Ein französisches Frühstück in Frankfurt/M. mit Benjamin Monferat (Buchmesse 2016)

  • Vorbemerkung
    Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das hier die richtige Rubrik ist; falls nicht, bitte ggf. verschieben. Danke.




    Es ist lange her, daß ich zuletzt auf einer Buchmesse gewesen bin, irgendwie hat es seit Jahren nicht mehr geklappt. Mal war es Krankheit, mal eine anderweitige zeitliche Verpflichtung, mal familiäre Gründe oder auch ein Umzug. Und wozu braucht man in Zeiten des Internet noch einen Messebesuch, sind doch (fast) alle Informationen einfach auf den heimischen Bildschirm zu bekommen? Aber dieses Jahr sollte es denn sein. „Der Turm der Welt“ lautete der Titel des Buches von Benjamin Monferat, welches lesemäßig gesehen bisher mein Jahreshighlight 2016 ist - und ich sehe nicht, daß ein anderes Buch ihm diesen Rang in den restlichen Wochen noch streitig machen könnte. Als mir dann vom Rowohlt (Wunderlich) Verlag eine Einladung zu einem „Französischen Frühstück mit Benjamin Monferat“ zuflatterte, stand fest: dieses Jahr muß ein Besuch sein. Auch wenn es an einem Publikumstag ist. Ob ich auch gefahren wäre, hätte ich gewußt, welche ungeheuren Menschenmassen sich an diesem Tag durch die Hallen wälzen würden - darüber möchte ich lieber nicht nachdenken.


    Also hieß es an einem Samstag früh aufstehen, um den Zug um 7.09 Uhr zu erreichen, Umstieg in und Abfahrt aus Fulda auch noch pünktlich. Da kamen dann erste Zweifel auf. Anscheinend wollten so ziemlich alle Fahrgäste im Zug dahin, wohin meine Tochter und ich auch wollten - zur Buchmesse. Je näher Frankfurt kam, so größer wurde die Gewißheit: das wird voll in den Hallen. Zumal dann am Frankfurter Hauptbahnhof ein schier endloser Zug (!) sich zur S-Bahn begab - Richtung Messe. Aber dann wurde es nicht so schlimm wie befürchtet. Die Schlange an der Garderobe war erträglich kurz (da muß man im Theater oft länger warten), die dieses Jahr obligatorische Taschenkontrolle ging auch problemlos vonstatten und die Schlange an den Kassen interessierte uns nicht, wir hatten unsere Eintrittskarten schon.


    Auf denn ins Gewühl.


    Und ein Gewühl war es in der Tat. Zum Glück war der Termin bei Rowohlt/Wunderlich gleich um 11 Uhr, da war ich noch einigermaßen fit und aufnahmefähig. Als wir wenige Minuten vor elf dann am Stand eintrafen, waren einige schon da, der Tisch reich gedeckt und alle bester Laune. Nach einigen einleitenden Worten einer Verlagsmitarbeiterin übernahm Benjamin Monferat die „Leitung“, begrüßte alle und freute sich über bekannte wie unbekannte Gesichter. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde begann er über das Buch „Der Turm der Welt“ zu erzählen. Natürlich erst nach dem Genuß der Croissants und der zum Anlaß passenden Eiffeltürme. Letztere hatten Benjamin Monferat und seine Frau selbst gebacken von zuhause mitgebracht und, wie er schmunzelnd erzählte, über 400 km in der Bahn 2. Klasse wohlbehalten nach Frankfurt bis auf den Messestand transportiert. Auch der Autor und seine Gattin hatten also weder Zeit noch Kosten noch Mühen gescheut, die Eingeladenen zu verwöhnen. ;-)


    Er begann mit dem, was vermutlich alle Anwesenden wußten, nämlich daß Benjamin Monferat ein Pseudonym und sein eigentlicher Name Stephan Rother ist. Damit die Erzählung etwas anschaulicher wurde, hatte er einige, manchen vielleicht von seiner Facebook-Seite her bekannte, puppenartige Figuren mitgebracht, so daß aus dem zwei- ein dreidimensionaler Vortrag wurde. Kurzweilig, wie man ihn aus Leserunden oder seinen Youtube-Filmen her kennt, plauderte er über das Buch, manche der Verwicklungen darin oder über die Veränderungen, die die eine oder andere Figur während des Schreibens erfahren hatte. Da nicht alle Teilnehmer das Buch schon gelesen hatten, mußte natürlich darauf geachtet werden, wichtige Vorkommnisse nicht zu spoilern - eine Vorgabe, die Monferat alias Rother glänzend meisterte, indem er zum Beispiel bisweilen mehrere Möglichkeiten ansprach und offen ließ, welche denn nun die zutreffende ist. Hätte ich das Buch nicht schon gelesen - spätestens jetzt würde ich es umgehend lesen wollen.


    Viel zu schnell verging die Zeit und es hieß, sich wieder zu verabschieden. Rowohlt/Wunderlich hatte jedoch für jeden Teilnehmer eine Tüte vorbereitet, in der unter anderem ein Exemplar vom „Turm der Welt“ enthalten war. Keine Frage, daß der Tisch abgeräumt und der Autor zum Signieren gebeten wurde, was er auch mit inzwischen schon gewohnter launischer Fröhlichkeit tat. Solchermaßen beschenkt und gestärkt konnte dann der Weg durch die Hallen fortgesetzt werden.


    Wenn ich überlege, wann ich zuletzt solche Menschenmassen, wie sie sich durch die Gänge drückten, gesehen habe, liegt dies so weit zurück, daß ich mich nicht daran entsinnen kann. Die Vorsätze, was bzw. welche Stände ich mir alle in Ruhe ansehen wollte, schmolzen wie Eis in der Sonne. Bald schmerzten die Beine (was immerhin ein Anzeichen für deren Vorhandensein und Funktionsfähigkeit war), der Kreislauf kündigte immer öfter mal eine Ruhepause an, die Aufnahmefähigkeit schwand zusehends. Aber irgendwie ging die Zeit doch herum, wurden einige interessante Bücher entdeckt und sogar in das eine oder andere kurz hineingelesen.


    Schließlich war es 15 Uhr, so daß ich mich am Stand des Katholischen Medienverbandes einfand, wo zu dieser Zeit die evangelische Autorin Stephanie Rapp ihr neues Buch „Als der Himmel zerriss“, erschienen bei SCM-Hänssler, vorstellte. Das Buch war mir zwar schon aufgefallen, aber so recht wußte ich nicht, ob es mich interessieren würde. Nun, zur Zielgruppe gehöre ich nicht, wie ich aus den Äußerungen der Autorin erfuhr, aber da Männer nach landläufiger Meinung ja ohnehin keine Romane lesen, hat mich das nicht weiter irritiert. Jedenfalls könnte der Konflikt zwischen katholischen und protestantischen Ideen, wie er im Buch, dessen Handlung in Irland um 1845 angesiedelt ist, thematisiert wird, durchaus lesenswert sein - wieder ein Buch mehr auf der Liste. Übrigens fand ich es auch in Bezug auf die Ökumene eine gute Sache, daß ein evangelisches Buch auf einem katholischen Stand vorgestellt wurde.


    Ein rundes Ende nahm der Messetag dann am Stand von Gerth-Medien, wo ich eine meiner Lieblingsautorinnen, nämlich Elisabeth Büchle, traf. Da wir beide schon einen recht anstrengenden Tag hinter uns hatten (von mir weiß ich das, von Frau Büchle nehme ich das einfach an), haben wir uns einige Minuten sehr angenehm, freundlich und interessant unterhalten und uns dann voneinander verabschiedet. Somit habe ich an einem Tag zwei Autoren, von denen ich alle Bücher besitze und (fast) alle gelesen habe, persönlich getroffen - die Anstrengung hat sich mehr als gelohnt.


    Alles Vorgenommene erfolgreich erledigt, blieb nur noch die Rückfahrt. Nun konnte eigentlich nichts mehr passieren.


    Dachte ich.


    Es begann damit, daß der Zug in Frankfurt/Hbf. mit Verspätung auf die Reise ging. In Steinau kam die Durchsage, daß wir wegen betrieblicher Gründe und eines zu langsam vorausfahrenden Zuges elf Minuten Verspätung hätten. Kein Problem, in Fulda sind es rund dreißig Minuten Aufenthalt. In der nächsten Station Schlüchtern dann die Durchsage, daß wir wegen eines „Funktionsfehlers im Triebfahrzeug wenige Minuten weitere Verspätung“ erhalten würden. Auf gut Deutsch: der Zug ist liegen geblieben. Ich hatte schon die Nachrichtenmeldung im Kopf, daß soundsoviele Reisende stundenlang warten mußten, bis eine Ersatzlok aufgetrieben war, die den Zug nach Fulda ziehen würde. Irgendwann fuhr der Zug dann doch an - um sofort wieder durch Vollbremsung zum Stillstand zu kommen. Die Uhr kroch weiter, die Übergangszeit in Fulda wurde immer kürzer. Endlich ging ein Ruck durch den Zug, und er fuhr an - und auch weiter, um es dann tatsächlich bis Fulda zu schaffen, wo von den dreißig Minuten noch knapp sieben zum Umsteigen übrig waren. Der Anschluß wurde dann auch erreicht - von einem Großteil der Mitreisenden aus dem Frankfurter Regionalexpreß ebenfalls. So war der Zug Richtung Kassel, der bis dahin fast leer auf sein Abfahrtssignal wartete, denn doch recht voll, als es für ihn freie Fahrt hieß. Entgegen meiner Erwartung trafen wir pünktlich um 19.47 Uhr wieder in Bad Hersfeld ein.


    Mission erfüllt - aber ob ich mich nochmals an einem Buchmessesamstag ins Gewühl stürzen werde, ist mehr als fraglich.
    Es sei denn, Benjamin Monferat lädt aus Anlaß seines nächsten Buches wieder zu einem Frühstück.



    Edit hat die Bilder ergänzt
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  • Als der Himmel zerriss - Stephanie Rapp


    Hier das von mir im Text erwähnte Buch.


    Irland 1845: Der Konflikt zwischen Protestanten, Katholiken und Methodisten eskaliert und das Land
    stöhnt unter der großen Hungersnot. Die großen Ideen der Reformation scheinen vergessen in Zeiten
    des Krieges und des Hasses. Auch die Grundbesitzerin Emily gerät zwischen die Fronten, denn sie
    liebt einen Mann, den sie nicht lieben darf.
    Als Emily ihr Erbe verliert, muss sie Irland verlassen. In Van Diemen's Land (heute Tasmanien) kommt
    sie einem Familiengeheimnis auf die Spur und entdeckt, dass Liebe alle Mauern überwinden kann, die
    die Menschen errichtet haben.
    Eine historische Liebesgeschichte zwischen Julie Klassen und Downton Abbey.
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    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")