Poesiealbum 8: Günter Kunert

  • Broschiert: 32 Seiten
    Verlag: Neues Leben Berlin


    Preis: 0,90


    Kurzbeschreibung:
    Günter Kunert muß kein Literaten-Internat besuchen, er geht in die Schule, die das Leben ist, und er ist ein aufmerksamer und talentierter Schüler, und, wir hoffen, ein fleißiger auch. (Fleiß in dem Sinne, der nach Goethe das Genie zur Hauptsache ausmacht.) Also: ein junger, begabter deutscher Dichter. ...'


    Johannes R. Becher, 1950


    24 Gedichte


    Über den Autor:
    Günter Kunert, 1929 in Berlin geboren, lebt bei Itzehoe. Seit 1963 erscheinen seine Werke bei Hanser; zuletzt: Nachtvorstellung (Gedichte, 1999), Die Botschaft des Hotelzimmers an den Gast (Aufzeichnungen, 2004), Irrtum ausgeschlossen (Erzählungen, 2006), Auskunft für den Notfall (2008), Als das Leben umsonst war (Gedichte, 2009), Tröstliche Katastrophen (Aufzeichnungen 1999-2011, 2013), Fortgesetztes Vermächtnis (Gedichte, 2014), Erwachsenenspiele (Erinnerungen, 2015) und Vertrackte Affären (Geschichten, 2016). Kunert wurde für sein Werk vielfach ausgezeichnet.


    Mein Eindruck:
    Dieses Heft habe ich spontan bestellt und dann überrascht festgestellt, dass es schon von 1968 stammt. Fast eine Rarität und eine Chance, Günter Kunerts Frühwerk kennen zu lernen. Schließlich ist er heute einer der letzten lebenden Giganten der deutschen Lyrik.


    Kunert ist ein guter Beobachter und schildert originell und amüsant. Ihn kennzeichnet Leichtigkeit auch bei schweren Themen und ein Humor, der sich aus Sinn für Ironie speist.


    Geträumt gen Morgen hin,
    Gespenst zu sein: ein Spuk
    in Windsor Castle


    Viele Gedichte sind voller ausdruckstarker Beschreibungen.
    Als Beispiel hier ein kurzer Ausschnitt:


    Nachlaßlager, Kleine Alexanderstraße, Berlin


    Ahnungslos betrittst du
    die weitläufige Höhle, wo dich sogleich innig
    Gerümpel und Dämmer umfängt –
    flieh, bevor
    erblindende Spiegel deine Erscheinung weitergeben.
    an lauernde Polstermöbel, krank von Elefantiasis,
    und fallenartige Schränke


    Es gibt auch Zeitgeschehen, z.B. sind einige Gedichte offenbar ein Statement gegen den Vietnamkrieg (Fernöstliche Legende). Ein paar thematisieren die deutsche Vergangenheit. Zum Beispiel sagt eins aus, dass Hitler nicht alleine gehandelt hat (Bedauerlicher Hitler), ein anderes erzählt von dem SS-Sturmführer Mulka, der aus Haft entlassen wurde, obwohl er ein Massenmörder war (Gartenpflege).
    In “Oftmals scheinen die Toten” schreibt Kunert, dass die Toten nicht vergessen sind, obwohl ihr Blut zu Geschichte geronnen ist. Ein Sonntagsausflug den Verbrennungsöfen.l


    In der Mitte des Heftes befindet sich eine detailreiche Illustration, passend zu “Einladung zu Tisch”.


    Ich halte Günter Kunerts frühes Werk, entstanden in der DDR, für lesenswert!