anzufangen weiß. Doch eines Nachts klingelt Marie-Louise an Annikas Tür. Aus einer Zufallsbekanntschaft wird enge Freundschaft, als Annika nach Hause zurückkehrt, um endlich herauszufinden, was sie eigentlich mit sich anfangen will. Und unversehens ihre alte Nachbarin wiedertrifft. Bald stellt sich jenes Gefühl von Schwerelosigkeit ein, das Phasen des Umbruchs begleitet, und für die beiden Frauen beginnt ein Sommer in der Provinz, wo Humor und Verzweiflung nah beieinander liegen." (Quelle: Klett Cotta)


    Meine Meinung:


    Grundsätzlich ist es ein interessantes Buch über die Generation Praktikum, die von einem Praktikum ins nächste wechselt, ohne teilweise richtig weiterzukommen bzw. ein Roman über die Leere nach oder in der Jugend.


    Die Protagonistin Annika weiß nicht so richtig etwas mit sich anzufangen, schaut sich allabendlich Serien auf illegalen Internetseiten an und hängt auch so die meiste Zeit rum, scheint lethargisch vo sich hin zu vegetieren, stünde da nicht plötzlich ihre Zimmernachbarin Marie-Louise vor ihrer Tür, die zumindest vorübergend Annika aus ihrer Tiefschlafphase herausreist.


    Auch so scheint jeder um Annika herum es besser zu gehen: Weltreisen, einen tollen Job, Parties.


    So leer wie Annikas Leben ist, so leer scheint auch der Roman zum größten Teil an Handlung zu sein, man schaut hauptsächlich Annika bei ihrem trostlosen Leben zu, in dem nicht viel passiert, demzufolge kann auch nicht viel Tempo und Spannung reinkommen.
    Aber es ist trotzdem flüssig zu lesen.


    Alles in allem ein lesenswertes Buch über die Leere nach der Jugend und dem Studium.