Gebundene Ausgabe: 176 Seiten
Verlag: Liebeskind, 2016
Originaltitel: Yanvalou pour Charlie
Aus dem Französischen von Barbara Heber-Schärer und Claudia Steinitz
Kurzbeschreibung:
Mathurin Saint-Fort ist ein junger, ehrgeiziger Anwalt, der es aus einfachen Verhältnissen in höhere Gesellschaftskreise gebracht hat. Er weiß, je weiter oben man ist, desto besser kann man auf die anderen herabschauen. Aber dann steht eines Tages der vierzehnjährige Charlie vor seiner Haustür und gibt vor, aus demselben Dorf zu stammen wie Mathurin. Charlie ist nach einem verunglückten Raubüberfall auf der Flucht und bittet den Anwalt um Hilfe. Gegen seinen Willen und von einem auf den anderen Tag wird Mathurin in einen Teufelskreis aus Armut und Gewalt gezogen, und schon bald muss er einsehen, dass alles, worauf er seine Existenz gründet, eine fatale Illusion ist.
Lyonel Trouillot hat mit »Yanvalou für Charlie« einen furiosen Roman über ein vom Schicksal verdammtes Land geschrieben, der zugleich eine tief greifende Reflexion ist über Identität und das Verhältnis der Menschen zu den eigenen Wurzeln.
Über den Autor:
Lyonel Trouillot, 1956 in Port-au-Prince geboren, zählt zu den bedeutendsten Autoren Haitis. Seine Kindheit verbrachte er mit seinen Eltern im Exil in den USA. Nach der Rückkehr in sein Heimatland studierte er Rechtswissenschaften. Sein Debütroman »Straße der verlorenen Schritte« erschien 1998 in Frankreich, seitdem hat er zehn Romane veröffentlicht. 2009 erhielt er für »Yanvalou für Charlie« den Prix Wepler, 2011 wurde er mit »Die schöne Menschenliebe« für den Prix Goncourt nominiert. Neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller und Publizist lehrt Lyonel Trouillot Kreolische und Französische Literatur in Port-au-Prince.
Mein Eindruck:
Der haitianische Schriftsteller Lyonel Trouillot war für mich persönlich meine literarische Neuentdeckung des Jahres 2014 und ich bin weiterhin an seinen Büchern interessieren. Yanvalou für Charlie ist im Original 2009 erschienen und von Liebeskind letztes Jahr in Deutsch herausgebracht worden.
Der Roman ist mehrstimmig erzählt
Es beginnt mit einem Anwalt aus ärmlichen Verhältnissen, der es sich inzwischen in seiner jetzt wohlhabenden Lebenssituation eingerichtet und seine Herkunft verdrängt hat. Dann besucht ihn unerwartet ein Jungen aus seinem Dorf, namens Charlie.
Wenn Charlie beginnt zu erzählen, ist es wie eine Flut. Seine Reden sind schnell und eine schonungslos offene Litanei eines Waisenkindes, der zu einem kleinkriminellen Straßenjungen geworden ist.
Charlie erzählt auch von einem Freund namens Nathanael, der den nächsten Erzählpart einnimmt. Am Ende sind wir wieder bei dem Anwalt, es schließt sich ein Kreis.
Durch die Methode mehrere Personen zu Wort kommen zu lassen, gelingt es dem Autor ein deutliches Bild vom harten Leben in Haiti zu entwerfen. Schließlich ist Haiti eines der ärmsten Länder der Welt, musste unter Diktaturen, Korruption und Naturkatastrophen leiden.
Das preisgekrönte Buch besitzt einen sozialkritischen Ansatz, ganz ohne Pathos. Hierfür möchte ich eine Leseempfehlung aussprechen!