Zum Inhalt:
Unter der Eisenbahnbrücke an der Liesenstraße, unter einer unvollendeten kommunistischen Parole, liegt die übel zugerichtete Leiche eines SA-Mannes. Am Tatort trifft Kommissar Rath auf seinen früheren Kollegen Reinhold Gräf, der nun für die Geheime Staatspolizei arbeitet. Während Gräf von einem politischen Mord ausgeht, ermittelt Rath in eine andere Richtung und entdeckt Verbindungen zum zerschlagenen Ringverein Nordpiraten, der seine kriminellen Aktivitäten als SA-Sturm getarnt fortsetzt.
Als ein zweiter SA-Mann erschlagen aufgefunden wird, scheint alles auf eine Mordserie zu deuten. Eine Spur führt in den seit Kurzem geschlossenen Lunapark, einstmals Berlins berühmtester Rummel. Und Rath muss klären, welche Rolle Unterweltboss Johann Marlow, ein Erzfeind der Nordpiraten und Raths Nemesis, in diesem Fall spielt.
Die politische Lage wird immer brisanter, Raths Frau Charly gerät in SA-Haft, und der Kommissar wird in einen Strudel sich überschlagender Ereignisse gezogen, an deren Ende er sogar einen unmissverständlichen Mordauftrag erhält. Wird er ihn ausführen? Volker Kutscher liefert atemlose Spannung und das packende Porträt politisch höchst unruhiger Zeiten.
Zum Autor:
Mit dem Roman "Der nasse Fisch", dem Auftakt einer Reihe um den Kölner Kriminalkommissar Gereon Rath im Berlin der dreißiger Jahre, gelang Volker Kutscher der Durchbruch als Krimiautor. Der Roman wurde auf Anhieb ein Bestseller, ebenso wie die folgenden Bände der Rath-Reihe. Auf "Der nasse Fisch" (2007) folgten "Der stumme Tod" (2009), "Goldstein" (2010), "Die Akte Vaterland" (2012) und "Märzgefallene" (2014). Weitere Rath-Romane sind in Planung.
Übersetzungen erschienen bislang in Frankreich, Spanien, Italien, den Niederlanden, Dänemark, Norwegen, Ungarn und Japan. Der Regisseur Tom Tykwer arbeitet an einer Adaption der Rath-Reihe für den internationalen Fernsehmarkt.
Meine Meinung:
Am Anfang des neuen Kutscher-Krimis „Lunapark“ steht ein toter SA-Mann. Da in der Nähe der Leiche kommunistische Parolen gefunden werden, wird auch die Geheime Staatspolizei auf den Fall aufmerksam und Rath muss widerwillig mit seinem ehemaligen Kollegen Gräf zusammenarbeiten, der jetzt dort als Kommissär den gleichen Rang wie Gereon bekleidet. Aber Rath zweifelt an den politischen Motiven für diesen Mord. Er beginnt im Geheimen und auf eigene Faust zu ermitteln und findet schnell eine heiße Spur, die ihn auch in die eigene Vergangenheit führt.
Schnell ist man wieder drinnen im Berlin der 30er Jahre. Die Nazis sind seit einem Jahr an der Macht und es ist erschreckend, wie sie die politische Stimmung in Deutschland nach ihren Wünschen bereits verändert haben. SA und SS führen ein hartes Regime. Politisch Andersdenkende werden ebenso rigide verfolgt wie Juden und Homosexuelle. Es wird gedroht und gefoltert, bei Verhaftungen kommt es schon mal zu Verletzten und Toten und nur allzu schnell kann man im KL landen.
Gereon Rath versucht diese Zustände noch immer auf seine eigene Art zu verdrängen. Er hofft darauf, dass die Nazis nur eine kurze Episode in Deutschland sind und dass er und seine Familie das Ganze schon aussitzen könnten, wenn sie sich nur unauffällig verhalten. Während weitere SA-Männer erschlagen werden muss er erkennen, dass der mutmaßliche Mörder ein alter Bekannter ist, den die Polizei auf keinen Fall verhaften darf, da er sonst auch Rath mit ins Verderben reißen könnte. Auch der Gangsterboß Marlow hat ein gesteigertes Interesse daran, dass der Täter verschwindet und er versucht deshalb Rath unter Druck zu setzen. Von all dem weiß Charly wenig. Sie ist auf der Suche nach einem jungen Kommunisten, der irgendwo im Berliner Untergrund leben soll und den seine Schwester unbedingt treffen möchte. Ihrem Mann erzählt Charly wohlweislich nichts von ihren eigenen Ermittlungen und bringt sich damit in große Gefahr.
Volker Kutscher hat diesmal den Kriminalfall etwas mehr in den Hintergrund treten lassen, um die politische Situation Deutschlands unter den Nazis und die persönliche Entwicklung der Protagonisten noch intensiver erzählen zu können. Gereon ist kein strahlender Held sondern einer mit Ecken und Kanten, der manchmal mehr Glück als Verstand hat, während er versucht ohne Wissen von Gräf und der SA den Mörder zu fassen. Charly ist eine liebenswerte für ihre Zeit erfrischend selbstständige Frau, die ihre eigene Meinung mit Vehemenz vertreten kann. Und der junge Fritze wird zum Leidwesen seiner Pflegeeltern und zum Schrecken des Lesers von der Propaganda der Nazis eingelullt und hinterfragt die Handlungen der Erwachsenen mit wachsendem Interesse. Die historisch belegten Ereignisse sind eng mit der Geschichte um diese Hauptpersonen verknüpft. Alle drei werden in einen Strudel der Ereignisse gezogen und unterschätzen mehr als einmal die Brisanz und die Bedrohung für ihre kleine Familie. Nebenbei gibt es auch kleine Gastspiele historischer Prominenz wie z.B. Adenauer und Heydrich, die dem Ganzen noch mehr Authentizität geben.
Das Buch ist unglaublich spannend und auch wenn die Stimmung eine bedrückende ist, so macht es doch Spaß „Lunapark“ zu lesen. Bei zwei, drei Stellen hat der Zufall die Hand im Spiel aber ich kann das dem Autor nachsehen, denn ansonsten ist es ein kluger historischer Krimi und eine hervorragende Fortsetzung dieser Reihe. Ich freue mich schon auf das nächste Buch - und auf die Verfilmung, die bereits im nächsten Jahr zu sehen sein wird.