Benedikt XVI. Letzte Gespräche (mit Peter Seewald)

  • Titel: Benedikt XVI. Letzte Gespräche
    Fragender: Peter Seewald
    Verlag: Droemer
    Erschienen: September 2016
    Seitenzahl: 288
    ISBN-10: 342627695X
    ISBN-13: 978-3426276952
    Preis: 19.99 EUR


    In diesem Buch zieht der im Ruhestand befindliche Papst Benedikt XVI. Bilanz seines Lebens und insbesondere auch Bilanz seines Pontifikats.
    Alle Stationen seines Lebens werden angesprochen: Elternhaus und Kindheit, Krieg, Student, Kaplan, Dozent, Professor und Bischof, Präfekt und natürlich die Zeit als Pontifex.


    Peter Seewald fragt einfühlsam, trotzdem aber eindringlich.
    Und der Papst weicht keiner Frage aus. Seine Antworten wirken offen und ehrlich. Sicher gibt es viele Menschen, gerade auch Christen, die abweichende Ansichten vertreten. Aber der Papst hat immer eine klare Linie vertreten, sich nicht verbogen.


    Und er sieht durchaus die Probleme der Katholischen Kirche und des Christentums insgesamt. Er sträubt sich nicht gegen eine sehr vorsichtige Erneuerung der Katholischen Kirche, erteilt aber radikalen Änderungsbestrebungen eine klare Absage.


    Joseph Ratzinger ist immer einen klaren Weg gegangen: Konservativ, einige würden das vielleicht als reaktionär bezeichnen. Aber er hat nie einen Zweifel an seiner Linie gelassen, ist konsequent geblieben.


    Dieses Buch bringt dem Leser den Papst auch menschlich näher. Immer wieder betont er, das er nichts Besonderes sei, er sei eben auch nur ein ganz normaler Mensch. So hat er stillschweigend den Handkuss abgeschafft und auch die Anrede „Hochwürden“ hält er für unsinnig.
    Die große Stärke dieses Papstes lag darin, zuhören zu können. Er ist an den Menschen interessiert, biedert sich aber nirgends an. Manchmal wirkt er distanziert – das passiert aber aus Selbstschutz.


    Dieser Papst ist menschlich, aber auch ein Bewahrer, kein Mann des ultimativen Aufbruchs. Kein Mann für eine radikale Veränderung innerhalb der Katholischen Kirche. Kein Mann für die Abschaffung des Zölibats und kein Mann, der das gemeinsame Abendmahl zwischen Katholiken und Protestanten genehmigen würde. Aber trotzdem sieht er die Notwendigkeit einer sehr vorsichtigen Modernisierung der Kirche insgesamt.
    Sein Glaube scheint unerschütterlich, sein Gottvertrauen auch.


    Ein interessantes Gespräch, ein interessantes Buch – vielleicht auch für die Religions-Basher. Christen-Fresser, Glaubens-Ignoranten und Blasphemie-Fetischisten. Aber die würden so etwas wohl kaum lesen, suhlen sie sich doch lieber in ihren Vorurteilen.


    7 Eulenpunkte für ein Buch, das interessante Einsichten vermittelt.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von beowulf
    Bist du Römisch- Katholisch getauft? Lohnt sich das nur für Insider und ganz Outsider oder sagt er auch was zur Ökumene?


    Ich bin evangelisch-lutherisch.
    Das Buch ist sicher auch für die interessant, die nicht der Katholischen Kirche angehören. Der Papst ist immerhin eine Person der Zeitgeschichte.
    Ich lese ja auch die Erinnerungen von Willy Brandt ohne das ich SPD-Mitglied bin.


    Zur Ökumene sagt der Papst nicht viel. Aber zu diesem Thema gibt es ja eine "klare" Haltung der Katholischen Kirche. Aufgrund ihres Alleinvertretungsanspruchs, verbietet sie ja beispielsweise das gemeinsame Abendmahl.
    Benedikt XVI. ist kein Reformer, er ist ein Bewahrer und Verwalter.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Zur Ökumene sagt der Papst nicht viel. Aber zu diesem Thema gibt es ja eine "klare" Haltung der Katholischen Kirche. Aufgrund ihres Alleinvertretungsanspruchs, verbietet sie ja beispielsweise das gemeinsame Abendmahl.
    Benedikt XVI. ist kein Reformer, er ist ein Bewahrer und Verwalter.


    Und er hat die Kirche im Sinne von Papst Johannes Paul II. geleitet.


    Ein gemeinsames Abendmahl kann es nicht geben, so lange man sich nicht über das Wesen und ein gemeinsames Verständnis des Abendmahls verständigt hat. Davon ist man jedoch weit entfernt, weswegen ein gemeinsames Abendmahl schlicht unmöglich ist.


    Das Buch werde ich mir übrigens demnächst zulegen und dann (hoffentlich) auch bald lesen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier


    Ein gemeinsames Abendmahl kann es nicht geben, so lange man sich nicht über das Wesen und ein gemeinsames Verständnis des Abendmahls verständigt hat. Davon ist man jedoch weit entfernt, weswegen ein gemeinsames Abendmahl schlicht unmöglich ist.


    Das Buch werde ich mir übrigens demnächst zulegen und dann (hoffentlich) auch bald lesen.


    Ein gemeinsames Abendmahl sollte unter Christen aller Konfessionen immer möglich sein. Und was das Abendmahl ist und wie man es feiert, das kann in der Bibel nachgelesen werden. Dazu braucht es kein "gemeinsames Verständnis".


    Aber wahrscheinlich hätte die Katholische Kirche Jesus - würde er heute noch leben - schon lange aus der Kirche ausgeschlossen oder ihn der Inquisition überstellt.


    Leider hat auch die Katholische Kirche kaum noch etwas mit der "Heiligen christlichen Kirche" aus dem apostolische Glaubensbekenntnis zu tun.


    Das apostolische Glaubensbekenntnis

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Und was das Abendmahl ist und wie man es feiert, das kann in der Bibel nachgelesen werden. Dazu braucht es kein "gemeinsames Verständnis".


    Eben. Da (in den Evangelien) steht wörtlich "Das ist mein Leib" und "das ist mein Blut". Da steht nichts von, wie es in manchen evangelischen Kirchen gehandhabt wird, "Symbol" oder "Zeichen". Das meine ich mit "gemeinsamem Verständnis". Man muß sich darauf einigen, daß die konsekrierte Hostie der Leib Christ ist, desgleichen der Wein das Blut Christi. Solange das nicht geschehen ist, ist ein gemeinsames Abendmahl nicht möglich.



    Zitat

    Original von Voltaire
    Aber wahrscheinlich hätte die Katholische Kirche Jesus - würde er heute noch leben - schon lange aus der Kirche ausgeschlossen oder ihn der Inquisition überstellt.


    Nun, das trifft mMn auf die evangelische Kirche unserer Tage gleichermaßen zu. Denn Jesus würde zu manchen Entwicklungen der modernen Zeit sicherlich sehr deutliche und unbequeme Worte finden, die vielen nicht passen würden.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Wenn ich das Abendmahl empfange, geschieht das mit den Worten:
    "Das ist mein Leib - für dich gegeben.
    Das ist mein Blut - für dich vergossen."


    Und eines sollte man nicht vergessen:
    Jesus hätte niemals unterschieden zwischen irgendwelchen christlichen Konfessionen. Alle die ihm nachgefolgt sind, die waren ihm willkommen.


    Diese ganze Kleingeistigkeit im heutigen Christentum ist eben Menschenwerk - lächerlich und kaum nachvollziehbar. Oder meint jemand ernsthaft, das ewige Leben bekommen nur die nach ihrem Tode, die den Eintrag "römisch-katholisch" auf ihrer Steuerkarte haben?


    Und noch eines: Ein Christ ist der, der sich zu Jesus Christus bekennt. Nicht mehr und nicht weniger. Das kann übrigens auch ein "böser" Mensch sein.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Wird eigentlich der Buchtitel "Letzte Gespräche" im Buch selbst irgendwie erklärt ? Das klingt so endgültig. Soll das so sein, weil Joseph Ratzinger nicht vorhat, nochmal mit jemandem über sein Leben zu sprechen/ein Buch über sich zu autorisieren oder ist er so krank, dass man davon ausgeht, dass er mit niemanden mehr wird reden können/wollen ? Oder hat er einfach alles gesagt, was er sagen wollte, wenn es das ist fände ich das sehr schade, vor allem weil ich eigentlich immer noch darauf hoffe, dass er selbst nochmals etwas veröffentlicht. Das war es ja eigentlich, was er für sich geplant hatte, als er dann Papst wurde: zurückgezogen zu leben und zu schreiben.

  • @ Sandrah


    In einer Rezension zu dem Buch (ich weiß nicht mehr genau, wo ich die gelesen habe), stand sinngemäß, daß sich der Titel wohl darauf bezieht, daß das das letzte Buch von ihm sein wird, quasi sein Vermächtnis.


    Moment, > hier klicken zur Hersfelder Zeitung <, wo das am 8. September in der Printausgabe zu lesen war. Im letzten Absatz der Hinweis, daß er gesagt hat, er werde kein Buch mehr schreiben.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • @ SiCollier


    danke für diesen Link. Dann hat er sich also nun entschieden, nicht mehr zu schreiben. Einerseits schade, ich finde er konnte das ganz großartig. Andererseits verständlich. Im Alter von 89 Jahren nach einem doch größtenteils bewegten und arbeitsreichen Leben darf man durchaus auch Ruhe geben. Vielleicht möchte er auch nicht nochmals im Mittelpunkt stehen.