'Die Wand' - Seiten 001 - 071

  • Dann mache ich mal den Anfang...


    Bis jetzt gefällt mir das Buch sehr gut: Es liest sich flüssig und obwohl es an Action ja eher mangelt, ist es auf eigentümliche Weise spannend. Ich mag es gar nicht mehr aus der Hand legen!


    Was mich ein wenig wundert, ist dieser gleichförmig lakonische Erzählstil. Eine solche Katastrophe zu erleben, muss doch Angst und Panik auslösen, aber die Erzählerin ist "zu müde, um sich zu fürchten". Sie trifft alle Vorkehrungen für ihr neues Leben sehr vernünftig und überlegt.


    Ihre Vorstellungen, wie es zu der Katastrophe jenseits der Wand kommen konnte, sind für meinen Geschmack zu fantastisch. Ich hoffe, es wird noch eine Auflösung für dieses Phänomen geben!


    Mal abgesehen von der Ungewissheit und der vermeintlichen Bedrohung, mit der die Erzählerin leben muss, bin ich im ersten Moment direkt neidisch geworden auf ihre Situation: Sie hat die einmalige Chance, unser aufgesetztes, weitgehend sinnentleertes Leben zu verlassen und sich ausschließlich auf "das Leben (Überleben) an sich zu konzentrieren", eins mit den Tieren und der Natur.


    Aber als einziger Mensch nur auf sich gestellt und dann Zahnweh oder eine schlimme Krankheit... Das ist ein hartes Los!


    Der Vorgriff auf Luchs' Tod war direkt ein Schock für mich. Jetzt bin ich sehr gespannt, wie und wann der arme Kerl zu Tode kommt. Und natürlich bin ich sehr gespannt, wie euch das Buch bis jetzt gefällt!


    Liebe Grüße,


    die Waldfee :wave

  • Gerade diesen "lakonischen" Erzählstil find ich genial.


    Sie akzeptiert ihre Situation sehr schnell, aber genau das hat mich auch Neugierig gemacht auf diese Frau.
    Sie ist so herrlich "normal".. führte ein völlig normales Leben, die Frau ist zwar ganz gerne da draußen in der Natur, hat aber kein so inniges Verhältnis dazu, hat bisher die ein absolutes Durchschnittsleben in der Stadt geführt und Natur eben mehr oder wenige für ihre Erholungszwecke konsumiert.


    Jetzt ist sie dieser Natur absolut ausgeliefert.


    Zu dem lakonischen Erzählstil gehören auch die Vorgriffe, man fragt sich nicht mehr wie es wohl ausgehen wird - und muß trotzdem wissen, wie es weiter geht. Marlen Haushofer schafft es damit, keine künstliche Spannung aufzubauen, die Spannung entsteht einfach aus der Situation heraus.


    Ganz besonders gefällt mir gerade die Beziehung zu ihren Mitmenschen, von denen sie sich ja offensichtlich emotional schon lange verabschiedet hat. Hier wird es richtig lakonisch. Sie trauert nicht um den Verlust von Beziehungen, weder um ihre Freunde, noch um ihre Töchter... hier ist eine Distanz zu spüren, die sie offensichtlich schon sehr, sehr lange fühlt.

  • quote]Original von Waldfee


    Ihre Vorstellungen, wie es zu der Katastrophe jenseits der Wand kommen konnte, sind für meinen Geschmack zu fantastisch. Ich hoffe, es wird noch eine Auflösung für dieses Phänomen geben!
    [/quote]



    das empfinde ich anders. ihre erklärung dür die wand ist zu der zeit des kalten krieges eine für mich recht logische. menschen, die eine "superwaffe" entwickelt haben. wer sonst, außer menschen können für die wand verantwortlich sein? so sieht sie es. fantastisch wäre es, würde sie irgendwelche fabelwesen oder außerirdische dafür verantwortlich machen.
    nee, ich finde sie schon recht pragmatisch. ein bißchen zu pragmatisch.


    ganz ehrlich, versetzen wir uns doch mal in ihre lage, wem würde es gelingen, mit dieser stoischen ruhe und ergebenheit das neue leben anzunehmen, als ob nix wäre?
    ich zumindest würde vermutlich eher schreiend und zitternd an der wand herumkriechen, irgendwelche möglichkeiten suchen mich untendurch zu buddeln oder rüberzuklettern...dem wahnsinn verfallen...wie auch immer, jedenfalls würde ich wohl wesentlich länger brauchen, bis ich klar und nüchtern meine lage betrachten könnte. (falls ich das überhaupt könnte)
    sie reagiert im vergleich dazu sehr souverän, wohl deshalb, weil sie bereits seit langem eine innere distanz zu den menschen, zu der zivilisation hat, diese äußere wand ist nur das sichtbarwerden einer schon lange vorhandenen inneren wand.

  • Zitat

    Original von FrauMustermann
    seit langem eine innere distanz zu den menschen, zu der zivilisation hat, diese äußere wand ist nur das sichtbarwerden einer schon lange vorhandenen inneren wand.


    Das hast Du schön gesagt und gut erkannt.
    Soweit ich mich erinnere (ich habe mein buch noch nicht wieder gefunden. Es ist nicht da, wo es sein sollte :fetch) geht sie ja schon am Anfang zu dem befreundeten Paar auf Distanz. Die Abgeschiedenheit scheint ihr gerade recht zu kommen und sie geht ja auch davon aus, dass die Wand bald wieder veschwindet.


    LG Dyke - der wahrscheinlich erst am WE in die Runde einsteigen kann

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Hallo FrauMustermann,


    ich muß mich etwas zurückhalten, weil ich das Buch schon sehr gut kenne und die verschiedensten Interpretationsmöglichkeiten gehört habe.


    Ich hatte von Anfang an aber ein bestimmtes Gefühl bei dem Buch - und ich denke, daß wir da ganz nahe beieinander liegen.
    Irgendwie ist es unausweichlich, was da geschehen ist. Wie der Tod eines anderen Menschen, den man ja auch nicht versucht wieder zu beleben, wenn es nunmal eben so ist... sie akzeptiert dieses Schicksal eben, vielleicht, weil "da draußen" für sie gar nichts mehr so wichtig ist.


    Es bleibt für mich ein Bild .... Alles was wichtig war ist weg, ein Mensch, der völlig auf sich selbst zurückgeworfen wird.
    Hier muß ein Ausweg her, denn das kann kein Mensch ertragen....


    Ich bin mal gespannt, was die anderen Leser da so rauslesen.

  • Ich habe das Buch vor langer Zeit gelesen und mich damals gewundert, warum sie nicht einfach versucht hat, mit dem Auto die Wand zu durchbrechen. Sie hatte zwar erst den Führerschein gemacht und war noch ängstlich, aber trotzdem.
    Wie seht ihr das?

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Zitat

    Original von Lesebiene
    Ich habe das Buch vor langer Zeit gelesen und mich damals gewundert, warum sie nicht einfach versucht hat, mit dem Auto die Wand zu durchbrechen.
    Wie seht ihr das?


    Hallo Lesebiene,


    das Buch könnte von vielen vergeblichen Versuchen handeln die Wand zu durchbrechen, aber dann wäre es ein Stephen King :grin


    Hauptproblem dürfte sein, daß die Menschen außerhalb der Wand wohl nicht mehr so ganz gesund aussehen. Sie muß ja damit rechnen ebenfalls zu erstarren.
    Außerdem glaubt sie lange, daß es ein lokales Phänomen ist und sie da schon irgendwann rausgeholt wird.
    Mit der Zeit gewöhnt sie sich an das Leben im Wald, sie schreibt ja auch, daß sie falls sie "gerettet" werden würde in diesen Wald zurückkehren möchte um immer dort zu leben.

  • Ok ich hab angefangen.
    Sehr guter Schreibstil und obwohl nicht viel passiert bin ich arg gefesselt.


    Was die Sache mit dem Auto angeht, nun sie kann ja auch nicht abschätzen, wie stabil diese Wand ist und da müßte ich schon kurz vorm sterben sein um mit Vollgas gegen ein Hindernis zu fahren von dem ich nicht weiß, wie stabil es ist.
    Außerdem hat sie ja gar keinen Schlüssel für das Auto. (gut ich wäre in der Lage das Ding kurz zu schließen, aber sie???)


    Der Hund ist mir arg sympathisch, hab aber schon die ganze Zeit die bange Vermutung, daß sie den wohl irgendwann auf den Grill schmeißen muß....liegt wohl daran, daß ich zu viel Stephen King les... lach


    Ansonsten fühle ich jetzt grade mit ihr weil sie keine Kippen mehr hat und meine auf der Wache liegen und ich quasi auch auf Entzug bin.


    Ansonst fällt mir auf, das man an manchen Stellen schon merkt, daß es eine österreichische Autorin ist. Kleiderkasten, sagt doch hier kein Mensch, oder manche Formulierung ist nicht ganz hochdeutsch... bereitet aber trotzdem viel Lesespaß.


    EDIT:
    Ok Katze und Kuh sind aufgetaucht.
    Wobei ich selbst die Sache mit dem Melken erst nicht gerafft habe, wußte gar nicht, dass es den Kühen Schmerzen bereitet, wenn sie nicht gemolken werden. Und dabei bin ich auf dem Land groß geworden.... *seufz*
    Naja mit dem Viechzeugs hatte ich nie was am Hut.


    Über die Wand selbst hab ich mir noch keine Gedanken gemacht. Lasse das noch ein bißchen auf mich wirken und dann mal schauen.

  • Den Schreibstil finde ich auch total super und dieser Spannungsaufbau durch kurze Andeutungen, wie z.B. der Tod von Luchs, ist genial.


    Die Frau kommt ja ziemlich gut klar mit ihrer Situation, ich glaube, ich würde da durchdrehen. Sie sorgt sich auch viel mehr um die Tiere als um sich selbst. Ich persönlich hoffe ja, dass dem kleinen Kätzchen nichts passiert, aber irgendwie glaube ich das nicht so recht.


    Naja, ich werde jetzt mal weiterlesen und dann meine Meinung schreiben.

  • ich bin jetzt an der Stelle, wo sie sich fragt wie es wäre, wenn der Jäger mti ihr auf der anderen Seite der Wand wäre und ganz ehrlich ich finde ihre Gedanken dazu arg befremdlich.


    Sie denkt ja:


    1. er ist der stärkere Character und würde sie unterdrücken und versklaven, weil niemand da wäre der ihn davon abhielte -----vorher schreibt sie aber, daß sie ihn als sehr fürsorglich und höflich kennengelernt hat... KOMISCH+



    2. wäre sie der stärkere Character würde sie ihn zu Tode betüddeln...



    Diese beiden Gedankengänge kann ich überhaupt nciht nachvollziehen... irgendwie gar nicht. :-(

  • Hallo BJ,


    ich verstehe das so, daß sie fürchtet es käme mit dem Jäger zu einer klassischen Rollenaufteilung.


    Auch nette, fürsorgliche Männer können unterdrücken. Er würde ihr sicher ihre Autonomie nehmen, indem er die böse Außenwelt übernimmt, schon mal, weil er sich im Wald auskennt, dann auch (gerade WEIL er fürsorglich ist) aus einem männlichen Beschützerinstinkt heraus.


    Er würde ihr also über kurz oder lang sagen, wo es lang geht, was sie sinnvollerweise zu tun und zu lassen hat, würde die Planung des Lebens hinter der Wand übernehmen.


    Sie ist eben keine Überemanze, sie wäre in die Rolle des Weibchens gedrängt, das eben die Höhle sauber macht, während der große starke Mann sich der bösen Welt stellt.

  • ähm...ok falsch ausgedrückt :grin


    den Gedankengang versteh ich schon, ich kann nur nicht nachvollziehen, warum sie ihn in ihrer Situation denkt.
    Ich würde mich glaub ich über jegliche Art von Gesellschaft freuen, bzw. aufatmen, daß noch wer *überlebt* hat, solch ja eigentlich recht philosophischen Gedankengänge lägen mir da völlig fern, glaub ich.


    Das meinte ich. :-]

  • Aber sie hat doch irgendwie den Kontakt zu anderen Menschen schon lange verloren. "Echte" Gefühle hat sie nicht mal mehr ihren eigenen Kindern gegenüber.... sie trauert auch um niemanden.


    Wir sagen, wir würden verzweifeln, schreien und ausrasten, aber da hinter der Wand ist nichts, das auf sie wartet und niemand, den sie vermisst.
    Warum sollte sie sich diesem völlig fremden Jäger unterordnen, wenn sie nicht mal um ihre eigenen Töchter weint, die vermutlich nicht mehr leben.

  • hm...stimmt auch wieder, aber der Gedanke ist für mich so seltsam in der Situation.... naja liegt vielleicht auch daran, daß ich mich eh nie unterordne :lache

  • @ Buchling: Zum einen der Gedanke, in einer so ausweglosen Situation über eine so lange Zeit "gefangen" zu sein, deprimiert mich. Zum anderen so manches Statement in der Leserunde, so dass ich den Eindruck habe, dass es zur Zeit das falsche Buch ist.