Bob Dylans Mysterienspiele
Verlag: C.H.Beck, 2016
Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
Kurzbeschreibung:
Mit „Love and Theft“, Liebe und Klauen, dem Album von 2001, begann Bob Dylans Spätwerk. Die darauf und den dann folgenden Alben versammelten Songs deuten die Gegenwart nicht nur als apokalyptischen Totentanz, sondern brachten Dylan auch den Vorwurf des Plagiats ein: Waren die Texte nicht allesamt zusammengeklaut, montiert aus Versatzstücken, die er der amerikanischen Musiktradition und der Weltliteratur von Homer und Ovid über Shakespeare bis F. Scott Fitzgerald entnommen hatte, ohne auch nur ein einziges davon nachzuweisen? Was als Inspirationsmangel eines alternden Künstlers erscheinen könnte, bildet, wie der Literaturwissenschaftler und Dylan-Experte Heinrich Detering zeigt, das Kernstück einer zeitgenössischen, ungeheuer produktiven Poetik. Bei Dylan hat Ovid den Blues. Und der Blues hallt durch die Gewölbe der Antike, vernehmbar bis in die Gegenwart. Mit literarischem Einfühlungsvermögen und detektivischer Beobachtungsenergie führt Detering ins Zentrum von Bob Dylans einzigartiger Kunst, der wiederholt als Kandidat für den Literaturnobelpreis gehandelt wurde. Und er öffnet den Blick für die erstaunlichen schöpferischen Möglichkeiten einer Songpoesie, ja von Poesie generell im 21. Jahrhundert
Über den Autor:
Heinrich Detering, geb. 1959, ist Professor für Neuere deutsche und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Göttingen und seit 2011 Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Der Literaturwissenschaftler, Übersetzer und Lyriker (zuletzt: Wundertiere, Göttingen 2015) ist vielfach ausgezeichnet worden, u. a. mit dem Leibniz-Preis der DFG. Zuletzt war er Fellow der Carl Friedrich von Siemens Stiftung in München. Seine langjährige Beschäftigung mit Bob Dylan fand ihren Niederschlag in der Monographie Bob Dylan (Stuttgart 2009).
Mein Eindruck:
Dieses Buch habe ich aus Anlaß des Gewinns des Literaturnobelpreis von Bob Dylan gekauft, aber ob es wirklich der Preisbegründung repräsentiert ist fraglich. Es wird das Spätwerk Bob Dylans intensiv betrachtet und Schweden hat dem Preis offenbar eher wegen dem bekannten Songwriter-Anteil der Vergangenheit verliehen, wenn ich das richtig verstehe
So eine Einschränkung kann ich mir nicht erklären, denn gerade das Spätwerk Dylans ist textlich hochkomplex. Das erklärt der Literaturwissenschaftlicher Heinrich Detering in diesem Buch detailliert, indem er mehrere Songs analysiert, auch die Alben seit 2001 einzeln in ihrer Gesamtheit betrachtet. Hinzu kommt noch der Blick auf den Film Masked and Anonymous, bei dem Bob Dylan als Darsteller, musikalisch und am Drehbuch mitwirkte.
Mir gefällt das Buch gut, es ist informativ. Nicht selten geht Detering aber viel zu sehr ins Detail. Und ob diese ganzen Anspielungen und Motive, die er in Dylans Songs hineindeutet, wirklich zutreffen, wage ich manchmal zu bezweifeln. Und vor allen Dingen wird sie der normale Zuhörer oder Leser der Lyrics nicht von selbst erkennen können. Schlimm ist das nicht. Dennoch sind Bob Dylans Texte offensichtlich tiefgründig und intelligent und in vielen Songs erzählt er ganze Geschichten, die ansprechen und auch unterhalten können, ohne das man jedes Rätsel darin analysieren und offenbaren muss.
Meine Favoriten sind Songtexte aus dem Album Tempest (von 2012), z.B. Tin Angel, Scarlet Town oder
Roll on John, Bob Dylans späte Totenklage auf John Lennon. Diesen Song nimmt sich Heinrich Detering im speziellen vor, durchleuchtet ihn von oben bis unten.
Heinrich Detering hat ein gut lesbares Buch über Musiktexte hingelegt, wie man es sich öfter wünscht. Die potentiellen Leser sollten sich aber gewahr sein, dass es wirklich um die Texte geht und natürlich Bob Dylans Beziehung zu diesen. Eine Musikerbiographie ist es deswegen noch lange nicht. Der Mensch Bob Dylan in all seiner Exzentrizität bleibt ein Rätsel.
Ich war dennoch zufrieden mit dem Buch und das ich zwischen den Passagen viele Songs von Bob Dylan gehört habe, liegt wohl auf der Hand!
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ASIN/ISBN: 3406688764 |