Ellbogen - Fatma Aydemir

  • Ellbogen - Fatma Aydemir



    Inhalt
    Sie ist siebzehn. Sie ist in Berlin geboren. Sie heißt Hazal Akgündüz. Eigentlich könnte aus ihr eine gewöhnliche Erwachsene werden. Nur dass ihre aus der Türkei eingewanderten Eltern sich in Deutschland fremd fühlen. Und dass Hazal auf ihrer Suche nach Heimat fatale Fehler begeht. Erst ist es nur ein geklauter Lippenstift. Dann stumpfe Gewalt. Als die Polizei hinter ihr her ist, flieht Hazal nach Istanbul, wo sie noch nie zuvor war. Warmherzig und wild erzählt Fatma Aydemir von den vielen Menschen, die zwischen den Kulturen und Nationen leben, und von ihrer Suche nach einem Platz in der Welt. Man will Hazal helfen, man will mit ihr durch die Nacht rennen, man will wissen, wie es mit ihr und mit uns allen weitergeht.


    Autorin
    Fatma Aydemir wurde 1986 in Karlsruhe geboren. 2007 bis 2012 studierte sie Germanistik und Amerikanistik in Frankfurt am Main. Seit 2012 lebt sie in Berlin und ist Redakteurin bei der taz. Als freie Autorin schreibt sie daneben für zahlreiche Zeitschriften, unter anderem Spex und das Missy Magazine.



    Meine Meinung
    Hazal ist kurz vor ihrem 18. Geburtstag, lebt in Berlin und fühlt sich zwischen den Welten.
    Einerseits der türkischen, dem Leben ihrer Eltern, die die althergebrachten Traditionen nicht verlassen wollen, andererseits im Berlin der Gegenwart.


    Sie besucht eine Art vorbereitende Berufsschule. Das allerdings nicht, weil sie besonders ambitioniert ist und auf einen bestimmten Beruf hinarbeitet, sondern um ihrem doch relataiv einfachen Elternhaus zu entkommen, in dem sie nur - den alten Traditionen gemäß - ausgebeutet und nicht ernst genommen wird.


    Sie ist relativ angepaßt, läßt sich nichts zu Schulden kommen, außer einem minimalen Diebstahl, dadurch aber steigt ihr innerer Aggressionspegel stetig an.


    Ihr Umgang entspricht wohl dem, was man als Klischee für Leute mit weniger Bildung nennt. Sie trinkt gern, laßt auch einen Joint nicht ungenutzt verglimmen und interessiert sich sehr für Aussehen, Schminke und ähnliches und ist - eher heimlich und unter falschen Angaben - mit ihren Freundinnen in Berlin unterwegs.


    Bis eines Tages etwas passiert, daß ihr gestiegenes Aggressionspotential explosionsartig hervorbrechen läßt, es zu einer Gewalttat kommt.
    Sie flieht kurzerhand nach Istanbul und versucht dort auf die Füße zu kommen.....


    Soweit inhaltlich.


    Die Sprache ist derb, im Jugendjargon, ehrlich, schonungslos.
    Trotzdem ist das Buch flüssig zu lesen, spannend und man möchte auch unbedingt wissen, wie es weitergeht.


    Daß Hazal eine hochsympathische Hauptfigur ist, läßt sich zwar nicht sagen, aber sie macht es einem leicht, sie zu verstehen, selbst wenn man selber völlig anders handeln würde.


    Zwar ist es oftmals nicht leicht, ihre Handlungen und Gedanken nachzuvollziehen, für die Person Hazal aber, scheinen sie zu passen.


    Manchmal hat es mich gestört, daß sie sehr beratungsresistent wirkt, das Gefühl vermittelt, zwar nicht zu wissen, was sie will und wer sie ist - andererseits aber läßt sie auch niemanden an sich emotional herankommen.


    Das ist ein Punkt, der mich im Buche etwas gestört hat.
    Da war eine offensichtliche ( objektiv wirkende) Hilfe in Sicht und sie hat sie praktisch mit Händen und Füßen von sich gestoßen.


    Durch den Ich Erzählstil erfährt der Leser aber, warum sie sich dem verweigert und letztlich paßt es auch zu ihrer Grundhaltung.


    Das macht das Buch als solches auch intimer, da es das Gefühl vermittelt, Hazal spricht mit dem Leser.


    Der für mich größere Minuspunkt ist der, daß es ein offenes ende gibt.
    Ich bin eh meist kein Fan offener Enden, aber hier hat es mich persönlich doch sehr gestört, da ich nun so mit Hazal gelebt habe, daß ich auch gerne noch ein wenig mehr erfahren hätte.
    Das mag ein Stilmittel sein und für Freunde des offenen Endes wunderbar, aber ich mag es nun mal so gar nicht.


    Das ist aber eben eine persönliche "NichtVorliebe"



    Fazit
    Ein doch interessantes Buch über das innere Leben einer Deutschtürkin, die das Gefühl hat, nirgendwo zu Haus zu sein, ihre Emotionen so lange unterdrückt, bis sie hervorbrechen.
    Spannend geschrieben, mit einer Protagonistin, an der sich wohl die Geister scheiden werden.