• Überall auf der Welt landen verstreut 12 muschelartige Raumschiffe. Die Regierungen der jeweiligen Länder versuchen, Kontakt aufzunehmen mit den "Aliens" und ihre Absichten herauszufinden.


    Klingt nach einem 08/15 - Science-Fiction-Film, den man so oder so ähnlich schon oft gesehen hat. Aber hier geht es wirklich um Sprache. Wie lernt man eine neue Sprache, mit der man wirklich nichts gemeinsam hat? Nicht mal die Buchstaben. Wie lern ich z.B. Japanisch, wenn ich nur deutsch kann und vielleicht englisch und italienisch und mein Gegenüber nur Japanisch. Wie kommuniziert man da? Und wie wirkt sich die Art der Kommunikatiom auf das Denken aus?
    Das kennt man ja von 1984. Wenn der Minister, der fürs Kriege führen zuständig ist, Friedensminister heißt. Dann empfindet man es auch so. Minister für "andere Leute abschlachten aus wirtschaftlichen Gründen und alle die dagegen sind ebenfalls" käm jetzt nicht so gut an*g*.
    Der Film geht noch einen Schritt weiter. Was ist mit der Zeit? Ist sie gegeben oder auch nur vorgegeben, weil die Sprache, die wir sprechen, eben linear ist?
    Wenn wir eine Sprache hätten, wo die Sätze keinen Anfang und kein Ende haben.
    Ich will nicht sagen, ich find das jetzt unbedingt sehr logisch. Ich bin ja gefangen durch meine Prägung. Aber den Ansatz finde ich großartig. Dafür ist meiner Ansicht gute Science Fiction da, Dinge zu denken, die man unmöglich findet.
    Daher fand ich diesen Film im Gegensatz zu dem anderen "Sci-Fi-Gedöns" in letzter Zeit wirklich gut. Hier wird nicht (nur) auf die Optik gesetzt - obwohl das schon sehr geil ausschaut, wenn die tintenfischartigen Wesen ihre Tentakel ausstrecken und damit Zeichen malen. Aber hier geht s wirklich um Inhalt. Was ist Sprache? Wie lernt man sie? Wie beeinflusst die Sprache das Denken und Fühlen?


    Ich werd mir den Film auf jeden Fall auf DVD auch noch mal anschauen.


    10/10

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor

  • Ich mag gut gemachte, intelligente SF abseits der Independence-Day-Alien-Invasionotorik eigentlich sehr gerne, aber "Arrival" fand ich ziemlich zäh und, leider, recht langweilig. Ich habe nach einer Stunde ausgeschaltet.

  • Der Film „Arrival“ hat mich so beeindruckt, dass ich unbedingt wissen wollte, wer der Urheber der Idee für dieses Drehbuch war. Ich musste nicht lange suchen und stieß auf Ted Chiang, der in den USA kein Unbekannter ist. „Geschichte deines Lebens“ ist eine von fünf kurzen fantastischen Geschichten, die alle ausgesprochen lesenswert sind und deren Kernthema das Phänomen „Zeit“ ist.


    Zurück zum Film: Am Interessantesten waren für mich die mit der Kontaktaufnahme verbundenen Fragen. Wie reden wir mit AI, die mehr oder weniger unsere Vorstellungen und unser Wissen über Physik und Mathematik teilen, aber doch ein ganz anderes Bewusstsein haben?


    Unsere Wahrnehmung der Welt ist kausal, wir fragen nach den Ursachen, unsere Schriftsprache ist sequenziell. Beispiel: Licht bewegt sich abhängig vom Medium (z.B. Luft/Wasser) zum Ziel.


    Die AI hingegen nehmen die Welt teleologisch wahr, also zweckorientiert, sie fragen nach der Wirkung, ihre Schriftsprache ist symbolisch, d.h. sie betrachten einen Zeitabschnitt. Um bei dem obigen Beispiel zu bleiben: Licht sucht sich immer den kürzesten Weg zum Ziel, egal in welchem Medium es sich fortbewegt.


    Daraus folgt: Wir denken und schreiben uns von der Gegenwart, die jetzt schon zur Vergangenheit gehört, zur Zukunft vor. Das ist den AI völlig fremd, denn sie denken und schreiben in einem Zeitabschnitt, in dem Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft präsent sind. Was nichts anderes heißt: Sie kennen die Zukunft.


    Das war für mich ein wahnsinnig, ja wirklich wahnsinnig interessanter Aspekt. Und ich habe endlich verstanden, warum meine japanischen Kollegen Powerpoint-Präsentationen mit tausend aneinander geketteten Bildchen bevorzugen, die kein einziger Europäer versteht. Denn die 1. Ableitung der AI-Sprache ist Japanisch.


    Fazit: Nicht nur der Film gehört zur absoluten Spitzenklasse - auch die dem Film zugrundeliegende Erzählung.

  • Die Thematik ist fraglos interessant. Auch andere, nicht minder gute SF-Autoren haben sich dazu bemerkenswerte Gedanken gemacht, etwa Vernor Vigne und Iain Banks. Es ist immer großartig, wenn uns die SF zeigt, wie sehr wir uns an unserem beschaulichen Tellerrand orientieren.


    Allein, die Umsetzung fand ich dennoch ermüdend. ;-)

  • Zitat

    Allein, die Umsetzung fand ich dennoch ermüdend.


    Ich fand sie verwirrend und ich kapierte nicht alles. Doch die Protagonistin Amy Adams und die besondere Stimmung haben mich angefacht. Deshalb habe ich das Buch gekauft und hinterher ist mir Vieles klarer geworden. :wave


    Fazit: Fährt man auf die Schauspielerin ab, wird der Jagdtrieb erweckt. :kiss

  • Zitat

    Manche Leute finden Filme gut, weil sie sie nicht verstehen.


    Synthese: Manche Leute finden Filme gut, weil sie sie noch nicht verstehen.


    Fazit: Das Vorverstehen sollten wir nicht unterschätzen und dranbleiben lohnt sich!


  • Hätte ich nicht besser formulieren können! :)
    Ich finde die Idee der zirkulären Betrachtung der Zeit in diesem Film richtig spannend.