Schreibwettbewerb Dezember - Februar 2016/2017 - Thema: "Verwandelt"

  • Thema Dezember - Februar 2016/2017:


    "Verwandelt"


    Vom 01. Dezember 2016 bis 31. Januar 2017 - 18:00 Uhr könnt Ihr uns Eure Beiträge für den Schreibwettbewerb Dezember 2016/Februar 2017 zu o.g. Thema per Email an schreibwettbewerb@buechereule.de zukommen lassen. Euer Beitrag wird von uns dann anonym am 1. Februar eingestellt. Den Ablauf und die Regeln könnt Ihr hier noch einmal nachlesen.


    Bitte achtet darauf, nicht mehr als 500 Wörter zu verwenden. Jeder Beitrag mit mehr als 500 Wörtern wird nicht zum Wettbewerb zugelassen!



    Achtung: Achtet bitte auf die Änderungen! Annahmeschluß ist ab sofort immer am Monatsletzten um 18:00 Uhr und die e-mail Adresse hat sich wie folgt geändert - schreibwettbewerb@buechereule.de

  • von Inkslinger



    Es war einmal eine Raupe.
    Tagtäglich kroch sie durch das Geäst ihres Heimatbaums und fraß Blatt um Blatt. Die Äste ächzten unter ihrem Gewicht. Die anderen zogen sie auf und nannten sie nur noch 'Specki'.
    Sogar ihre Eltern streuten Ratschläge wie man ohne Hunger überflüssige Pfunde verlieren könne. Doch anstatt etwas an ihrem Essverhalten zu ändern, stopfte Specki immer mehr in sich rein und wurde noch dicker.


    Eines schönen Tages versammelte sich das gesamte Raupenvolk um ihre Kokonplatzierungen für die anstehende Verpuppung zu besprechen. Plötzlich kamen Vögel durch die Baumkrone geschossen. Die Raupen krochen um ihr Leben, doch alle wurden geschnappt. Mit ihrer zappelnden Beute im Schnabel verschwanden die Angreifer so schnell wie sie gekommen waren.
    Nur einer blieb zurück. Denn jedes Mal, wenn er einen Flügelschlag tat und seine Krallen hob, wurde er von Speckis Gewicht auf den Ast gedrückt. Er versuchte sogar, sie runter zu schlucken, auch wenn dies bedeutete, ohne Nahrung zu seinem Nachwuchs heimzukehren. Doch ohne Erfolg. Schließlich gab er auf, spuckte seine Beinahe-Mahlzeit aus und flog fluchend davon.


    Specki ließ den Vogelspeichel trocknen, rappelte sich auf und baute ihren Kokon, aus dem sie als wunderschöner Schmetterling wieder hervor kam.'



    Große Augen gucken mich irritiert an. „Was willst du mir damit sagen, Mama?“
    Mist, jetzt muss ich mich erklären. Ich hatte gehofft, dass sie es einfach so versteht.
    Seufzend lasse ich mich neben meine Tochter aufs Bett plumpsen und nehme ihre Hand in meine. „Schätzchen, ich wollte...“
    „Du findest mich hässlich, ist es das? Bin ich zu fett für dich? Schämst du dich meinetwegen?“
    „Nein, natürlich nicht! Du bist gut gepolstert und so liebe ich dich. Ich wollte nur sagen...“
    „Du kannst Kevin nicht ausstehen, oder?“
    „Hä? Wie kommst du jetzt auf den?“
    „Er ist doch der Vogel in deiner Geschichte, oder etwa nicht? Der, der die fette Raupe ausspuckt, weil er sie nicht vernaschen kann! Aber du hast unrecht, Mutter! Kevin hat mich bereits vernascht und nicht wieder ausgespuckt! Ha!“
    Wow, ich sollte öfter Fabeln erzählen. So gesprächig war mein Teenager das ganze letzte Jahr nicht.
    Sie schreit noch weiter rum, aber ich höre nicht zu. Ich stehe auf und gehe zur Tür.
    Sie unterbricht ihre Tirade. „Ist das dein Ernst? Du gehst einfach? Willst du mich denn gar nicht bestrafen?“
    Ich drehe mich zu ihr um. „Nö. Wofür denn?“
    „Bist du nicht sauer wegen der Sache mit Kevin?“
    „Du bist 16. Alt genug, deine eigenen Fehler zu machen. Außerdem hat Kevin mir schon vor drei Wochen von eurem Techtelmechtel erzählt. Wir sind Facebook-Freunde.“
    „Und wozu dann diese doofe Raupen-Story?“
    „Du bist etwas ganz Besonderes und solltest nicht auf Leute hören, die dich ändern wollen. Du wirst sie alle überleben.“
    Ich gehe raus und schließe die Tür.


    Puh, das war knapp. Beinahe hätte sie mich erwischt. Doch das Tütchen Gras steckt unentdeckt in meiner Hosentasche. Zum Glück war der Beutel noch da, wo ich ihn beim Aufräumen gefunden hatte. Bin gespannt was für Geschichten ich erst improvisieren kann, nachdem ich das Zeug geraucht habe!

  • von Serendipity8



    Alles ist ruhig. Ich höre nur meinen eigenen Herzschlag. Die ganze Wohnung ist still. Die Natur ist still. Sie könnte so schön sein, diese Stille. Aber sie ist vor allem beängstigend. Vor ein paar Tagen war nur Hektik: Ist alles gepackt? Wo kommt der Schrank hin? Himmel, wo ist die Lampe? „Da ist uns beim Tragen leider die Ecke an die Wand gestoßen, aber das sieht man kaum“. Umzug. Aufregend und so stressig, dass man nicht bemerkt, was es bedeutet. Jetzt bin ich alleine. Hab noch nie richtig alleine gewohnt. Werde ich das schaffen? Hab lange gebraucht, um diesen Schritt zu wagen. Es muss klappen. Wird es das? Gedankenspirale. Doch die letzten Tage waren Stress. Die Augen fallen zu. Ich denke erst mal nicht mehr nach.


    Was man in der ersten Nacht in der neuen Wohnung träumt, das wird wahr! Danke, Oma Helga. Aber ich hab nichts geträumt. Gutes Zeichen? Schlechtes Omen? Keine Ahnung. Ich stehe auf und frühstücke. Die Küche ist noch ganz sauber. Wie automatisch wische ich danach den Küchentisch sauber und stelle alles ordentlich zurück. Dann einkaufen. Hab ja kaum was zu essen. Ideen fallen mir ein: meine Lieblingsessen, gesund soll es aber auch sein. Los zum Einkaufen. Tasche vergessen. Kurz zurück. Dann los.


    Verwandelt. Plötzlich organisiert. Selbstständig.


    Die Tage fliegen nur so vorbei. Der Alltag holt mich ein. Eigene Wohnung? Kaum ein Problem. Ich will, dass es sauber ist. Für mich. Nicht für den Besuch. Mein Zimmer bei den Eltern war immer chaotisch. Nur wenn Besuch kam, wurde schnell mal sauber gemacht. Jetzt ist das anders. Jetzt weiß ich, wo alles hin soll. Was wo seinen Platz hat. Wenn Freunde da sind, wird es bestimmt chaotisch, aber man kann schnell aufräumen. Ich bin kein Putzfreak, aber ich lege jetzt mehr Wert darauf. Es ist ja nun meins.


    Verwandelt.


    Es ist Wochenende. Es gibt nichts zu tun und deswegen fahre ich zu meinen Eltern. Welche Freude! Obwohl man über Handy im Kontakt war, ist es jetzt etwas anderes. Meine Mutter umarmt mich und bringt mir Tee. Wir unterhalten uns. Mein Vater legt für einige Zeit den PC zur Seite und will alles über den ersten Monat wissen. So viel hat er früher nie geredet an einem Tag.


    Verwandelt. Ich bin nun Gast, nicht Hausbewohner.


    Wieder zu Hause. Wie sich das anfühlt. Diese Wohnung – sie ist nun mein ZUHAUSE. Da wo ich gerade herkomme, bei meinen Eltern, was ist das dann? Das ist doch auch mein Zuhause? Ich muss das neu definieren. Vielleicht kommt das mit der Zeit.


    Der Alltag wird alltäglich. Es ist nicht mehr neu, regelmäßig einzukaufen, Freunde zu empfangen, das Bad, die Küche zu putzen. Alles ist normal, alles ist gewohnt. Ich koche gerne. Hab ich früher an Wochenenden gemacht. Jetzt ist es Routine.


    Verwandelt. Schon lange in Zahlen, aber jetzt immer mehr: Erwachsen.

  • von Rumpelstilzchen



    „Na Tobi, wie lange machst du schon diese Sklavenarbeit?“ Tobi war dabei, Daten vom uralten Zentralcomputer der Uni zu sichten und die noch lesbaren für eine erneute Speicherung auf haltbaren Medien auszuwählen. Kat stellte sich hinter ihn und betrachtete interessiert den Wandmonitor mit den eigenartigen Symbolen.


    „Ach, das dauert und dauert. Keine Ahnung, wie jemand mal damit arbeiten konnte. Das meiste Zeugs ist nicht mehr zu retten. Aber hier habe ich etwas Hochinteressantes gefunden. Das dürfte es eigentlich gar nicht geben, diese Technik gab es damals noch gar nicht. Schau dir das an.“


    Er klickte mit einem vorsintflutlichen Gerät auf eine Datei und mitten im Raum tauchte eine kugelförmige Gestalt auf.


    „Erdenbewohner“ erklang eine angenehme Stimme. „ Wir sind Bewohner eines hunderte von Lichtjahren entfernten Planeten dieser Galaxis und Angehörige einer Forschungsexpedition. Seit Jahrtausenden sind wir unterwegs und suchen nach Lebensformen auf verschiedenen Himmelskörpern. Obwohl wir mehr Leben gefunden haben, als wir erwartet hatten, ist es doch sehr selten und die meisten Planeten und Monde sind öde und leer.


    Vielleicht könnt ihr unsere Begeisterung bei der Entdeckung der Erde nachvollziehen. Sie ähnelt in so vielem unserem Heimatplaneten, den einige von uns noch nie betreten haben. Allerdings haben sich die intelligenten Lebensformen bei uns ganz anders entwickelt. Versucht, euch eine Art Vogelschwarm vorzustellen, intelligent wie ihr, aber mit einem völlig anderen System von Kommunikation und Gemeinschaftsleben. Sowohl unsere Technik als auch unsere Gesellschaft sind mit eurer nicht vergleichbar und derzeit könntet ihr mit weiteren Informationen darüber wenig anfangen. Umso tragischer war für uns die Erkenntnis, dass ihr Menschen auf dem besten Weg seid, nicht nur euch selber, sondern innerhalb weniger Generationen alles Leben auf der Erde zu vernichten.


    Wir lehnen Eingriffe in die Entwicklung anderer Lebensformen ab. Wir dringen nicht einmal in die Atmosphäre anderer Himmelskörper ein, um jegliche Kontamination zu vermeiden. Deshalb haben uns die Verhältnisse auf der Erde in einen tiefen Konflikt gestürzt und zum ersten Mal während unserer Expedition gab es zwischen uns das, was ihr einen Streit nennt. Nach schmerzlichem Meinungsaustausch sind wir zu der Überzeugung gekommen, es sei schlimmer, nichts zu tun, und dieses eine Mal eine Ausnahme zu machen. Wir haben uns entschlossen, in euren Gehirnen eine kleine Veränderung vorzunehmen, die die Prioritätensetzung zugunsten des Gemeinwohls betrifft. Weitere Manipulationen haben wir nicht vorgenommen.


    Wir wünschen euch und allen Lebensformen auf diesem Planeten eine lange und erfreuliche Zukunft.“


    Die Gestalt war verschwunden. Kat überlegte: „Von wann war das? Februar 2017? Aber das ist doch.“ Tobi fiel ihr ins Wort: „Genau, da war doch die unerwartete und spektakuläre öffentliche Videokonferenz der wichtigsten Regierungschefs dieser Zeit. Danach fand dann das Treffen statt, in dem eine Erdregierung und eine umfassende Zusammenarbeit vereinbart wurden.“ „Meine Großmutter hat mir davon erzählt. Das heißt aber doch, die hatten damals diese Ideen nicht von sich aus, sondern von…!“ Tobi nickte versonnen. „Also doch so eine Art höhere Macht? Sollten wir das nicht veröffentlichen?“