Joost de Vries in unserer Republik

  • Der Wein war exzellent! Ich hatte allerdings auch nichts anderes erwartet, bei einem
    Laden der sich "Weinhaus"nennt, und für eine Veranstaltung zum Thema Literatur war er
    geradezu prädestiniert, war der Name des Lokals doch gleichzeitig ein Querverweiß auf
    Borcherts bekanntestes Werk: "Draußen vor der Tür"!
    Heute stehen da die Raucher! Hätte Borchers das nur geahnt!
    Es war allerdings einer jener Abende wo man das Rauchen in der Outlaw-Gesellschaft
    der Gleichsüchtigen zwar durchaus genoss und es dennoch nicht abwarten konnte wieder
    in den Kreis der drinnen sich austauschenden Kollegen, Bekannten, Freunden,
    Mitarbeitern des Verlages (Heyne - also irgendwo zwischen Freunden, Kollegen und
    Bekannten und gleichzeitig alles zusammen) zurückzukehren.
    Heyne - der coole Cousin aus dem Hause Random House - hatte geladen, den Autor Joost
    de Vries kennenzulernen und sein Buch "Die Republik" - sofern noch nicht im eigenen
    Besitz - nach diesem Zusammensein mitzunehmen und die Lektüre hoffentlich zu
    genießen.
    (Cousin deswegen, weil der coolste Verwandte den ich habe mein Cousin ist - ebenso gut
    hätte es ein Onkel, eine Tante oder sonstwas sein können - also fühlt euch frei den Cousin
    durch einen Verwandten eurer Wahl zu ersetzen. Wenn ihr keine coolen verwandten habt -
    denkt einfach an Charles Bronson. Vor 1974)
    "Vrij Nederland" - was immer das ist - vergleicht de Vries mit Mulisch (keine Ahnung,
    hab ich nie gelesen) Bob Dylan (kenne ich, der singt zu schrecklicher
    Klampfenbegleitung Lieder. Hab vergessen de Vries zu fragen ob er das auch macht!) und
    Tarantino. (de Vries dreht meines Wissens nach keine Filme und schreibt keine
    Drehbücher - ich denke das hätte er erwähnt. Das Thema Filme wurde an dem Abend
    kurz (Heyne) aber penetrant (dieser schreckliche Buchhändler vom Arschende Hannovers)
    gestreift.)
    Ich habe einige Autoren kennenlernen dürfen/müssen, immer nachdem ich ihre Bücher
    gelesen hatte - was der Grund für den Besuch der Lesung usw gewesen war oder ich hatte
    Büchertische für jene organisiert die ich niemals lesen würde, selbst wen ich dafür
    bezahlt würde sie zu lesen und nicht nur ihre Bücher zu verkaufen.
    Das war nun das erste mal das ich einen Autoren traf dessen Buch ich noch nicht gelesen
    hatte - 60 Seiten zählen da kaum, auch wenn er mich mit der Erwähnung von Jabba the
    Hutt sofort auf seiner Seite hatte.
    Der Austausch mit dem Urheber eines geschätzten Werkes kann die Lektüre auch im
    nachhinein noch bereichern - umgekehrt geht das allerdings auch!
    Joost de Vries ist einfach ein netter, cooler und gebildeter junger Typ, bei dem man den
    ganzen Abend, wenn man sich mit ihm unterhielt, nie den Eindruck hatte er könne der
    Autor sein, den der Heyne-Verlag hier promotet.
    Der ganze Abend war niemals eine Werbeveranstaltung, auf welcher Buchhändler solange
    mit kostenlosem Wein abgefüllt werden bis sie hunderte von Büchern bestellten - das
    Buch ist bereits ausgeliefert, das hätte also eh nicht funktioniert - es war eher eine "Hey,
    wir haben ein tolles Buch und einen fabelhaften Autor - lasst uns das feiern!" -
    Veranstaltung, und Joost de Vries ist einfach ein wirklich witziger und interessanter
    Gesprächspartner - so wie man sich einen Autor wünscht. (Oder jeden andere der etwas
    tut was wir bewundern) Dieses Treffen machte einfach Lust dieses Buch zu lesen, von
    dem man den ganzen Abend lang gehört hatte, Anekdoten zu Stellen die man erst noch zu
    lesen hat wurden erzählt, Insiderwissen zu den Hintergründen einiger Szenen die man
    noch nicht kannte wurde geteilt - es war einer jener Abende die einen
    Literaturenthusiasten in Ekstase geraten lassen konnte - deshalb wohl der Wein. Er macht
    träge, so er denn in großen Mengen genossen, und dämpft den Buchliebhaber
    möglicherweise überkommende emotionale Ausbrüche.
    Ich zumindest hatte keine solchen.
    Ich hatte einen verdammt tollen Abend.!

    Lieber barfuß als ohne Buch! :lesend

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