Dann schlaf auch du / Chanson douce - Leila Slimani

  • Chanson douceLeila Slimani


    Gallimard
    240 Seiten
    ISBN: 9782070196678


    Die Autorin


    Leila Slimani ist 1981 in Rabat/Marokko geboren. Sie ging 1999 zum Studium nach Paris. Chanson douce ist ihr zweiter Roman, für den sie 2016 den Prix Goncourt, den renommiertesten französischen Literaturpreis erhalten hat.


    Inhalt und meine Meinung


    Myriam und Paul haben zwei Kinder. Als Myriam wieder als Rechtsanwältin arbeiten möchte, stellen sie nach sorgfältiger Auswahl Louise als Kinderfrau ein. Die Familie hat Glück, Louise liebt die beiden Kinder und es macht ihr nichts aus, Überstunden zu machen, wenn die Eltern bis in den Abend arbeiten. Zudem bringt sie den Haushalt auf Vordermann und kocht ganz vorzüglich. Ein Traum. Nur warum bringt sie die beiden Kinder eines Tages um und begeht einen Selbstmordversuch?


    Mit der Entdeckung der toten Kinder in der Familienwohnung beginnt dieses Buch. Anschließend beginnt die lange Suche nach Gründen, nach einer Erklärung für die unfassbare Tat. Dabei gelingt es der Autorin, die Personen dieser Tragödie nachvollziehbar zu schildern. Sie erhebt keine Anklage, sondern erzählt vom Alltag. Dem Alltag einer bürgerlichen Mittelschichtfamilie, den Anforderungen des Arbeitslebens. Aber auch von Louises Leben, einem Leben am Rand, in Unsicherheit und Abhängigkeit. Von Träumen und Wünschen, von Erniedrigungen und Hoffnung.
    Es ist eine Mischung aus Tragödie, Psychothriller und Gesellschaftsanalyse. Bis zum Schluss fesselnd und einfach herzzerreißend, ohne jemals kitschig zu werden.


    Leider ist das Buch bisher nicht übersetzt worden, ich hoffe sehr, auch Leser, die nicht französisch sprechen, bekommen bald die Gelegenheit, dieses Buch zu lesen.

  • Luchterhand-Verlag, 2017
    Aus dem Französischen von Amelie Thoma
    Originaltitel: Chanson douce


    Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 224 Seiten



    Kurzbeschreibung:
    Sie wollen das perfekte Paar sein, Kinder und Beruf unter einen Hut bringen, alles irgendwie richtig machen. Und sie finden die ideale Nanny, die ihnen das alles erst möglich macht. Doch wie gut kann man einen fremden Menschen kennen? Und wie sehr kann man ihm vertrauen?


    Sie haben Glück gehabt, denken sich Myriam und Paul, als sie Louise einstellen - eine Nanny wie aus dem Bilderbuch, die auf ihre beiden kleinen Kinder aufpasst, in der schönen Pariser Altbauwohnung im 10. Arrondissement. Wie mit unsichtbaren Fäden hält Louise die Familie zusammen, ebenso unbemerkt wie mächtig. In wenigen Wochen schon ist sie unentbehrlich geworden. Myriam und Paul ahnen nichts von den Abgründen und von der Verletzlichkeit der Frau, der sie das Kostbarste anvertrauen, das sie besitzen. Von der tiefen Einsamkeit, in der sich die fünfzigjährige Frau zu verlieren droht. Bis eines Tages die Tragödie über die kleine Familie hereinbricht. Ebenso unaufhaltsam wie schrecklich.


    Über die Autorin:
    Die französisch-marokkanische Autorin Leïla Slimani gilt als die aufregendste literarische Stimme Frankreichs. Slimani wurde 1981 in Rabat geboren und wuchs in Marokko auf. Nach dem Studium an der Pariser Eliteuniversität Sciences Po arbeitete sie als Journalistin für die Zeitschrift »Jeune Afrique«. »Dann schlaf auch du« wurde mit dem höchsten Literaturpreis des Landes, dem Prix Goncourt, ausgezeichnet und erscheint in 32 Ländern. Ihr ebenfalls preisgekröntes literarisches Debüt »Dans le jardin de l’ogre« wird derzeit verfilmt. Leïla Slimani ist verheiratet und Mutter zweier Kinder. Sie lebt in Paris.


    Über die Übersetzerin:
    Amelie Thoma ist Lektorin, Herausgeberin und Übersetzerin. Sie hat u.a. schon Marc Levy übersetzt.


    Mein Eindruck:
    „Dann schlaf auch du“ ist ein stilistisch und thematisch auffälliger Roman.
    Es beschäftigt sich mit einer Tragödie, verurteilt aber nicht pauschal sondern beschäftigt sich mit Ursache und Wirkung.


    Myriam und Paul sind ein ganz normales Ehepaar. Nach der Geburt des zweiten Kindes möchte Myriam wieder arbeiten gehen. Dafür stellen sie mit Louise ein Kindermädchen ein, das schon bald zu der perfekten Nanny wird. Neben der aufopfernden Fürsorge für die Kinder kocht sie auch und macht sauber. Sie wird mit der Zeit ein unverzichtbarer Teil der Familie. Aber was in ihrem Inneren vor sich geht, was sie für Probleme hat, verstehen Myriam und Paul nicht.
    Trotzdem sollte man aber nicht denken, dass Louise das Opfer des Paares ist.
    Es ist auch nicht so, dass die Autorin die Tat auf irgendeine Art entschuldigen will, aber sie zeigt Zusammenhänge.
    Louises Problem sind ganz eigen.


    Daher wird der Roman für mich eine Portrait über die Isolation eines Menschen.
    Aber wieso das zum schlimmsten führt, hat sich mir nicht wirklich erschlossen.


    Auffällig am Buch ist die schwebende Erzählart, die ich auf diese Art kaum einmal gelesen habe. Einen stilistischen wie inhaltlichen Vergleich würde ich jedoch zu dem Roman "Schwarz und Silber" von Paolo Giordano ziehen.

    Das Buch ist mit dem wichtigen Prix Concourt preisgekrönt, das finde ich leicht übertrieben, aber das soll nicht gegen den Roman sprechen.

  • „Aber aus welch schwarzem See in welch tiefem Wald schöpft sie diese grausamen Erzählungen, an deren Ende die Guten sterben, nachdem sie die Welt gerettet haben?“ (S. 35)


    Zusammenfassung. Ein schreckliches Unglück stößt den Kindern Mila und Adam zu, und mit ihnen ihrer ganzen Familie. Wie konnte es so weit kommen? Was hat zu der Eskalation geführt, die am Ende der Geschichte steht und mit der dieses Buch gewinnt? Vorsichtig und behutsam nähert sich „Dann schlaf auch du“ dem Grauen an, das im Inneren eines Menschen wohnen kann.


    Erster Satz. Das Baby ist tot.


    Inhalt. Ich muss zugeben, dass ich zunächst skeptisch war, doch schon das erste Kapitel genügte, um mich zu überzeugen: Dieses Buch ist ziemlich großartig geschrieben. Es ist eine interessante Entscheidung, ein Buch mit seinem Ende beginnen zu lassen, und wahrscheinlich auch nicht in jeder Situation die richtige; hier jedoch kann ich mir kaum einen besseren Aufbau vorstellen.
    Man weiß, wie am Ende alles eskalieren wird, und hat 200 Seiten lang Zeit, Situationen zu hinterfragen: Hätte es jemand eher bemerken müssen, was sich dort anbahnt, hinter verschlossenen Türen? Hätten die Eltern andere Prioritäten setzen müssen?
    Doch am Ende sind wir die einzigen, die alles wissen und jede Perspektive kennen, am Ende sind wir die einzigen, die vielleicht verzweifelt denken „Nimm dein Gefühl ernst! Unternimm etwas dagegen!“ und die trotzdem dem unaufhaltsamen Lauf nur zuschauen können.


    Personen. Durch wechselnde Perspektiven, Sprünge in Vergangenheit und Zukunft, den Fokus auf vielen verschiedenen, mehr oder weniger beteiligten Figuren entsteht vor unserem Auge ein sehr umfassendes Bild einer sozialen Umgebung, die den Charakteren kaum andere Handlungsmöglichkeiten anbietet. Ich verspürte eine unheimliche Verbundenheit mit Louise, die natürlich so oft falsch handelt, dabei aber trotzdem viel Fläche für Mitgefühl lässt; mein Herz brach für Myriam und Paul, die im Grunde nur alles richtig machen wollten, und dann doch vor den Scherben ihrer Existenz stehen.


    Lieblingsstellen. „Seit sie geboren sind, hat Myriam Angst vor allem.“ (S. 22)
    „Sie werden sie hinausdrängen, und die Nounou wird wiederkommen.“ (S. 173)


    Fazit. Es steckt wirklich viel Gutes in diesem Buch: Obwohl das Ende vorweggenommen wird, bleibt eine gewisse Spannung und die irrationale Hoffnung, dass vielleicht doch noch alles gut ausgeht; die Figuren sind besonders, ausgereift und glaubwürdig; und trotzdem fehlte mir das Sahnehäubchen, das mich völlig begeistert hätte zurücklassen können.

  • gute Idee, Umsetzung enttäuschend


    Außergewöhnliche Idee und Inhaltsangabe, die sehr neugierig machen.
    Leider ist die Umsetzung in meinen Augen alles andere als gelungen - das Buch hat 220 Seiten und wurde langweilig aufgezogen. Louise ist eine in meinen Augen dumme Person, sie wird einfach als dumm dargestellt. Man kann nur den Kopf schütteln, wieso ein Autor so einen Charakter wählt.
    Leider enttäuschend.

  • Die tragische Wandlung einer Nounou


    Myriam und Paul haben zwei entzückende Kinder, sie sind eine kleine heile Familie. Als Myriam beschließt wieder arbeiten zu gehen, suchen die beiden das perfekte Kindermädchen. In Louise scheinen sie dieses gefunden zu haben. Die Nounou umsorgt liebevoll die beiden Kinder, kümmert sich um den Haushalt und kocht auch noch, die Eltern sind begeistert. Bald ist sie unentbehrlich.
    Doch Louise hat viele Probleme von denen die Eltern nichts wissen. Und so steuert sie unaufhaltsam auf einen Abgrund zu und reißt die kleine Familie mit sich ins Verderben.


    Meine Meinung:
    Von Anfang an hat mich das Buch gefesselt. Gleich am Beginn wird die furchtbare Katastrophe geschildert, die die Eltern und somit auch mich als Leser niederschmettert.


    Erst danach wird schrittweise geschildert, wie es zu dem Schicksalsschlag kommen konnte. Das Ganze fängt harmlos an und mit der Zeit bemerkt man, dass etwas unheimlich schief läuft.
    Der Schreibstil ist sicher nicht jedermanns Sache, ich hatte das Gefühl von oben herab auf das Geschehen herunter zu schauen ohne dabei besonders emotional eingebunden zu sein.
    Dennoch passt es hervorragend zu der Erzählung.
    Mir hat das Buch sehr gut gefallen, es war durchgängig spannend und sehr interessant.


    Fazit: Ein bemerkenswertes Buch über eine alleingelassene Frau, die keinen Halt mehr findet. Klare Leseempfehlung.

  • Trauriges Geschehen
    Die französsische Autorin Leila Slinani hat mit ihrem Roman „Dann schlaf auch du“ ein interessantes Werk geschaffen.
    Der Untertitel ist Der Preis des Glücks.
    Miriam und Paul waren das perfekte Paar und hatten jetzt zwei Kinder. Miriam möchte wieder in ihrem Beruf arbeiten. So suchen sie eine Nanny und finden Louise.
    Sie scheint die Richtige zu sein, aber wir erfahren schnell aus ihren Gedanken, das sie nicht so ist, wie sie sich gibt.
    Sie ist ein schwieriger Charakter, einesteils tat sie mir leid, dann war ich wütend auf sie.
    Dann kommt Miriam früher nach Hause und das Baby ist tot, das Mädchen ist schwer verletzt.
    Das ist der eigentliche Anfang und dann erfahren wir von den vorherigen Zuständen.
    Mit guter fesselnder Sprache werden die Emotionen aller Personen gezeichnet.
    Uns wird die ganze Tragödie klar. Obwohl ich wusste das es kein zurück gibt, die Kinder sind tot, hoffte ich immer noch auf eine gute Wendung.
    Eine traurige, tragische und fesselnde Geschichte über den Zwiespalt von Mutterschaft oder Berufsleben. Nach dem Lesen dieses Psychothrillers traut man sich nicht mehr, seine Kinder von anderen Personen betreuen zu lassen.
    Trotzdem war es ein guter spannender Roman. Ich kann ihn empfehlen.