Müssen Romanfiguren sympathisch sein ?

  • Hallo


    Wäre mal interessant wie die Eulen das sehen




    Müssen Euch Romanfiguren sympathisch sein, muß ihr Handeln nachvollziehbar sein vor allem die Hauptfiguren und wie wichtig ist es Euch dass diese Figuren im Laufe des Romans an Tiefe gewinnen ?
    Ist das für Eure Empfinden ob das jetzt eher ein gutes oder schlechtes ( schlecht im Sinne von gefällt Euch deswegen überhaupt nicht )Buch ist wichtig?



    Mir selber müssen die Figuren nicht sympathisch sein, wichtig ist mir das ihr Handeln stimmig ist , zu ihrem Charakter paßt. Bücher in denen die handelnden Figuren im Laufe der Zeit an Tiefe gewinnen, ich sie also besser von unterschiedlichen Seiten kennen lerne, gefallen mir in der Regel sehr viel besser als Romane wo nach den grob umrissenen Vorstellungen der Figuren nichts mehr dazu kommt.



    Jetzt bin ich gespannt auf die Meinung und die Vorlieben der Eulen

    e0354.gif


    c0624.gif Sommer in der kleinen Bäckerei am Strandweg--Jenny Colgan

    Chroniken von Deverry 2 --Katharine Kerr
    Drachenelfen , die Windgängerin -- Bernhard Hennen

  • Zitat

    Original von Dreamchen
    Müssen Euch Romanfiguren sympathisch sein,


    Nein, das müssen sie nicht, im Gegenteil. Es gibt eine Buchgattung, die man nennen könnte "am liebsten hätte ich die Person geschüttelt", da bewundere ich oft, wie raffiniert der Autor mich an diesen Punkt gebracht hat.


    Zitat

    muß ihr Handeln nachvollziehbar sein vor allem die Hauptfiguren und wie wichtig ist es Euch dass diese Figuren im Laufe des Romans an Tiefe gewinnen ?


    Nein, das muss es nicht, aber ich hätte gern eine Entwicklung der Person, wenn sie z. B. in der Ichform rückblickend erzählt, könnte sie in einem Halbsatz Abstand zu ihren Jugensünden nehmen. "Damals wollte ich unbedingt, aber ..."


    Zitat

    Ist das für Eure Empfinden ob das jetzt eher ein gutes oder schlechtes (schlecht im Sinne von gefällt Euch deswegen überhaupt nicht ) Buch ist wichtig? ...


    Es ist mir wichtig und ich finde es ist ein Zeichen von Qualität, wenn ich mich über eine Person ärgere oder über sie nachdenke.


    Zitat

    Jetzt bin ich gespannt auf die Meinung und die Vorlieben der Eulen


    Ein kontroverses Beispiel ist die Mittagsfrau von Julia Franck. Das Buch wurde nach meinem Eindruck von vielen Lesern abgelehnt, weil die Figur so handelt, wie sie handelt. Ich fand die Frau weder sympathisch noch unsympathisch, sondern ihr Handeln war für mich absolut folgerichtig und konsequent aus ihrer Situation heraus, die vielleicht nur wenige Leser nachvollziehen konnten.


    Anderes Beispiel Nora Webster
    Hier fand ich die Person eigentlich sympathisch, aber völlig unreflektiert und unglaubwürdig dargestellt, so dass ich mich gefragt habe, ob der Autor plötzlich keine Frauenfiguren "mehr kann", im Gegensatz zu einem anderen seiner Romane. Hat er wirklich beabsichtigt, was ich über seine Figur denke, frage ich mich hier ungläubig.

  • Nein, Sympathie muss ich mit Protagonisten nicht empfinden. Ich muss sie interessant finden, aber nicht mögen. Meistens finde ich es sogar reizvoller, mich in eine Figur reinzudenken, mit der ich wenig bis nichts gemein habe.

    SUB 220 (Start-SUB 2020: 215)


    :lesend Susanne Michl u. a. - Zwangsversetzt. Vom Elsass an die Berliner Charité. Die Aufzeichnungen des Chirurgen Adolphe Jung (1940 - 1945)

    :lesend Antonio Iturbe - Die Bibliothekarin von Auschwitz

    :lesend Anthony Doerr - Alles Licht das wir nicht sehen (Hörbuch)

  • Buchdoktor


    bei Deiner Beschreibung fiel mir die Leserunde zu Untreue von Paulo Coelho ein .. da waren die Meinungen auch eher negativ... ich fand es eigentlich recht gut... ist aber ein Buch das ich irgendwann noch einmal lesen werde und dann in dem Tempo wie es mir zusagt und nicht unter dem Aspekt einer Leserunde




    bei mir kommt es auch auf die Stimmung und die aktuelle Lebenssituation an in der ich ein Buch lesen wie ich auch die Figuren empfinde.



    edit: e vergessen :-D

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    c0624.gif Sommer in der kleinen Bäckerei am Strandweg--Jenny Colgan

    Chroniken von Deverry 2 --Katharine Kerr
    Drachenelfen , die Windgängerin -- Bernhard Hennen

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  • Also sympathisch sein muss die Figur nicht - ich mag es sogar, wenn die Protagonisten bisschen schräg sind, Außenseiter, hinterhältig oder irgendwie bisschen verrückt. Also die müssen ganz und gar nicht so sein wie ich! Ich mochte z.B. "Straight white male" oder "Girl on the train" oder "Cry baby".


    AAAAber: die Personen müssen in sich stimmig sein. Wenn einer ein arrogantes A...loch ist, dann darf/soll er sogar sich im Roman auch entsprechend verhalten.


    Was ich hingegen nicht, und zwar sowas von üüüüüüüüberhaupt gar nicht, leiden kann: Klischeehaftes unglaubwürdiges Verhalten, das abgekupfert, schon tausendmal da gewesen, unoriginell und einfach nur platt ist, wie es z.B. sehr häufig in typischer "Chicklit" vorkommt. (Wohlgemerkt: keine Kritik am Genre allgemein oder an Lesern, die das mögen).

  • Nein, sympathisch müssen Romanfiguren nicht sein - aber sie müssen - dem jeweiligen Genre geschuldet - glaubwürdig sein.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Also, ich brauche zumindestesn eine Person, die ich nicht unsymphatisch finde. Ein Buch voller A...löcher mag ich gar nicht. Ich hatte das bis jetzt aber auch erst ein einziges Mal.


    Ansonsten müssen mich die Protagonisten irgendwie mitnehmen und etwas in mir auslösen. Aber einer der halbwegs sympathisch ist sollte eigentlich schon dabei sein, sonst verliere ich schnell die Lust dran. Das hängt aber auch ein wenig von meiner aktuellen Leselust ab, wie geduldig ich da bin.


    @BelleAffaire: Girl on the Train hat mich unglaublich genervt, das war für mich hart an der Grenze. War im letzten Jahr auch eines meiner Jahresflops, was dazu führt, das ich auch den hochgelobten Film dazu nicht sehen werde.

  • Romanfiguren müssen mir sympathisch sein, aber nicht immer sympathisch sein. Ich muss aber schon an irgendeine Figur "emotional andocken" können, das muss dann nicht der liebe nette Nachbar sein, sozusagen, sondern kann auch der egoistische Cop sein, aber wenn ich zu keiner Figur beim lesen eine Bindung aufbauen kann, beeinflusst das meine Meinung von dem Buch in negativer Hinsicht.


    Trotzdem merke ich mir selbst an, dass ich oft Bücher lese, wo man damit rechnen kann, dass jemand drin vorkommt, der sympathisch ist bzw. ich das manchmal erwarte (und bei enttäuschter Erwartung muss ich bei einer Bewertung dann schon darauf achten, dass ich das nicht negativ mit einfließen lasse). Ist aber bei mir auch einfach stimmungsabhängig.

  • Die Romanfiguren sollten schon Symphatisch sein, aber es muss aber auch ein paar Ekelpakete, Intriganten und Bösewichte dabeisein. Sie sind die Würze, oder das Salz in der Suppe.


    Es muss eine stimimige Atmosphäre im Roman sein. Proganisten mit denen man indivizieren kann, sich in sie hineinfühlen.

  • Sympathisch müssen mir Figuren in einem Roman nicht sein, aber sie müssen mich auf jeden Fall interessieren.

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    Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten, mäßig entstellt. (Georg Christoph Lichtenberg)

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  • Zitat

    Original von Belle Affaire
    Also sympathisch sein muss die Figur nicht - ich mag es sogar, wenn die Protagonisten bisschen schräg sind, Außenseiter, hinterhältig oder irgendwie bisschen verrückt. Also die müssen ganz und gar nicht so sein wie ich! Ich mochte z.B. "Straight white male" oder "Girl on the train" oder "Cry baby".


    Witzig...die Hauptfigur in "Girl on the train" fand ich zwar sehr grenzwertig und nicht unbedingt direkt sympathisch, aber auch nicht unsympathisch. Die konnte ich irgendwie sogar verstehen. :lache


    Bei mir müssen die Figuren auch nicht unbedingt sympathisch sein. Die Hauptfigure in Eggers "Der Circle" fand ich nicht unbedingt sympathisch und das Buch mochte ich dennoch sehr. Allerdings - bei den Büchern, die mir ans Herz gewachsen sind und die mir wirklich was bedeuten, sind mir die Figuren sympathisch. Ich mag es schon, wenn mich ein Buch einfach auch emotional berührt und das tut es meistens, wenn ich mich in die Figuren reinfühlen kann bzw. wenn sie einfach mein Innerstes auf positive Art berühren. Aber ich habe schon viele Bücher gelesen, die ich an sich gut fand, obwohl ich die Figur nicht so gut fand.


    Hm...ich überlege jedoch schon, welches Buch mir richtig gefiel, obwohl ich die Figur nicht mochte. :gruebel

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


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  • Es gibt eine Grundregel fürs belletristische Schreiben: Der Protagonist sollte zwei herausragende gute Eigenschaften haben und eine schlechte, der Antagonist umgekehrt. Jemand, der zwei herausragende gute Eigenschaften hat, ist irgendwie ganz automatisch sympathisch. Oder langweilig. ;-)


    Ich glaube aber nicht, dass sich viele Autoren an diese Regel halten.


    Negative Hauptfiguren sind problematisch, vor allem aber sind sie irre schwer an Verlage zu verkaufen, weil man mit einer negativen Hauptfigur quasi automatisch siebzig Prozent der Kernkäuferschaft vergrault, nämlich Frauen über dreißig. Ein solches Buch muss also umso besser sein, um vom Rest das Maximum zu erreichen. Das machen nicht viele Lektoren oder Programmleiter mit, dieses Risiko. Nette oder netter werdende Hauptfiguren sind leichter zu verkaufen, geschmeidiger zu verfilmen und überhaupt wesentlich mehr das, was die Leute angeblich wollen.


    Ich bin da allgemein und konkret anderer Meinung (ich mag negative Hauptfiguren sehr gerne, als Leser und als Autor), und mein aktueller Roman hat eine negative Hauptfigur. Es war übrigens nicht eben leicht, das durchzusetzen, und auf dem Weg zum fertigen Buch hat es das eine ums andere Mal den Versuch gegeben, die Hauptfigur deutlich positiver aufzustellen. Ich habe mich allerdings überwiegend durchgesetzt. ;-)

  • Zitat

    Tom "... weil man mit einer negativen Hauptfigur quasi automatisch siebzig Prozent der Kernkäuferschaft vergrault, nämlich Frauen über dreißig."


    Möglicherweise haben die meisten Frauen über dreißig so schlechte Erfahrungen mit ihren Beziehungen gemacht, dass sie wenigstens im Buch eine positive Hauptfigur erleben möchten.

  • Zitat

    Tom : Oder sie haben alle ungute Erfahrungen mit Alienentführungen gemacht. Ist doch egal, woran es liegt - das ist pure Statistik und keine Genderpropaganda (oder das Gegenteil davon).


    Gegen deine Alien-Theorie spricht die Statistik. Die Anzahl der Frauen über dreißig mit Alien-Erfahrung liegt im Promille-Bereich (Es sei denn, sie verschweigen uns was). Davon abgesehen, würde ich schon gerne wissen, woran das liegt, denn dann könnte man sich darauf einstellen, indem man exakt dieses Motiv (oder Motivbündel) als Kernthema auswählt. Und schon hätte man was "Shade-of-Grey-Mäßiges".

  • Die Hauptfigur muss nicht sympathisch sein (so würde ich beispielsweise Scarlett O'Hara nicht unbedingt als "sympathisch" einstufen), aber glaubwürdig.
    Eine total unsympathische allerdings hat es bei mir schwerer, wenn es nicht zur Story passt.

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)