Heike Brandt muß man sicher nicht mit vielen Worten vorstellen. Seit 1990 schreibt sie Kinder - und Jugendbücher, seit 1986 schon übersetzt sie, meist aus dem Amerikanischen, bespricht und empfiehlt sie sie. Ihre eigenen Bücher stehen immer wieder auf den Auswahllisten zum Deutschen Jugendliteraturpreis, für ihre Übersetzungen hat sie schon verschiedene Preise bekommen.
Katzensprünge, zum erstenmal 1995 erschienen, beginnt brutal. Eine Katze wird getötet durch einen erzwungenen Sprung aus dem Dachgeschoß eines hohen Mietshauses. Das Mietshaus steht in Berlin. Dorthin hat es Dirk verschlagen, zusammen mit seiner Mutter, die sich gerade von seinem Vater getrennt hat. Dirk ist 11, in einer ruhigen Kleinstadt aufgewachsen und er hat mit der Trennung seiner Eltern, dem Umzug und dieser Stadt überhaupt nichts am Hut!
Alles würde neu und fremd und anders sein, hatte er befürchtet. Und genauso war's dann auch.
Die Sprache, die neue Lebensweise - seine Mutter sucht Arbeit und er muß sich mittags sein Essen selber kochen - das Alleinsein, die lauten, hektischen Straßen, die Schule. Ganz schlimm für ihn sind zunächst die anderen Kinder. Die in der Nachbarswohnung haben schwarze Haut, obwohl sie fließend Berliner Dialekt sprechen, man bedenke! Murat, sein Banknachbar, ist Türke. Und Deutscher. Wie soll man das kapieren?
Markus, der auch in Dirks Haus wohnt, ist am ehesten so, wie Dirk es gewöhnt ist. Er kann auch mit einem Fußball umgehen. Bloß: Markus ist auch derjenige, der die Katze umgebracht hat. Und er hat ziemlich bösartige Freunde.
Lösungen lassen sich aber durchaus finden, man muß allerdings Sprünge machen. Über die Gewohnheiten hinweg, die Vorurteile, den eigenen Schatten. Und zwar ganz gleich, wie groß die Angst ist. Nicht alle Sprünge nämlich müssen tödlich enden, wenn man zuerst nachdenkt und dann handelt. Das lernt Dirk, ebenso wie seine Mutter. Man steht nicht unbedingt allein, es gibt Nachbarn, es gibt einfach Notgemeinschaften. Manchmal gibt es sogar Freunde. Man muß nur hinsehen und sich kümmern.
Das alles ist sehr schön erzählt, sehr flüssig und überzeugend. Die Gespräche zwischen den Kindern haben genau den richtigen Ton, um sie 'echt' klingen zu lassen. Geradezu berückend sind die Dachspaziergänge, die noch dazu auf raffinierte Weise Markus charakterisieren. Auch die Erwachsenen, seien es Eltern, LehrerInnen oder die Pennerin auf der Bank, gewinnen durch nur wenige Sätze Lebendigkeit.
Hin und wieder streift die Gesamtdarstellung am Pädagogisch-Didaktischen, aber das ist bei der Autorin wohl berufsbedingt. Das Thema bringt es aber auch mit sich. Schließlich handelt es sich um etwas, das Menschen nicht angeboren ist, sondern tatsächlich recht mühsam erlernt werden muß: das Wissen, daß man sich umeinander kümmern muß.
Ab 11-12