Teil 3 der Lesetherapie für geplagte DSA-Meister. Zugegeben, das Abenteuer gehörte nicht zu meinen liebsten Teilen der Kampagne, deshalb war ich doppelt gespannt, was die Autoren daraus gemacht haben und ob es ein paar Anregungen dafür gibt, so manche Stelle etwas griffiger zu gestalten.
Worum geht es?
Nach den Schrecken des Himmelsturms erwartet Kapitän Phileasson die dritte Aufgabe, die ihn in Gefilde führt, in denen der erfahrene Seefahrer mit seinem Latein (oder Bosparano) so ziemlich am Ende ist. Es gilt, eine heimtückische, tödliche Seuche zu bekämpfen, die unter den Nomadenstämmen des aventurischen Nordens wütet. Währenddessen kämpft sein der im Himmelsturm gefangener Konkurrent Beorn um sein Leben und das seiner Leute und bekommt schließlich ein Angebot, das er nicht ablehnen kann, und dessen Tragweite sich ihm erst langsam erschließt.
Wer hat es geschrieben?
Die tapferen Ritter vom Orden des Bananensafts, Bernhard Hennen und Robert Corvus.
Und wie fand ich das nun?
Die Saga schreitet voran und der Trend aus Band 2, dass die Figuren langsam mehr Profil und Facetten bekommen, setzt sich fort. Dank Phileassons Schurkerei am Ende des letzten Bandes sitzt Beorn mit seinen Getreuen nun im Himmelsturm fest und ist den Grausamkeiten seiner Bewohner gnadenlos ausgeliefert. Hier zeigt sich wieder, dass er zwar skrupellos in der Umsetzung seiner Ziele ist, aber durchaus seine Prinzipien hat und genau wie Asleif alles für seine Leute tun würde. Eigentlich sind sich die beiden Kapitäne gar nicht so unähnlich. Und so hat Beorn für Asleifs Tat neben aller Wut auch eine gewisse Anerkennung übrig. Außerdem erfahren die geneigten Leserinnen und Leser, was sich hinter dem Portal befindet, an dessen Durchquerung Vascal della Rescati im letzten Band so spektakulär scheiterte, was der Blender über Intimrasur denkt, und dass nach einem vermeintlich erfolgreichen Plan der Catch 22 um so härter zuschlagen kann. Zudem gibt es erstmals nähere Hinweise darauf, was damals genau geschah, als Beorns Schwester starb und Freundschaft zu unversöhnlichem Hass wurde.
Währenddessen wird Asleif Phileasson von ganz anderen Sorgen geplagt: Die Hafenbürokratie in der nördlichen Handelsstadt Riva ist eine wahre Herausforderung für die Nerven eines Thorwalers der Probleme am lieber direkt löst als dem sprichwörtlichen Passierschein A38 hinterherzujagen (Hier laufen Ohm Follker und seine geschmeidige Zunge zu wahrer Höchstleistung auf), und auch die Bekämpfung einer Seuche ist nicht gerade eine Aufgabe, mit der ein zukünftiger König der Meere rechnet. Nichtsdestotrotz nimmt Asleif die Herausforderung an und findet sich in Situationen wieder, in denen seine Erfahrung als Seefahrer und Kapitän ihm rein gar nichts nützt. Um so mehr muss er sich auf seine mittlerweile auf einige neue Mitglieder angewachsene Schiffsgemeinschaft verlassen und kann sich glücklich schätzen, bei der Auswahl seiner Mannschaft nicht nur auf Kampfstärke geachtet zu haben.
Im dritten Band tauchen zwei neue Perspektivfiguren auf: Der aus dem Himmelsturm befreite Geweihte Praioslob und die Nivesin Nirka. Besonders Praioslob hat mir gut gefallen. Endlich mal ein Praiosgeweihter, der sich in eine Abenteurergruppe integrieren ließe, ohne dass ihn alle nach spätestens zwei Spielsitzungen hassen. Obwohl fest im Glauben, hadert er doch so manches Mal mit den radikalen Dogmen seiner Kirche. Ist es wirklich so abgrundtief schlecht, eine Lüge zu sprechen, wenn er jemandem dadurch in verzweifelter Stunde Trost zusprechen kann? Eine interessante Figur, von der ich gern mehr lesen möchte, allein schon weil er mit dem Praiosgeweihten-Klischee so schön bricht.
Leider ist die zunehmende Menge an Perspektivfiguren vor allem auf der Phileasson-Seite für mich auch der Schwachpunkt des Buches – im Mittelteil zerfasert sich die Handlung etwas und es fällt völlig hinten runter, was die eigentliche Hauptfigur während der Seuchenbekämpfung tut oder sich zu der ganzen Sache denkt. Das finde ich sehr schade, denn eigentlich ist er es doch, der diese Aufgabe erhalten hat. Dafür darf der gute Käptn später noch mal beweisen, dass er eigentlich doch die Seele eines Piraten hat: Die Szene in der er überlegt, dass der Wandteppich leider zu schwer zu Abtransport ist, aber man vielleicht doch zumindest einen der silbernen Kerzenleuchter mitgehen lassen könnte, war eins meiner persönlichen Highights. Auch der emotionale Abschied von seinem Schiff (vermutlich seine wahre Liebe) und das Gespräch, das Nirka davon überzeugt, selbst in die Welt hinauszuziehen, haben mir sehr gut gefallen.
Auch Beorns Ottojasko hat ihre schönen Momente, wobei mal wieder besonders Galayne heraussticht, der sich immer mehr in seinen eigenen Intrigen und denen anderer Mächte verstrickt, und nun den Maulwurf bei der Gemeinschaft spielen darf, die ihn als erste nach ewiger Zeit als einen der ihren zu akzeptieren beginnen. Ich werde immer mehr ein Fan dieser Figur, die sich eigentlich nur danach sehnt, irgendwo dazuzugehören, und dabei doch wieder über seine Agenda stolpert.
Insgesamt ein schönes Buch, bei dem das Lesen viel Spaß gemacht hat, wenn auch der Mittelteil ein paar leichte Hänger enthielt. Nun beginnt eine lange Durststrecke – Band 4 erscheint erst im Herbst nächsten Jahres.