Julian Fellowes - Belgravia

  • Julian Fellowes war mir bisher hauptsächlich durch Downton Abbey ein Begriff, Belgravia ist also mein erstes Buch von ihm.


    Der Prolog spielt 1815 in Belgien, kurz vor der geschichtsträchtigen Schlacht bei Waterloo, der restliche Roman dann 1841 in und um den namensgebenden Stadtteil Belgravia. Was ich als sehr treffend und unterhaltsam empfunden habe, waren wieder die historischen Details die in die Erzählung eingeflossen sind, wie z.B. die Bauarbeiten in Belgravia aber auch das geplante neue Projekt im Osten von London, die neuartige Sitte der „Tee-Stunde“ und das ganze hick-hack der jeweiligen gesellschaftlichen Schichten untereinander. Was die Personen angeht, macht es einem der Roman leider nicht so einfach... Für mich war es schwierig, hier eine sympathische Person zu finden, ich denke am ehesten qualifiziert sich dafür noch Anne Trenchard, Maria Grey ist ganz nett, bleibt aber eine Spur zu farblos.
    Achtung, der folgende Spoiler beinhaltet etwas zur Entwicklung einer Figur am Ende des Buches:
    [sp]Gut, ich muss sagen Oliver hat sich, wie ich finde, zum Schluss hin nochmal ganz gut entwickelt. Er mag ein schwacher Mann sein, aber gerade schwache Menschen die sich schließlich überwinden können und das richtige zum richtigen Zeitpunkt tun, finde ich persönlich interessanter als Figuren die von vorneherein die typischen „Helden“ sind. Ich hoffe, er findet auf dem Gut letzten Endes seine Erfüllung und in dem Gedanken, etwas für einen Nachkommen schaffen zu können, eine Lebensaufgabe.[/sp]
    Charles Pope ist für mich einfach überglorifiziert, der personifizierte Gute der dabei allerdings mit einem Maß an Naivität gesegnet ist, bei dem man doch arg ins Grübeln kommt, wie das bei einem angeblich so guten Geschäftsmann zusammenpasst.


    Was die Handlung angeht, so habe ich ebenfalls schon im Prolog geahnt wie die ganze Sache enden wird. Natürlich wurde das Ganze durch diverse verwandtschaftliche Verwicklungen über Umwege komplizierter gemacht, indem weitere Figuren und deren jeweilige Interessen ins Spiel kamen, das hat aber letzten Endes tatsächlich nichts an der ursprünglichen Schlussfolgerung geändert. Ganz zum Schluss gab es dann die tatsächlich spannendste Szene in der man doch nochmal kurz ans Zweifeln gerät, ob das alles gutgehen kann, das fand ich hier wieder recht gelungen.


    Ziemlich enttäuscht war ich im Großen und Ganzen von der Dienerschaft, egal in welchem Haushalt. Das mag jetzt tatsächlich von Downton Abbey gefärbt sein, aber ich hätte mir doch beim Personal zumindest ein paar freundliche und loyale Leute gewünscht und nicht nur intrigante, geldgierige und spionierende Subjekte. Ich glaube im ganzen Buch gibt es exakt zwei Leute, die so etwas wie positive Gefühle für ihre Herrschaft empfinden, der Rest ist von Unzufriedenheit mit der eigenen Lebenssituation zerfressen und entsprechend begierig diese zu verbessern, auf Kosten der eigenen Arbeitgeber, die ja sowieso einfach nur mehr unverdientes Glück hatten als sie selbst.
    Es mag ja durchaus sein, dass diese Darstellung näher an der damaligen Realität liegt, aber da bin ich dann wirklich durch Downton Abbey „verdorben“ in meiner Erwartungshaltung, auch wenn ich versucht habe das so gut wie möglich auszublenden. Aber in diesem Aspekt ist es mir einfach nicht gelungen.


    Fazit: Ich werde Julian Fellowes sicher nochmal eine Chance mit einem Buch geben, „Belgravia“ war kein totaler Reinfall. Aber es war auch nicht auf der qualitativen Ebene, die ich erwartet hatte. Es fehlte mir ein bisschen an Originalität, an Witz und an sympathisch-kauzigen Figuren. Irgendwo zwischen 6 und 7 Eulenpunkten.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Anfänglich bin ich schwer ins Buch hineingekommen, da zu viele handelnde Personen das Parkett des Buchs betreten haben. Auch zwischendrin hatte ich meine Schwierigkeiten zu erkennen, welche Person zu welcher Familie gehört und welche Stellung diese Person in der Familie hat.

    Hatte ich dann jedoch 2 bis 3 Seiten gelesen, war ich wieder gut um Geschehen drin und wusste wieder, wer wohin gehört. ;)

    Die Aufklärung um Edmund und Sophia ist spannend verpackt und hat mich bis zum Schluss fasziniert. Ebenfalls interessant fand ich, wie weit die Menschen bereit sind zu gehen für ein bisschen (Mehr)Wissen gegenüber jemand anderem.

    In diesem Buch werden viele Charaktere aufgezeigt, die es so auch im wahren Leben gibt. Manche Menschen sind einfach bösartig, andere wiederum einfach loyal, manche sind auch liebenswert, aber fast alle hüten ein Geheimnis, welches sie um fast jeden Preis geheim halten wollen.

    Hier werden die Menschen mit all ihren Facetten dargestellt und ich würde behaupten wollen, dass für jeden Leser ein Charakter dabei ist, mit dem man sich identifizieren kann.

    Ich mochte zum Beispiel Susan sehr gern - sie hat nicht die angenehmste Rolle bekommen, aber sie ist charakterstark, entschlossen und macht vieles, um ihr Ziel zu erreichen. Eine Frau, die man als Mann nicht geschenkt bekommen möchte, aber sie hat einen Mann, der solch eine Frau braucht. Eine, die ihm die Hand reicht, wenn der Weg steinig wird.


    Die Geschichte um Charles und all die anderen Menschen ist gut verpackt und hat mich, nach anfänglicher Schwäche ins Buch zu kommen, doch mit sich gezogen.


    Ich vergebe 8 von 10 Punkten.

    :lesend Viveca Sten - Mörderische Schärennächte

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