Zurzeit nehme ich gerade an der Leserunde zu Hermann Kants „Die Aula“ teil. Es geht dabei um eine Festrede zur Feierstunde aus Anlaß der Schließung der ABF (Arbeiter- und Bauernfakultät).
LR "Die Aula" von Hermann Kant, Start am 02.10.2016
Und natürlich kommt einem bei dieser Thematik auch der 3. Oktober in den Sinn, der Feiertag zur Deutschen Einheit.
Genau hier habe ich mir die Frage gestellt, ist dieser Feiertag berechtigt, macht er Sinn und ist die Wiedervereinigung wirklich ein Grund zum Feiern?
1989 zeigten die Menschen in der DDR ihrer Staatsführung die Gelbe Karte und kurz darauf auch die Rote Karte. Es war eine Revolution ohne Schüsse und ohne Tote.
Aber diese Revolution forderte trotzdem ihre Opfer – und das waren nicht wenige. Die Opfer waren die Menschen, die diese Umwälzung, diese Revolution initiiert und durchgeführt hatten.
Auch hier trifft der Spruch „Die Revolution entlässt ihre Kinder“ sehr genau zu.
Manchmal gibt es Gelegenheiten und Chancen die einmalig sind, wo es eben keinen zweiten Versuch gibt. Die Menschen in der damaligen DDR hatten die Chance etwas Neues zu machen, ein Staatswesen zu schaffen, das wirklich demokratisch gewesen wäre und das nicht nach dem Dikat der Banken und der Wirtschaft hätte handeln müssen.
Diese Chance wurde vertan. Leichtfertig vertan.
Denn statt echter Demokratie übernahmen sofort Banken und andere Wirtschaftsunternehmen das Kommando und saugten die DDR nach Vampirart aus.
Man schaue einfach nur mal in den Einigungsvertrag; ein Horrorwerk, das nicht einmal Stephen King sich so ausdenken konnte.
Und was ist mit den „Müttern und Vätern“ dieser Revolution passiert? Man scheuchte sie ganz schnell vom Acker, störten sie doch beim fröhlichen und dekadenten Konsumieren.
So konnte es passieren, dass der Meister des Opportunismus Joachim Gauck, dieser eitle und selbstverliebte Schwätzer, nach oben gespült wurde. Ein Mensch der nichts zu dieser Revolution beigetragen hat, aber nun immer weiter an seiner verlogenen Legende webt. Und dann war da noch die FDJ-Trulla Merkel, die seinerzeit am Gartentor von Robert Havemann Wache stand und damit zu dessen Isolation beitrug; dort standen übrigens nicht irgendwelche FDJ-Mitglieder, sondern wichtige Funktionsträger dieses faschistischen Kampfverbandes.
Und diese Leute feiern wir heute! Wir lassen uns vollsülzen von ihrem Geschwätz.
Es war damals eine unglaublich spannende Zeit. Man wurde Zeitzeuge von umwälzenden zeitgeschichtlichen Ereignissen. Ich war seinerzeit noch Mitglied der SPD, einer Zeit, als die SPD noch etwas mit Sozialdemokratie zu tun hatte. Wir versprachen uns viel von diesen Umwälzungen, hofften auf eine wirklich „andere“ Gesellschaft. Ob es auch geklappt hätte? Keine Ahnung! Aber etwas nicht ausprobieren ist viel schlimmer als zu scheitern.
Aber ALDI hatte wohl mehr Anziehungskraft als die Möglichkeit ein wirklich demokratisches Staatswesen zu schaffen.
Und darum frage ich mich: Ist der heutige Tag wirklich ein Tag zum Feiern? Oder sollte man lieber den verpassten Chancen nachtrauern?
Die DDR hätte wirklich Vorbild für eine gerechte und wirklich demokratische Gesellschaft werden können..........