Ein Tag, ein Jahr, ein Leben - Viola Alvarez

  • Über das Buch:
    "Die frühere Kunsthändlerin Melusine von Grenwald lebt schon seit vielen Jahren in einem exklusiven Altenheim. Anlässlich ihres 102. Geburtstages blickt sie auf den langen, vielfach die Richtung ändernden, Fluss ihres Leben zurück: Ein Tag, ein Jahr, ein Leben ... Ein Leben im Rückblick
    In der einfühlsamen Pflegekraft Monika findet Melusine eine gute und aufmerksame Zuhörerin. Und was sie ihr berichtet, ist alles andere als gewöhnlich. Vor mehr als sieben Jahrzehnten lernte die noch junge Melusine einen Mann kennen, der zur Liebe ihres Lebens werden sollte: Wilhelm Bellwitz, genannt Krempe, eine schillernde Persönlichkeit - und der Boss der Berliner Unterwelt ...
    Eine Wahrheit, die nicht mehr loslässt Vielleicht ist es gerade die Verschiedenheit ihrer Charaktere, die Melusine und „Krempe“ intensiver aneinander bindet, als die meisten anderen Paare. Doch das Glück endet jäh: Wilhelm Bellwitz fällt einem brutalen Verbrechen zum Opfer. Mehr und mehr erfährt Pflegerin Monika von der Geschichte einer großen Liebe und eines grausamen Verlustes. Und sie erkennt eine verhängnisvolle Wahrheit, die sie nicht mehr loslässt ...
    Versinken Sie mit Viola Alvarez’ Roman in der bewegenden Geschichte einer Liebe über den Tod hinaus. Denn ein Herz vergisst nie."


    Meine Meinung:
    Während der Feier anlässlich ihres 102. Geburtstages, zieht Melusine von Grenwald sich entnervt zurück und lässt ihr langes Leben Revue passieren.
    Sie erzählt über ihre Liebe zu zwei Männern, die durch ihre Erlebnisse im großen Krieg miteinander verbunden sind.
    Sie lässt den Leser teilhaben an ihrer Geschichte, bei der es auch um ihren Job als Kunsthändlerin, ihrer Verbindung zu Schauspielern, und nicht zuletzt um den Aufstieg der Nazis geht.
    Dass das Schicksal keine Demokratie ist, lernt sie auf die harte Tour, aber sie hält es aus, weil sie zu denen gehört, die aushalten können.
    Und die Frage, ob sie für jemanden über Leichen geht, kann sie letztlich dann doch beantworten.


    Viola Alvarez erzählt erneut eine ergreifende Geschichte, bei der sich nach und nach ein Gesamtbild entwickelt.
    Ist man am Ende des Romans angekommen, möchte man sogleich wieder von vorn beginnen und die Geschichte nochmals mit den gesamten Erkenntnissen erleben.
    Wieder erzählt die Autorin humorvoll, völlig unaufgeregt, dafür umso tiefgründiger und fern von jeglichem Kitsch. Sie versteht es, den Leser in schlichten Sätzen aufzurütteln.


    Eine wunderbarer Roman!


    Viele Grüße
    Kalypso

  • Nachdem nach wie vor ich die Frage nach meinem Lieblingsbuch damit beantworte, da müsste ich einen Bücherkanon schreiben weil es so viele unterschiedliche Stimmungen gibt und ich es da mit Jean Perdu aus dem Lavendelzimmer von Nina George halte, jedes Buch findet seinen Leser zur Heilung der Seele, so ist doch Viola Alvarez Neuerzählung der Nibelungensaga Die Nebel des Morgens eines meiner Highlights aus diesem Jahrtausend. Nach der Niederlage der abgebrochenen bronzezeit Trilogie habe ich lange nichts von ihr gelesen. Jetzt kam mir dieses Buch als eBook unter. Und es ist wirklich gut, leider weit weg von ihrer großen Zeit, aber immer noch sehr gut. Der Roman noir, wie sie ihn selbst im Nachwort nennt beschreibt aus dem Leben einer 102 jährigen Frau eigentlich nur einen Zeitabschnitt zu Beginn der dreißiger Jahre, als das Fräulein von, Baronness von Grenwald, verwoben noch in eine Zeit, die durch den großen Krieg eigentlich beendet war. Die Zeit als der große Krieg noch keine Nummer 1 trug. Die Zeit als Berlin noch vor Leben kochte, die braune Soße aber schon anfing aufzukochen. Melusine von Grenwald verkauft Kunst, wird Partnerin in einer Galerie mit einem Juden, der dann dreißig flieht. Sie verliebt sich in Krempe, einen Boss der Halbwelt und das auf eine wilde, begehrende Art und gleichzeitig in Arek, einen Polizisten mit polnischem Hintergrund, auf eine sanfte, erfüllende Art. Beide Liebhaber sind durch die Erlebnisse im Krieg untrennbar verbunden und nun durch Melusine wieder vereint. Es wird in kurzen, prägnanten Sätzen diese damals eigentlich undenkbare Geschichte einer multiamorösen Frau erzählt. Keine Ménage a trois, sondern eine Frau, eine starke Frau, die im Laufe des Geschehens aus Melusine wird nicht zwischen zwei Männern, sondern mit zwei Männern. Durch das Ränkespiel eines Karrieristen verliert sie beide. Doch obwohl sie noch sehr lange lebt bleiben die Beiden stets Teil ihres Lebens, das ihr aber als recht belanglos erscheint, nachdem sie erlebt hat, was da beschrieben wird. Melusine von Grenwald ist eine Frau mit so vielen Facetten, da ist die kleine Pflegerin Monika im heutigen Heim, Klein- Harald oder der Lagerist der Galerie, alles das man selber lesen sollte, weil see Facettenreichtum den Rahmen einer Rezension sprengt, aber auf alle Fälle ein Buch dem man viele, viele Leser wünscht.