Mohammeds Berufung - Driss Chraibi

  • Verlag: Edition Rugerup
    Aus dem Französischen von Margret Millischer


    Kurzbeschreibung:
    Driss Chraibi hat zehn Jahre lang an diesem Roman gearbeitet und er hat den Autor gewissermaßen zu seinen Wurzeln zurückführt. Darin lockt uns Driss Chraibi in die sinnliche Welt des Orient, zurück zu den Anfängen des Islam. In poetischen Beschreibungen und einer bildreichen musikalischen Sprache versucht der Autor, in die Gedanken- und Gefühlswelt desjenigen einzudringen, der im Alter von vierzig Jahren – obwohl es ihm im irdischen Leben an nichts zu fehlen scheint – von einer unbestimmten Sehnsucht, einem Durst nach Transzendenz, einem Bedürfnis nach Rückzug und Einsamkeit erfüllt ist, die ihn immer öfter in eine Höhle am Berg Hira zum Meditieren treiben. Erinnerungen, Visionen, Bilder und Klänge mischen sich und lassen sinnlich nachvollziehbar die damalige Lebenswelt erstehen. Als Geste der Versöhnung versteht der Autor sein Buch, das westliche Leser in die Mystik und Musikalität des Koran einführen möchte. Driss Chraibi hat es seinem Vater gewidmet.


    Über den Autor:
    Weit ist der Weg, den der marokkanische Schriftsteller Driss Chraibi (1926–2007) zurückgelegt hat, seit er als zorniger junger Mann 1945 sein Heimatland verließ, um in Frankreich Chemie zu studieren. Doch bald nach Abschluss des Studiums wechselt er in die Literatur. Sein erster Roman, „Le Passé Simple“, wird ein Skandal, eine schonungslose Abrechnung mit seinem Vater und den verkrusteten Traditionen seines Landes. Bald macht er sich einen Namen als Enfant terrible der Literatur, erwirbt aber gleichzeitig den Ruf, „die marokkanische Literatur in die Moderne geführt zu haben“ (Le Monde). In fünfzig Jahren entstehen etwa zwanzig Bücher. Mit der Zeit macht seine Revolte einem beißenden Humor Platz, danach schreibt er eine Reihe von Kriminalromanen, bei denen sein respektloser Inspektor Ali als Bindeglied zwischen Orient und Westen in verschiedenen Gegenden der Welt seine Ermittlungen durchführt.


    Über die Übersetzerin:
    Margret Millischer,geb. 1957, Studium der Romanistik und Kunstgeschichte sowie Übersetzen und Dolmetschen an der Universität Wien und der ESIT in Paris, seitdem Tätigkeit als Übersetzerin, Dissertation über „Die Rezeption Lou Andreas-Salomés in Italien“, Lehrbeauftragte am Zentrum für Translationswissenschaft der Universität Wien


    Mein Eindruck:
    Das noch einmal ein Roman des 2007 verstorbenen marokkanischen Autors Driss Chraibi in deutscher Übersetzung erscheint, hätte ich nicht erwartet. Erfreut habe ich diesen kurzen Roman sofort bestellt. Der 1995 im Original unter dem Titel L’homme du livre erschienene Roman "Mohammeds Berufung" unterscheidet sich deutlich von den anderen Büchern Chraibis, die meist einen ironischen, bissigen Unterton hatten. Enttäuscht bin ich aber nicht, denn sprachlich ist Mohammeds Berufung überaus poetisch und ansprechend.


    Dem Buch ist ein gleichnamiges Gedicht von Rainer Maria Rilke vorangestellt.


    Chraibi arbeit den Moment einer Offenbarung heraus:
    Mohammed ist im Alter von ca. 40 Jahren, 610 n. Chr., in einer Nacht des Monats Ramadan in einer Höhle in der Nähe seiner Heimatstadt Mekka zum Propheten und Gesandten Allahs berufen worden.


    Nach einer ersten Offenbarung eines Erzengels ist Mohammed verstört.
    Mohammeds Blick fällt auf seine Umgebung, die Menschen und seine Familie. Er prüft seine Gefühle und Emotionen und verspürt den Lebensursprung, Lebensquell. Etwas erhabenes.


    Ein Reichtum an Detals liegt in dem Text. Zum Beispiel bei Mohammeds Betrachungen der Menschen in Mekka während eines Stadtfestes. Das erzeugt eine kraftvolle Bilderflut!
    Höhepunkt des Stadtfestes ist ein Poesiewettbewerb, eine frühe Form eines “Poetry Slam”.


    Driss Chraibi erzählt die Geschichte in seiner Art nach, betrachtet schließlich auch Mohammeds frühes Leben.
    Er schwelgt dabei in Worten, ohne das es zu blumig wird. Es wird ein Fest der Worte.