Zum Inhalt:
Grégoire Morvan, graue Eminenz des französischen Innenministeriums, war in den Siebzigerjahren mit lukrativen Geschäften im Kongo erfolgreich. Und er hat dort den berüchtigten Killer Homme-Clou gefasst, der seinerzeit einem bestialischen Ritual folgend neun Menschen ermordet hat. Als an einer bretonischen Militärschule ein Toter gefunden wird, dessen grausame Entstellung dem Modus operandi des Homme-Clou ähnelt, und Morvans Familie akut bedroht wird, muss er sich mit allen Mitteln den Schatten einer Vergangenheit stellen, die niemals aufgehört hat, nach Blut zu dürsten ...
Zum Autor:
Jean-Christophe Grangé, 1961 in Paris geboren, war als freier Journalist für verschiedene internationale Zeitungen (Paris Match, Gala, Sunday Times, Observer, El Pais, Spiegel, Stern) tätig. Für seine Reportagen reiste er zu den Eskimos, den Pygmäen und begleitete wochenlang die Tuareg. "Der Flug der Störche" war sein erster Roman und zugleich sein Debüt als französischer Topautor im Genre des Thrillers. Jean-Christophe Grangés Markenzeichen ist Gänsehaut pur. Frankreichs Superstar ist inzwischen weltweit bekannt für unerträgliche Spannung, außergewöhnliche Stoffe und exotische Schauplätze. Viele seiner Thriller wurden verfilmt. In Deutschland bereits erschienen sind seine Romane "Der Flug der Störche", "Die purpurnen Flüsse", "Der steinerne Kreis", "Das Imperium der Wölfe", "Das schwarze Blut" und "Das Herz der Hölle."
Meine Meinung:
Zum einen geht es natürlich um die Morde. Die beginnen mit einem jungen Piloten, der auf einer abgelegenen Insel bei einer Militärübung von einer Rakete zerfetzt wird. Schnell ist aber klar, dass er schon vorher einen furchtbaren Tod gestorben ist. Kommissar Erwan Morvan kommt aus der Hauptstadt und fängt an in ein Wespennest zu stechen. Dann geschieht ein weiterer Mord mitten in Paris. Und die Ähnlichkeiten beim Modus operandi lassen keinen anderen Schluss zu, als dass eine Mordserie in Gang gesetzt wurde, bei der der Täter in jeden Opfer bereits Hinweise für das nächste – oder das vorangehende – hinterlassen hat. Außerdem weisen die Morde in die okkulte Szene des afrikanischen Kongo. Dorthin, wo vor 40 Jahren Erwans Vater Gregoire den „Nagelmann“ hinter Gitter gebracht hatte, der seine Opfer auf die gleiche grauenhafte Weise mit Nägeln und Scherben gefoltert und getötet hatte. Und spätestens jetzt ist klar, dass es sich bei diesem Roman auch um eine Familiengeschichte handelt.
Der Ermittler Erwan Morvan kommt aus einer kaputten Familie. Der Vater, selbst hochdekorierter Polizist, gewalttätig, despotisch, mächtig. Die Schwester labil, unglücklich und bereit, für eine gute Filmrolle, auf jeder Besetzungscouch das Beste zu geben. Der Bruder, ein wunderschöner Mann, ein intelligenter Broker und in seiner Drogensucht immer auf der Suche nach der nächsten Koks-Line, die ihn für ein zwei Stunden über Wasser halten kann. Die Mutter ein gefühlloses Wrack, in den Augen der Kinder ein Opfer des Vaters.
Irgendwie hängt alles zusammen. Die Morde damals in Afrika und die in Gegenwart in Frankreich. Aber auch die Familiengeschichte und die kaputten Existenzen, die daraus resultierten. Und Erwan wäre nicht der Sohn seines Vaters, wenn er so einfach aufgeben würde, um hinter das Geheimnis der Mordfälle und der Ursprünge in der Vergangenheit zu kommen.
Mein letzter Grangé liegt schon ein paar Jahre zurück. Nach dem Hype „Der purpurnen Flüsse“ kamen nicht nur gute Thriller, sondern auch solche, die ich zäh und verkorkst fand. Eine Weile war ich also abstinent von diesem Autor. Umso mehr war ich auf „Purpurne Rache“ gespannt. Für mich erfreulich, läuft Grangé hier zu neuer alter Best-Form auf. Dabei ist es auch ein, wie ich finde, typischer Grangé mit all den Zutaten, die seine Fangemeinde an ihm kennt und schätzt. Da ist der harte Ermittler Erwan, der mit unorthodoxen Mitteln einen wirklich fürchterlichen Mörder jagt und dabei nebenbei mit seinen ganz eigenen Dämonen zu kämpfen hat. Da sind die monströsen Gewalttaten, die so tief in menschliche Abgründe hinabsteigen, dass dem Leser angst und bange wird, ob er mit dem Helden wohlbehalten wieder ans Tageslicht kommen wird. Da sind auch die überraschenden Wendungen, die kleinen Puzzleteile, die am richtigen Ort ein ganz anderes Bild ergeben können, die kraftvolle Sprache, die gleichwohl das Grauen beschreiben und wie auch tiefe Gefühle in Worte fassen kann.
Mir hat dieser Thriller ausgesprochen gut gefallen. Obwohl die Charaktere überzogen kaputt sind, allesamt erschreckend psychisch labil, ja teilweise richtig krank sind – und ich rede hier nicht nur von den Gewalttätern in der Geschichte. Die sind, wie bei Grangé nicht anders zu erwarten, so abgrundtief böse und so schwer gestört, dass man es sowieso nicht in ein normales Menschenhirn reinbekommt.
Nach meiner Enttäuschung beim letzten Cody McFadyen-Thriller habe ich mich u.a. auch über die Unglaubwürdigkeit und die überzogene Bösartigkeit der Geschichte beklagt. Aber hier bei Grangé hatte ich das Gefühl, dass der Autor sich große Mühe gegeben hat, das Unbegreifliche dem Leser zu Erklären. Er seziert die Taten und die Motivationen aufs Feinste und bis ins kleinste Detail, unterlegt alles mit kulturellem und okkultem Hintergrund. Grangé nimmt den Leser ernst. Er gibt den Erklärungen Raum und Zeit und das Ziel ist nicht alleine das Schockieren.
Und für den geübten Thrillerleser hat er noch zwei Volten drinnen, die am Ende für Überraschung und zusätzliche Spannung sorgen.
Fazit: Hart, blutig, erschreckend, spannend – und mit Sicherheit eines von Grangés besten Büchern.
Von mir 9 Punkte