Das Nest - Cynthia D'Aprix Sweeney

  • Klappentext
    Melody, Jack, Bea und Leo sind Geschwister. Sie sind in ihren Vierzigern, stehen mitten im Leben und sie haben immer gewusst, sie würden eines Tages erben. Aber was, wenn die Erbschaft ausbleibt? Ein warmherziger, humorvoller und scharfsinniger Roman darüber, wie der Kampf ums Geld Lebensentwürfe und Familien durcheinanderbringen kann.


    Als Kinder haben sie einander geneckt, als Erwachsene verbindet die Geschwister Melody, Jack, Beatrice und Leo Plumb nur noch eine gemeinsame Erbschaft. Mitten in der Finanzkrise brauchen alle dringend Geld. Melody, Hausfrau und Mutter, wachsen die Ausgaben für ihr Vorstadthäuschen und die Collegegebühren ihrer Töchter über den Kopf. Antiquitätenhändler Jack hat hinter dem Rücken seines Ehemanns das Sommerhaus verpfändet. Beatrice, erfolglose Schriftstellerin, will endlich ihr Apartment vergrößern. Doch kurz bevor das Erbe ausbezahlt wird, verwendet ihre Mutter es, um Playboy Leo aus einer Notlage zu helfen. Unfreiwillig wiedervereint, müssen die Geschwister sich mit altem Groll und falschen Gewissheiten auseinandersetzen. Aber vor allem müssen sie irgendwo frisches Geld auftreiben …
    Meisterhaft erzählter, böser und witziger Familienroman



    Die Autorin
    Cynthia D'Aprix Sweeney hat in New York als PR-Beraterin gearbeitet, bevor sie zum Schreiben kam. Sie lebt mit Mann und Kindern in Los Angeles. »Das Nest« ist ihr erster Roman.





    Das Buch beginnt mit einem hollywoodartigen Auftakt. Leo langweilt sich auf einer Party. Er trinkt und kokst und macht eine junge hübsche Kellnerin an. Mit einem billigen Trick lockt er sie in sein Auto. Und dann passiert ein Unfall.


    Schnitt zurück nach New York. Die 4 Plumb-Geschwister sind verabredet um über ihre Erbschaft, ihr Nest, zu reden. Denn Leos folgenschwerer Unfall hat ihre Mutter dazu bewogen, ihr Eingriffsrecht in Anspruch zu nehmen und das Erbe zur Vertuschung des Skandals auszugeben. Leo gibt sich zerknirscht und gelobt, einen Weg zu finden, seine Geschwister auszuzahlen. Denn alle haben in baldiger Erwartung des Geldsegens über ihre Verhältnisse gelebt. Häuser sind hypothekenbelastet, der Ehepartnern wird belogen, es gibt geheime Kreditkarten. Doch die Zeit vergeht und Leo kommt mit keiner Idee oder gar seinem Scheckbuch um die Ecke.


    "Das Nest" ist ein ruhiges, unaufgeregtes Buch das von 4 verwöhnten Erwachsenen erzählt, alle über 40, aber nicht wirklich reif. Sie leben in New York und da gelten andere Gesetze. Man muss ein Haus haben, Eigentum, die Kinder müssen aufs richtige College. Reich sein bedeutet hier wirklich richtig reich zu sein. Die Plumbs wähnen sich am Rande der Armut, die hier relativ ist, wenn man sich zu diesem Zeitpunkt immerhin in der noblen Qyster-Bar treffen kann. Wer Geldprobleme hat, käme niemals auf die Idee, dort zu essen. Aber soweit denken die 4 gar nicht, denn sie sind einfach nicht gewohnt, so zu denken. Irgendwie war da immer der Fond, das Nest, das in der Ferne verlockend funkelte und das Ende aller Sorgen um den sozialen Stand versprach.


    Immobilien sind ein großes Thema in New York und in diesem Buch. Ein anderes großes Thema ist der Klatsch. Leo kam einst mit einer Internetzeitung, die von, teilweise auch bösartigem, Klatsch lebte. Das, was über einen geredet wird, ist von großer Wichtigkeit. Und so fährt Leo ein großer Schrecken in die Glieder, als er mit der Idee konfrontiert wird, das evtl ihn niemand mehr kennt nach seinem Abgang von der Zeitung und den vertrödelten Jahren an der Seite einer Shopping-Queen-Gattin. Alle 4 Geschwister sind egoistische, verwöhnte Jammerlappen. Ich hätte ihnen gerne mehr Sturzhöhe gegönnt zum Schluss, aber die Autorin hat fast so etwas wie ein Happy End im Hut. Mir kamen alle zu gut davon.


    Das Buch ist durchaus unterhaltsam und ich habe es gerne gelesen. Eine Menge Themen werden angesprochen, u.a. auch 9/11. Es dümpelt aber irgendwie vor sich hin, ist sehr amerikanisch, sehr spezifisch in seiner lokalen Problematik. Die Autorin zeichnet ihre fehlerhaften Figuren mit großer Zuneigung, die leider auf mich nicht wirklich übersprang. Mir waren sie alle zu selbstbezogen und oberflächlich. Mir hätte etwas mehr Zynismus gefallen, ein wenig mehr Realität, denn es endet doch sehr rosarot.

  • Leo, Jack, Bea und Melody sind zwar gemeinsam als Kinder einer wenig fürsorglichen Mutter aufgewachsen, dadurch aber nicht zu Erwachsenen geworden, die für sich selbst und füreinander einzustehen gelernt haben. Ganz im Gegenteil: im Hinterkopf hatten sie meist das ausstehende Erbe als Lösung und letzte Sicherheit, das vom Vater in einem Fond angelegte Geld, das ihnen zum vierzigsten Geburtstag von Melody, der Jüngsten der Geschwister, zu gleichen Teilen zufallen sollte. Jetzt hat ein Fehltritt Leos dazu geführt, dass die Mutter mit ihrer Vollmacht das Erbe weitgehend geplündert hat, um ihn und ihren eigenen Ruf von einem Skandal freizukaufen. Leider aber haben die anderen Geschwister durchaus länger schon finanzielle Sorgen, die jetzt übermächtig werden:


    da ist Jack, der in der Schule nur „Leo light“ war (weniger intelligent, interessant und erfolgreich als der Älteste) und als Erwachsener kaum selbst als Antiquitätenhändler für seinen Unterhalt sorgen kann – heimlich hat er eine Hypothek auf das Wochenendhaus aufgenommen, das er gemeinsam mit seinem Ehemann besitzt. Dann ist da Bea, Beatrice, Leo am nächsten, einst ein aufstrebender Stern unter den jungen Autorinnen mit einem Buch über ein Alter-Ego ihres Bruders Leo, die schon lange nichts mehr geschrieben hat und sich immerhin selbst mit einem Job bei einem Verehrer und in einer schäbigen Mini-Wohnung sparsam über Wasser hält. Und zuletzt gibt es Melody, gefangen in ihren „Upwardly-Mobile“ Träumen für ihre Zwillingstöchter und mit einer erdrückenden Hypothek, die sich umzingelt sieht von anderen Müttern, die im Gegensatz zu ihr meist eine Karriere aufgegeben hatten und über jene Zeit sagen: „Natürlich musste ich ein paar Leuten in den Arsch kriechen […] aber wenigstens musste ich ihn nicht abwischen.“ S. 131


    Cynthia D’Aprix Sweeney schreibt in ihrem Debütroman über Fortysomethings – darüber, was aus den Träumen und Zielen geworden ist und womit es weitergehen soll für nicht weniger als den Rest des Lebens. Sie lässt die erzählen, die sich noch auf andere oder die Vergangenheit verlassen, die nicht loslassen wollen – oder sich auf gar keinen Fall festhalten. „Das wäre, als wollte man die Zeit zurückdrehen. Wir hatten ein paar gute Jahre. …. Verdammt gute Jahre.“ S. 217 Die Charaktere sind bis in die Nebenfiguren detailliert ausgearbeitet, das Setting ist New York zwischen den verschiedenen Immobilienkrisen, die für einige den Aufstieg bedeuten, für andere den Untergang – für die meisten von ihnen allen die Verunsicherung und damit durchaus gut auf die entsprechende Generation in Deutschland übertragbar, die sich hier Sorgen um Geldanlagen, Jobs und Rente macht. Es ist eine Geschichte über jene, die nicht mehr damit hadern, erwachsen zu werden – aber damit, was noch ist, was noch kommen soll. Oder wie Leo denkt: „Es war nicht der Luxus, den er vermisste, es war die Überraschung.“ S. 249


    Der Roman ist unterhaltsam und gut geschrieben, oft mit einigem Sarkasmus, es werden keine zu glatten Lösungen präsentiert (bis auf einen winzigen etwas stärker rosaroten Einschub in einer Klammer gegen Ende, den man aber verzeihen kann). Geschickt die Überleitungen, zum Beispiel zu Beginn mit den roten Schuhen und den verschiedenen Bars. Ich konnte mitfühlen, mich fast widerstrebend mit einigen Sorgen, Ängsten und Hoffnungen identifizieren, der leichten Melancholie folgen (kein düsteres Schwarz, eher ein versöhnliches Sepia). Die Landung auf dem Boden der Realität ist vielleicht nicht immer sanft, kann aber bedeuten, überhaupt wieder selbigen unten den Füßen zu haben. „Es gab keine Gewissheiten, jede Entscheidung war nur eine wohlbegründete Vermutung oder ein Sprung in einen geheimnisvollen Abgrund.“ S. 282 Leseempfehlung für ein unterhaltsames zeitgenössisches Buch, das eine Generation pointiert und gleichzeitig mitfühlend charakterisiert, nur knapp an 5 Sternen vorbei wegen der starken Konkurrenz dieses Jahr!

  • „Das Nest“ von Cynthia D'Aprix Sweeney ist zuallererst einmal ein New York Roman. Hier ist alles eine Nummer größer, die Häuser, der Erfolg, das eigene Ego, ein idealer Hintergrund für die Abgründe der menschlichen Seele und wann entzünden sich innerfamiliäre Konflikte am ehesten? Kaum zu glauben, wenn es eine Erbschaft zu verteilen gibt! Und diese vier Ostküstennarren, in zwei Männer und zwei Frauen aufgeteilt, sind typische Vertreter ihrer Stadt. Alle auf dem Weg nach unten, bemüht den Anschluss an die amerikanische Mittelschicht zu halten, aber finanziell, beruflich und gesundheitstechnisch unter Druck, was sich beim Testosteron geplagten Alphamännchen Leo, darin niederschlägt keiner Droge aus dem Wege fahren zu können, weder dem Kokain noch den zweibeinigen Versuchungen, die völlig talentfrei immer ins Musikbusiness wollen.


    Es kommt zu einem schicksalhaften Autounfall, der eine Lawine in Gang setzt, die die ganze Familie mitzureißen scheint. Sein homosexueller Bruder Jack braucht dringend Bares, weil sein Kunsthandel auf der Kippe steht. Für die erfolglose schriftstellernde Schwester Beatrice ist die Erbschaft, die alle nur als Nest bezeichnen, die letzte Ausfahrt vor der totalen Bedeutungslosigkeit. Während bei der vierten im Bunde- Melody eher die Familiengemütlichkeit und der Dazugehörigkeitswahn der amerikanischen Mittelklasse im Vordergrund steht.


    Erbschaftsromane sind ein dankbares Genre. Die Konfliktlinien ziehen sich quer durch die Familie und dennoch ringt die Autorin ein paar mal zu früh die Spannung nieder, indem sie die Fallhöhe ihres Quartetts auf ein Minimum reduziert, was ich persönlich schade fand. Dafür bewegt sich das Buch dann in ganz andere Bahnen oder noch unbekannten Pfaden, zumindest für mich, der noch nichts in der Richtung- wie verhalten und verändern sich Menschen, die immer gewusst haben eines Tages zu erben, nach der ersten Enttäuschung alles verloren zu haben?


    Und das wiederum fand ich sehr spannend erzählt, von einer Frau, die sich mit zunehmender Romanlänge regelrecht frei schreibt. Hinten raus hat das Ding wahrlich Sogwirkung und manche Überraschung, die in einen Erkenntnisgewinn münden. Keine Frage. Bis dahin sind jedoch einige Längen zu überbrücken. Alles in allem ein empfehlenswerter Roman mit überraschendem Ende.

  • Wie im wahren Leben, eine Sukrille Familie


    Inhaltsangabe:


    Melody, Jack, Bea und Leo sind Geschwister. Sie sind in ihren Vierzigern, stehen mitten im Leben und sie haben immer gewusst, sie würden eines Tages erben. Aber was, wenn die Erbschaft ausbleibt? Ein warmherziger, humorvoller und scharfsinniger Roman darüber, wie der Kampf ums Geld Lebensentwürfe und Familien durcheinanderbringen kann. Als Kinder haben sie einander geneckt, als Erwachsene verbindet die Geschwister Melody, Jack, Beatrice und Leo Plumb nur noch eine gemeinsame Erbschaft. Mitten in der Finanzkrise brauchen alle dringend Geld. Melody, Hausfrau und Mutter, wachsen die Ausgaben für ihr Vorstadthäuschen und die Collegegebühren ihrer Töchter über den Kopf. Antiquitätenhändler Jack hat hinter dem Rücken seines Ehemanns das Sommerhaus verpfändet. Beatrice, erfolglose Schriftstellerin, will endlich ihr Apartment vergrößern. Doch kurz bevor das Erbe ausbezahlt wird, verwendet ihre Mutter es, um Playboy Leo aus einer Notlage zu helfen. Unfreiwillig wiedervereint, müssen die Geschwister sich mit altem Groll und falschen Gewissheiten auseinandersetzen. Aber vor allem müssen sie irgendwo frisches Geld auftreiben … Meisterhaft erzählter, böser und witziger Familienroman »Ein Roman wie gute dunkle Schokolade: elegant und bittersüß, so köstlich, dass man ihn in einer Nacht verschlingt.« Entertainment Weekly



    Meine Meinung zum Buch und Autorin


    Cynthia D´Aprix Sweeny, erzählt in ihrem Debütroman der ihr Großartig gelungen ist, die Geschichte von 4 Geschwistern, einer ungewöhnlicher wie der andere.


    Das Toll gestylte Cover fällt einem Direkt ins Auge, die 4 Stilisierten Vögel symbolisieren die Geschwister in der Mitte das Nest, das sich wie ein roter Faden durch die Geschichte zieht.


    Die Geschwister Leo, Jack, Bea und Melody haben sich im Laufe der Jahre auseinander gelebt, es verbindet sie so gut wie gar nichts mehr. Nur eins ihr Erbe „ Das Nest“ ein Fond der ihr verstorbener Vater für seine Kinder angelegt hatte, mit der Auflage das es erst nach Melodys 40. Geburtstag ausbezahlt wird. Ich glaube er wusste schon damals, das seine Kinder nicht mit Geld umgehen konnten, und wollte vielleicht für später ein kleines Polster hinterlegen. Als endlich Melodys Geburtstag da ist, ist nur noch ein Bruchteil davon da.Unser Lebemann und Playboy Leo, hat einen schrecklichen Unfall verursacht, und um den Geschädigten ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, hat es die Mutter dafür verwendet. Die Enttäuschung, Wut und der Frust


    sind groß. Melody eine Exzentrische Person hat über ihre Verhältnisse gelebt im Glauben bald Geld zu haben, Jack ist auch nicht besser, beide haben eine Leiche im Keller von denen ihre Partner nichts ahnen. Bea, dagegen ist noch die vernünftigste von allen, sie lebt bescheiden, sie plagen andere Sorgen. Das dicke Ende kommt noch Leo verschwindet bei Nacht und Nebel, er sollte doch an sie zahlen wie versprochen. Großer Rat ist teuer woher Geld nehmen , wo keines ist.



    Ich muss sagen Cynthia D Aprix, hat die Probleme, Sorgen, Geheimnisse und Ängste der einzelnen Geschwister sehr gut herübergebracht. Wie sie sich gegen ihren Willen zusammenraufen müssen um ihre Geldprobleme zu lösen. Die Fehler und schwächen des anderen einsieht und seine eigenen erkennt. Eine Geschichte voller überraschender Wendungen, man bekam tiefe Einblicke in das Leben der Familie Plumb. Das ganze hat sie wirklich eindrucksvoll und meisterhaft erzählt.Das Buch hat Tiefe , Charme und Witz. Ihr Schreibstil ist sehr Bildhaft, flüssig und mitreißend. Man wurde von Seite zu Seite neugieriger wie dieses Desaster ausgeht. Ihre Figuren kamen sehr Authentisch und real rüber. Die einzelnen Charaktere sind sehr gut heraus gearbeitet, so das sie sehr Glaubhaft wirkten, Eine Geschichte die sich überall und jeden Tag irgendwo Abspielen könnte.


    Es war mir ein großes Lesevergnügen dieses Buch zu lesen.

  • Darcy ist mit ihrer Rezi meines Erachtens eine sehr treffsichere Aussage zu Cynthia D'Aprix Sweeneys Roman "Das Nest" gelungen.


    Zweifellos hat das erzählerische Talent der Autorin den wesentlichen Anteil daran, dass ich den Roman zu Ende gelesen und mich auch gut unterhalten habe. Und das obwohl Cynthia D'Aprix Sweeney die Geschichte bzw. die finanziellen Auseinandersetzungen von vier selbstverliebten, oberflächlichen Geschwistern erzählt, die bis zum rosaroten, klischeebeladenen Ende kaum eine Entwicklung machen. Betrachtungen zum heutigen Amerika läßt die Autorin zwar einfließen, bleibt dabei aber sehr an der Oberfläche. "Das Nest" ist ein bittersüßer unterhaltsamer Familienroman, der mir wohl leider nicht lange in Erinnerung bleiben wird.


    7 von 10 Punkten