Titel der amerikanischen Originalausgabe "Rolling Blackouts: Dispatches from Turkey, Syria and Iraq"
Zum Buch und meine Meinung
Die Cartoonistin Sarah Glidden begleitet ihre beiden Freunde Sarah Stuteville und Alex Stonehill, beide Reporter Non-Profit-Journalisten auf eine zweimonatige Reise in die Türkei, den Irak und Syrien und beobachtet sie dabei, wie sie Geschichten über die Auswirkungen des Irak-Krieges auf Kriegsflüchtlinge zu erforschen. Begleitet werden sie von Dan O'Brien, einem Feund aus Kindertagen Sarah Stutevilles, der 2007 für sechs Monate in Ramadi, Irak stationiert war. Die Reise führt von Istanbul mit dem Trans-Asia-Express nach Van (Türkei), von dort nach Sulaimania (Irak/Kurdistan) und Damaskus.
Die Autorin nimmt anders als in "Israel verstehen - in 60 Tagen oder weniger" eher eine beobachtende Rolle ein, während Sarah Stuteville hauptsächlich die Interviews führt. Die Autorin gibt in ihrer Graphic Novel einige der Geschichten wieder, die Interviewpartner, wie iranische Blogger, der Flüchtlingsverwalter der Vereinten Nationen, ein Taxifahrer, ein aus den USA ausgewiesene irakische Flüchtling, die Iraker, die in Syrien Zuflucht suchen erzählen. Eine ausgleichende Rolle nimmt Dan ein, der ebenfalls von Sarah interviewt wird. Der Ex-Marine war eigentlich gegen den Irak-Krieg, hat sich aber freiwillig für einen Einsatz im Irak gemeldet, weil er es wichtig fand, dort zu helfen. Er ist auch heute noch überzeugt von seinem Einsatz. Sarah Stuteville beisst sich die Zähne daran aus, ihn dazu zu bringen, die Geschichte zu erzählen, die sie gerne hören würde.
Die Reise fand 2010 vor dem arabischen Frühling statt und die Autorin wurde sozusagen vor der Fertigststellung des Buches von der Geschichte überholt. Das Damaskus, das sie hier zeichnet, steht ja schon lange nicht mehr. Erstaunt war ich über die Anzahl der irakischen Flüchtlinge, die Syrien seit Beginn des Irak-Krieges aufgenommen hatte. Die irakischen Flüchtlinge sagen immer wieder, dass sie sich in Syrien zwar perspektivenlos, aber immerhin sicher vor dem Terror im eigenen Land fühlen. Und nun gibt es diese Sicherheit noch nicht mal mehr.
Parall zu den Geschichten der Flüchtlinge erzählt die Autorin auch auf einer Art Metaebene, wie guter Journalismus gemacht werden sollte. Sarah Stuteville fungiert hier als Mentorin für die Autorin, die neu im Journalismus ist. Man bekommt mit, wie einzelne Puzzleteilchen zu einer Geschichte werden, aber auch die diversen Hürden, die die Reporter überwinden müssen. Letztendlich geht es auch um die Frage, was Journalismus ist und wofür er betrieben wird.
Die Zeichnungen sind wie auch im ersten Buch der Autorin in zarten Farben aquarelliert. Eine Seite besteht fast immer aus neun gleich großen Panels, und das Buch lässt sich sehr angenehm lesen. Ich hab auch schon chaotischere Graphic Novels gelesen, bei denen ich suchen musste, wo es weitergeht. Die Autorin schreibt, wie auch schon in ihrem Israel-Buch mit viel Wärme, Humor und Selbstironie. Gut gefallen haben mir die verschiedenen Ebenen, also einmal die einzelnen Geschichten der irakischen Flüchtlinge, die dazu beiträgt, die Flüchtlingskrise besser zu verstehen, aber parallel dazu auch die Beschreibung, wie daraus eine runde Geschichte wird, und auch die Darstellung der inneren Konflikte und Schwierigkeiten der Reporter.
Ich gebe 9 von 10 Eulenpunkten.
Über die Autorin
Sarah Glidden, geboren 1980 in Boston, studierte Malerei und gewann 2008 den Ignatz-Award in der Kategorie “Vielversprechendes neues Talent”. Ihr erstes Buch, “Israel verstehen in 60 Tagen oder weniger” (Panini), erschien 2011 und wurde auch hierzulande von der Presse hochgelobt. "Rolling Blackouts" ist ihr zweites Buch.
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