Titel: Nationalstrasse
OT: Narodni Trida
Autor: Jaroslav Rudis
Übersetzt aus dem Tschechischen von: Eva Profousova
Verlag: Luchterhand
Erschienen: März 2016
Seitenzahl: 159
ISBN-10: 3630874428
ISBN-13: 978-3630874425
Preis: 14.99 EUR
Das sagt der Klappentext:
Vandam war einer von denen, die es losgetreten haben am 17. November 1989, als unten in der Prager Altstadt auf der Nationalstraße die samtene Revolution ins Rollen kam, die einige Wochen später das kommunistische Regime hinwegfegte. Damals war Vandam ein junger Polizist, ein Vorstadt-Held oben in der Plattenbausiedlung des neuen Prag, die dem Wald abgetrotzt mitten in rauer Natur liegt. Dort oben haben sie als kleine Jungs heimlich Krieg gespielt, dort hat Vandam nach seinem Vater gesucht, wenn der wieder einmal angedroht hatte, er würde sich erhängen, bis er am Ende doch übers Balkongeländer sprang. Fünfundzwanzig Jahre später wohnt Vandam immer noch in der Plattenbausiedlung seiner Kindheit. Längst ist er kein Held mehr, sondern ein Verlierer: Wegen Gewaltexzessen aus dem Polizeidienst entfernt, prügelt er sich als einsamer Schläger durch Tage und Nächte und hebt im Fußballstadion regelmäßig die rechte Hand zum Hitlergruß. "Ich bin ein Römer. Kein Nazi. Warum sollte man in Europa nicht mit dem römischen Gruß grüßen dürfen? Ich bin ein Europäer. Ihr etwa nicht? Heil dem Volk! Heil Europa! Neger raus. Zigos raus. Sozialschmarotzer raus. Schwuchteln raus. Böhmen den Tschechen."
Der Autor:
Jaroslav Rudis wurde 1972 geboren. Er schrieb auch die Romane „Grandhotel“ und „ Der Himmel unter Berlin“.
Meine Meinung:
Genaugenommen ist das hier der Monolog eines Schlägers, jemand der meint Fäuste würden Argumente ersetzen und ggf. auch Probleme lösen. Dabei aber ist Vandam ein Loser, der aber offenbar noch nicht begriffen hat, dass er ziemlich weit unten angekommen ist. Aber er ist auch Fatalist, Illusionen macht er sich schon lange nicht mehr.
Jaroslav Rudis benutzt hier Sprache sehr sparsam, wobei das nicht abwertend gemeint – nein, ganz im Gegenteil. Wahrscheinlich kann man diesen Monolog eben auch nur in der Sprache schreiben, der sich der Autor hier bedient.
Es ist auch ein Monolog des Scheiterns und der Perspektivlosigkeit. Selbst den Silberstreif am Hoffnungshorizont mag Vandam nicht zu erkennen. Er findet sich also mit dem ab was ist, versucht nicht es zu ändern – sondern lässt lieber seine Fäuste sprechen.
Ein lesenswerter Roman, der insbesondere durch seine knappe und sparsame Sprache das notwendige Atmosphärische schafft. 6 Eulenpunkte.