Eine steile Karriere - Teil 5

  • Teil 5 – In dem keine nackten Königinnen mehr vorkommen, ein Kammerjunker für Irritationen sorgt, aber damit ziemlich weit nach oben kommt und endlich der dritte Schlüssel eine Rolle spielt.


    Der ehemalige Narr und jetzige Kammerjunker lief dem Hofnarren nach. Sie eilten durch zig Flure, Zimmer und Hallen und gelangten ganz außer Atem bei der Tür zum Thronsaal an. Hinter der Tür hörte man die aufgebrachte Menge rufen und dazwischen ein paar halbherzige Versuche des Königs etwas Ruhe hineinzubringen. Der Narr drehte sich schwer atmend zu dem Kammerjunker um, der ebenfalls noch um Luft rang. „Geht nur schnell hinein, der König braucht Eure Hilfe.“, keuchte der Narr und stieß die Tür auf.


    Als die Tür zum Thronsaal aufging und der König hinüber zu seinem eintretenden ehemaligen Narren sah, hefteten sich nach und nach alle Blicke auf den Neuankömmling. Selbst die verschnürten Hühner und Katzen reckten neugierig ihre Hälse. Der Kammerjunker wunderte sich schon etwas über die plötzliche Ruhe im Saal. Alle schienen ihn anzustarren, Einige sogar mit offenem Mund. Sogar der König selbst brachte seine Lippen nicht mehr zusammen, so als ob er gerade etwas sagen wollte und mitten im Satz erstarrt wäre.
    Der Kammerjunker lächelte freundlich in die Runde und begann die Stufen zum Thron emporzusteigen, als ihm auf einmal ein eiskalter Schauer den Rücken hinunterlief. Seine Gesichtszüge erstarrten. Ihm wurde mit einem Schlag klar, warum ihn die Leute so angafften. Er trug das neue rosafarbene Rüschchenhöschen der Königin über seinen Strumpfhosen, in all der Eile hatte er zur falschen Hose gegriffen.


    Er fasste sich und stand nun neben dem König. „Ihr solltet Euren Mund wieder schließen, Eure Majestät. Ihr seht für den Mob sonst recht debil aus.“, raunte der Kammerjunker dem König zu. Der presste sofort die Lippen aufeinander und blickte wieder auf die Menge hinunter. „Lasst mich das übernehmen, Hoheit.“, flüsterte der ehemalige Narr dem König ins Ohr, wandte dabei seinen Kopf dem immer noch überraschten Mob zu und lächelte.


    Er begab sich zwei Stufen hinunter auf die Menge zu, straffte und räusperte sich, um sich seine Worte zurechtzulegen. „Liebe Bauern, liebe Minenkinder, Mitbürger, geliebtes Volk…“, tönte seine Stimme laut und deutlich durch den Thronsaal. „Zurecht seid Ihr erzürnt über den König! Als sein Berater in finanziellen Dingen habe ich ihn davor gewarnt solche fragwürdigen Entscheidungen zu treffen, die nur Ihr, das arme Volk, wieder ausbaden müsst!“
    Die Menge johlte und ließ Sensen, Mistgabeln und erloschene Fackeln über ihren Köpfen tanzen. Überall erhob sich zustimmendes Gemurmel und vereinzelte Zwischenrufe, wie „Hört hört!“ oder auch „So ist es!“, waren zu vernehmen.
    Der Kammerjunker deutete auf den König hinter sich, der mittlerweile wieder mit offenem Mund herumstand und nun tatsächlich leicht debil wirkte. „Seht Ihn Euch an, diese dubiose Gestalt, diesen Abklatsch eines gütigen Monarchen! Wollt Ihr wirklich von so einem geldgierigen Politiker regiert werden, der nur in die eigene Tasche wirtschaftet und die Bedürfnisse seines Volkes mit Füßen tritt?“, steigerte sich der ehemalige Narr nun in seine Rede, deren Ton nun deutlich schärfer wurde.


    Der Mob wurde immer aufgeregter und drängte weiter nach vorne. Der König sah völlig verdutzt zwischen seinem ehemaligen Hofnarren und der Menge hin und her. Die Kinder in den vorderen Reihen spuckten gelben Schleim in Richtung des Königs. Ein erster von hinten geworfener Mistklumpen klatschte gegen den Umhang des Königs und der Kammerjunker trat ein paar Schritte zur Seite, bevor er den wütenden Leuten zurief: „Ergreift den Verbrecher! Nieder mit dem König!“


    Nach einem kurzen Handgemenge war es vorbei. Der König saß gefesselt neben den verschnürten Hühnern und Katzen auf den Stufen seines ehemaligen Throns. Durch den Knebel, den man ihm verpasst hatte, hörte man nur ein undeutliches „Mhmm, Mhhmm“. Der Kammerjunker schien erleichtert und die Menge war nur merklich ruhiger geworden. Der Bauer, der vorhin schon das Wort an den ehemaligen König gerichtet hatte, trat nun auf ihn zu und sprach: „Edler Herr, Ihr habt weise gesprochen und scheint von ehrbarem Naturell zu sein. Wie soll es nun weitergehen mit dem Königreich ohne König?“
    Der Kammerjunker bedeutete dem Bauern sich zu gedulden und wies den Hofnarren an: „Bring mir rasch mein Wams aus meiner Kammer hierher.“ Während der Hofnarr davon eilte, durchsuchte der Kammerjunker den Umhang des ehemaligen Königs. Mit einem triumphierenden Gesichtsausdruck nahm er den rostigen Eisenschlüssel an sich und hängte ihn in den bronzefarbenen Schlüsselring zu den anderen Schlüsseln.
    „Welche Tür wird durch den Eisenschlüssel geöffnet?“, fragte er den beleidigt aussehenden Ex-König.
    Während der Geknebelte ein „Veheemm“ zustande brachte, kommentierte eines der veschnürten Hühner das Ganze mit einem „Booagh“. Der Kammerjunker schaute unwirsch zwischen König und Huhn hin und her.
    „Was hast Du gesagt?“, fragte er noch einmal nach.
    „Ve-he-mmm“, grunzte der ehemalige König, was prompt von einem „Boaagh“ eines Huhns beantwortet wurde.
    „So wird das nichts!“, konstatierte der Kammerjunker und gab den umstehenden Bauern die Anweisung den Knebel des Königs zu entfernen und den Hühnern die Schnäbel zuzubinden. Inzwischen kam der Hofnarr wieder durch die Tür gestolpert, über dem Arm das Wams des Kammerjunkers.


    „Verlies!“, giftete ihn der ehemalige König an. „Der Schlüssel ist für das Verlies.“ Eines der geknebelten Hühner gab ein klägliches „Bggh“ von sich.
    Mit einem kurzen Winken ließ der Kammerjunker dem König wieder den Knebel anlegen und bedankte sich, „Vielen Dank, Ex-Hoheit. Wie passend, daß der letzte Schlüssel zugleich Euer Schicksal besiegelt.“ Er nahm sein Wams entgegen und holte ein zusammengefaltetes Pergament hervor und zeigte es dem Rädelsführer der Bauern.
    „Dies ist die Lösung unserer Probleme.“, sprach er und machte dabei ein zuversichtliches Gesicht. Der Gesichtsausdruck des Bauern hingegen gab zu Erkennen, daß er keine Ahnung hatte, was der Kammerjunker damit meinte. Der befahl zwei der Minenkinder zu sich her und gab ihnen zu verstehen, daß sie das Pergament auffalten und sich damit auf die obersten Stufen des Throns stellen sollten.


    „Hört mir zu. Hört mir zu, ihr Leute!“, mit beschwichtigenden Handbewegungen versammelte der Kammerjunker die Menschenmenge im Thronsaal um sich und ging dabei die Stufen zum Thron empor. Er deutete auf das aufgefaltete Pergament, auf dem viele Punkte und Linien zu sehen waren, die alle steil nach oben zeigten. „Dies…“, und dabei blickte er auf das Schriftstück, „…ist mein Notfallplan gewesen, den ich dem König zur Rettung des Königreichs vorgelegt hatte.“ Sein Blick fiel hinunter auf den Gefangenen und die Köpfe der Menge drehten sich mit.
    „Der Schurke hat mich dafür allerdings zum Kammerjunker degradiert, um ungestört seine eigenen sinistren Pläne durchzusetzen! Aber mit meinem Konzept kann das Königreich gerettet werden, Ihr müsst mir nur vertrauen.“, erläuterte der Kammerjunker und ging dabei wieder die Stufen hinab.


    In hohem Bogen segelte ein Mistklumpen auf den gefangenen ehemaligen König zu, traf ihn an der Stirn und mit einem „Bonk!“ fiel die Krone von seinem Kopf und kullerte direkt vor die Füße des Kammerjunkers. Der blickte zu ihr hinab und dann in die Gesichter der Umstehenden. Plötzlich herrschte große Aufregung und Einige riefen: „Werde Du unser neuer König! Rette uns und das Königreich!“. Der Mob stürmte nach vorne, hob den Kammerjunker hoch und trug ihn jubilierend im Thronsaal umher. „Es lebe der neue König! Heil dem neuen König!“, brüllten alle durcheinander.


    Als sie ihn wieder vor dem Thron absetzten, ließ er sich vom Hofnarren die Krone aufsetzen und schickte die Bauern mit ein paar aufmunternden Worten wieder an die Arbeit, „Geht jetzt Leute und tut Euer Tagwerk. Das Königreich braucht Euch, um wieder zu dem zu werden, was es einmal war.“ Mit zufriedenen Mienen nickten sich die Bauern zu, klopften sich auf die Schultern und verließen den Thronsaal.


    „Und wir beide werden uns nun in den Verliesen nach einem schönen Plätzchen für Euch umschauen.“, sprach der neue König zu seinem gefesselten Vorgänger und nahm ihm dabei den Knebel ab.
    „Euch wird nicht gefallen, was Ihr dort unten vorfinden werdet, Ihr niederträchtiger Emporkömmling.“, entgegnete ihm der Gefangene und lächelte dabei geheimnisvoll.


    Ende von Teil 5 :-)


    © Doc


    edit: elendige Tippfehler und so'n Kram beseitigt

  • Eine Folge besser als die andere... Wirklich spitze... :-]


    Sich zurücklehnend wartet Morgana ebenfalls auf den Fortgang der Geschichte

    "Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig."

    - Ernst Reinhold Hauschka

    Zitat