Titel: Statt etwas oder Der letzte Rank
Autor: Martin Walser
Verlag: Rowohlt
Erschienen: Januar 2017
Seitenzahl: 176
ISBN-10: 3498073923
ISBN-13: 978-3498073923
Preis: 16.95 EUR
„Das ich noch Sätze brauchte, war kein gutes Zeichen. Erstrebenswert wäre gewesen: Satzlosigkeit. Ein Schweigen, von dem nicht mehr die Rede sein müsste.“
Dieses Jahr wird Martin Walser 90 Jahre alt und hat legt nun einen Roman (?) vor, der kaum greifbar ist. Ein Wort- und Satzexplosion, eine Collage von sprachlosen Gedanken.
Sind es aber überhaupt Gedanken?
Oder sind es vielleicht auch Eingebungen die man erlebt, wenn das Lebensschiff sich anschickt zum ewigen Ankerplatz zu fahren?
Martin Walser beginnt dieses Buch mit dem Satz:
„Mir geht es ein bisschen zu gut.“
Und der fährt fort:
„Seit dieser Satz mich heimsuchte, interessiere ich mich nicht mehr für Theorien.“
Dieser Roman – sofern es denn überhaupt ein Roman ist – ist so unglaublich verwegen anders. Nicht greifbar, nicht nacherzählbar – manchmal auch in ganzen Passagen um Verstehen ringend. Walser schafft hier fast Unmögliches. Er erzählt und erzählt nicht; er reflektiert das Lebens, sein eigenes Leben – ohne aber sein Leben zu schildern. Es sind Spritzer, Lebensnuancen auf einer großen Lebensleinwand – die sich aber nicht zu einem großen Ganzen fügen. Und gerade das ist das Besondere, vielleicht sogar das Geniale an diesem Buch – das große Ganze zersplittert und macht sich daher erst sichtbar.
Ich bin wahrlich kein Anhänger des Herrn Denis Scheck, aber in seinem Urteil über dieses Buch – wenn es auch mir zu euphorisch ist – stimme ich in der Tendenz zu.
Scheck schreibt: „In der schönsten und klarsten Sprache, die in Deutschland zurzeit geschrieben wird, verdichtet Martin Walser Erfahrung und Empfindung.“
Der Tendenz stimme ich wie gesagt zu – die Euphorie erscheint mir zu dick aufgetragen.
Vielleicht hat man solche Gedanken, Eingebungen – wenn die Götterdämmerung des eigenen Lebens versucht sich Raum zu schaffen, wenn man merkt, dass die Lebenszeit wirklich nur noch sehr begrenzt ist. Vielleicht sind es aber auch Gedanken, Eingebungen – die auch ein junger Mensch haben kann, wenn er die Endlichkeit des Lebens eben auch schon in jungen Jahren begreift.
Das Buch lässt mich einigermaßen ratlos aber keineswegs enttäuscht zurück. Ganz im Gegenteil. Auch das Nichtverstehen kann durchaus Begeisterung auslösen. Und muss man wirklich immer alles verstehen? Kann man nicht einfach auch mal genießen ohne den Hintergedanken des unbedingten Verstehens?
Ein wunderbares Buch, mehr als lesenswert. 9 Eulenpunkte.
Ein Buch, das mit der Erkenntnis endet:
ICH BIN, ALSO BIN ICH.
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.