Mit der Kraft von Purpur. Durch das Land der rosa Flamingos: Kleine Leserunde mit Autorenbegleitung.

  • Liebe Büchereulen,


    hiermit eröffne ich die Leserunde zu meinem zweiten historischen Roman rund um das bemerkenswerte Leben der Caterina von Siena.


    Ich bitte euch in vier Abschnitten zu lesen und nach jedem Abschnitt ein (gerne auch nur kurzes) Feedback zu geben.


    Im ersten Teil werden die beiden Hauptfiguren, die historisch belegte Caterina und ihre erfundene beste Freundin Monica sowie der Kern der Geschichte vorgestellt. Es würde mich besonders interessieren, wie diese beiden unterschiedlichen Frauen auf euch wirken und ob das Thema bei euch ankommt.


    Gelesen werden im ersten Teil folgende Kapitel 1 - 12:


    Die Kraft von Purpur
    Der Mann auf der Treppe
    Dämonen-Besuch
    Der schwarze Tod
    Der weiße Palazzo
    Eine Nacht der Gebete
    Die weiße Lilie
    Die Verschwörung
    Ravenna
    Der Tag der Entscheidung
    Florenz
    Die Buße


    Viel Spaß und sollten Fragen auftauchen, bitte meldet euch jederzeit,
    lg
    Sayyida (Christine)

  • Erst einmal von meiner Seite eine Frage, die Deinen Untertitel betrifft:
    "Durch das Land der rosa Flamingos ..."


    Auf mich wirkt dieser schon befremdend, da "Mit der Kraft von Purpur" doch ein historischer Roman ist. Dein Roman spielt im 14. Jahrhundert, etwa um 1377. Waren Flamingos damals auf der Appeninnenhalbinsel oder im damaligen Reich des französischen Königs bereits bekannt?


    Für mich stellt sich schon die Frage, ob hier nicht eine Assoziation mit dem anderen symbolischen Tier (vielleicht dem Phönix) mit Blick auf den historischen Kontext logischer gewesen wäre.


    Oder handelt es sich dabei um einen von Dir beabsichtigten Anachronismus?


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    Was den Beginn betrifft, war mein erster Eindruck eher zwiespältig.


    Eindeutig gelungen finde ich den Anfang, wo für mich durchaus nachvollziehbar ist, warum jemand (hier Monica) vom Färberhandwerk so fasziniert ist und davon träumt, einmal selbst dieses Handwerk auszuüben. Die Hinweise auf Monicas "Sinnlichkeit" dagegen hätte ich nicht so direkt beschrieben, das hätte Monica doch auch im Verlauf der Handlung selbst entdecken können.


    Was Monicas Zukunftspläne betrifft, fand ich diese mit Blick auf den historischen Kontext nicht sehr glaubwürdig. Monica will Färberin werden und wartet auf den Mann ihres Herzens, weswegen sie sich auch für ihn aufspart. Das Vorbild der Liebesbeziehung ihrer Eltern ist zwar eine Erklärung, hat mich aber nicht so recht überzeugt, zudem der Beginn wesentlich überzeugender Möglichkeiten angeboten hätte.


    Monica ist ein mittelloses Mädchen (keine Mitgift) und Halbwaise (es gibt nur eine Mutter, keine Verwandten, ihr fehlt also Schutz durch die Familie). Daher empfiehlt sie sich durch nichts als sich selbst, da ist es doch ganz naheliegend, dass sie großes Interesse hat, auf ihren "guten" Ruf zu wahren.


    Will sie aber wirklich Färberin werden, so würde sich dazu die Ehe mit einem der Brüder von ihrer Freundin Caterina sogar bei dir anbieten. Immerhin wird Monica von Caterinas Vater sozusagen "unterrichtet" und wie sich später zeigt, bedauert Caterinas Mutter, dass ihre Tochter nicht wie Monica ist. (Offensichtlich gehört Monica irgendwie ohnehin schon zur Familie Benincasa.) Caterinas Brüder wollen in die Politik und interessieren sich nicht für die Färberei, da müsste eine Ehefrau, die sozusagen in Vertretung den Betrieb führt, doch auch für sie eine ideale Lösung sein.


    Grundsätzlich hätte ich es mit Blick auf den historischen Kontext glaubwürdiger gefunden, wenn deine Monica zu diesem Zeitpunkt Heiratspläne mit einem der Brüder von Caterina hat, um so ihre Pläne mit der Färberei zu verwirklichen, zudem der Mann ihres Herzens zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgetaucht ist.


    Caterinas Verhalten, mit dem sie bereits hier als Eigenbrödlerin rüberkommt, fand ich da wesentlich überzeugender.


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    Ich bitte um Nachsicht, dass mehr Feedback / Überlegungen heute bei mir nicht möglich ist / sind, weil ich noch im Reallife einiges für morgen vorbereiten muss. Daher werde ich wohl erst wieder am morgigen Abend oder am Samstag in der Früh Zeit zum Posten finden. Bis dahin eine interessante Diskussion Euch allen.

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    Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten, mäßig entstellt. (Georg Christoph Lichtenberg)

  • Herzlichen Dank, liebe Teresa, dass du die Diskussion zu meinem Buch eröffnest:


    Ich bemühe mich, auf alle Fragen eine Antwort zu finden:


    1) Gab es Flamingos im 14. Jhdt. in Südfrankreich?


    Es handelt sich hier lt. Wikipedia um eine alte Vogelgruppe, die auf das Oligozän zurückgeht, oder gar auf das Eozän. Sie ernähren sich oft in Gruppen von Tausenden von Plankton aus dem Wasser und sind u.a. im Südfrankreich (Camargue) stark vertreten. In dem Buch wird durch die kaum besiedelten Sümpfe der Camargue gereist, also sehen die Reisenden dort Flamingos. Mir ist nicht bekannt, dass im 14. Jhdt. in der Camargue keine Flamingos ansässig gewesen wären. Nein, es ist also kein von mir beabsichtiger Anachronismus und auch keine Assoziation mit einem anderen symbolischen Tier, auch nicht dem Phönix. Zumindest nicht von meiner Seite. Wenn allerdings beim Leser Assoziationen in diese Richtung geweckt werden, begrüße ich es sehr, denn es zeigt, dass die Phantasie angeregt wurde.



    2)Vielen Dank für das Lob für den d.M.n. recht gelungenen Beginn.


    3)Warum will Monica keinen der Brüder ihrer Freundin Caterina ehelichen?


    Ja, es wäre praktisch in Bezug auf das Färberhandwerk. Aber Monica ist nicht nur sinnlich, sie ist auch rettungslos romantisch und hat sich nunmal in keinen der für sie langweiligen und uninteressanten Brüder (sind mehr wie Brüder für sie) verliebt. Und sie glaubt ernsthaft an die "Liebe auf den ersten Blick". Darauf will sie warten, auch wenn eine Ehe mit einem der Brüder "geschäftlich" klug gewesen wäre. Ich glaube, dass es auch im 14. Jhdt. Frauen gegeben hat, die von der Sehnsucht nach der Liebe vorangetrieben wurden, und das Praktische (Vernünftige) dabei hintangestellt haben. Außerdem ist Monica auch abenteuerlustig - aber das kommt erst später.


    Ich wünsche viel Freude mit Monica und Caterina und ihren Abenteuern,


    lg
    Sayyida (Christine)

  • Gestern habe ich die ersten 40 Seiten gelesen. Ich bin gut reingekommen und habe jetzt die wesentlichen Leute kennengelernt.
    Ich glaube heute würde man sagen, Catarina ist Epileptikerin. Die Krankheit war natürlich damals nicht bekannt und so fügte man das ihren Visionen zu. Zuerst dachte ich schon, Catarina wäre schon schwanger, da ihr bei Fleisch übel wird.


    Monica wartet auf die große Liebe - die Brüder ihrer Freundin liebt sie nicht. Ich glaube auch nicht, dass der Färber und seine Frau Monica als Schwiegertochter aufgenommen hätten. Ein einfaches Lehrmädchen ohne Vater und Mitgift als Schwiegertochter in einem reichen Haushalt ging doch damals gar nicht.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Zitat

    Original von Lesebiene... Ich glaube heute würde man sagen, Catarina ist Epileptikerin. Die Krankheit war natürlich damals nicht bekannt und so fügte man das ihren Visionen zu. Zuerst dachte ich schon, Catarina wäre schon schwanger, da ihr bei Fleisch übel wird.


    Warum soll Epilepsie im Mittelalter unbekannt gewesen sein? Die Krankheit ist bereits bei den Römern nachgewiesen. Mich erinnern Catarinas Symptome, die da beschrieben sind, an das, was von Margery Kempe (1373-1438) oder auch Bertha Pappenheim (1859-1936) überliefert ist.


    Zitat

    Original von LesebieneIch glaube auch nicht, dass der Färber und seine Frau Monica als Schwiegertochter aufgenommen hätten. Ein einfaches Lehrmädchen ohne Vater und Mitgift als Schwiegertochter in einem reichen Haushalt ging doch damals gar nicht.


    Warum nicht?


    Monica und ihre Mutter mögen seit dem Tod des Vaters und Versorgers in Armut leben, aber sie wohnen noch immer im Nachbarhaus, bisher wurden sie nicht delogiert, und wir erfahren nichts von Nachbarn, die wollen, dass die beiden Frauen endlich verschwinden. Monica gehört, wenn gleich mittellos, noch immer zur selben Gesellschaftsschicht wie Catarina.


    Monica geht außerdem bei Catarina ein und aus, Catarinas Vater hat nichts dagegen, dass sie ihm bei der Arbeit zusieht. (Für ein Lehrmädchen würde ich sie nicht halten, zudem Frauen gewöhnlich nicht offiziell ausgebildet wurden und eine Lehre nebenbei auch Geld bedeutet.) Catarinas Mutter meint, dass Monicas Mutter Glück hat, dass sie so eine Tochter hat. (Und womit Monica sicher punkten kann - da die Brüder Catarinas sich nicht für das väterliche Handwerk interessieren, sondern für die Politk, ist Monica sogar die ideale Ehefrau, ist doch zu erwarten, dass sie in Vertretung ihres Ehemannes sein Unternehmen führt, sodass er sich tatsächlich mit vollem Einsatz politisch engagieren kann.)


    Ich vermutet einmal, dass Ehepläne mit einem von Catarinas Brüdern mit Blick auf die Zeitepoche glaubwürdiger sind, als Monicas Träume von einer Zukunft als Purpurfärberin und von der großen Liebe.


    Ich hätte es daher auch überzeugender gefunden, wenn Monica, die im Gegensatz zu Caterina zunächst das "normale" Mädchen ist, erst im Verlauf der Handlung begonnen hätte, sich aus dem Alltäglichen (der mittelalterlichen "Normalität" zu lösen und ihren Traum von der großen Liebe, ihre Abenteuerlust (und ihre Sinnlichkeit) entdeckt.
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    Ein gewisses Problem habe ich auch mit Ausdrücken wie z. B. Jungfer, die vereinzelt vorkommen und irgendwie aufgesetzt wirken. Stilistisch passen sie nicht zur Sprache, die sonst verwendet wird. Hier wäre vielleicht ein einheitlicher Schreibstil überzeugender gewesen.
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    Monicas Entführung fand ich etwas sehr rasch abgehakt, ich hatte den Eindruck, dass Sayyida das selbst rasch hinter sich bringen wollte. Die Beziehung zwischen ihr und Marcel Le Blanc fand ich dann wieder recht interessant beschrieben, und Monicas verzweifelte Versuche, sich den Kerl vom Leib zu halten, sind eindeutig eine originelle Lösung.
    (Gelungen fand ich übrigens auch die Szene mit dem Mann, der Monica letztlich nach Florenz bringt. Mehr dazu morgen.)

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  • Die Entführung war ja wohl nicht so weit. Die paar Tage wo Monica im Käfig unterwegs war wurde sie mit Brot und Wasser abgespeist und fertig. Das war nur ein Nebenschauplatz.


    Die Entführten, wurden auf dem Marktplatz gestellt und verkauft. Den ersten fiesen Typ der für Monica geboten hat, konnte ich mir wirklich im Kopfkino vorstellen. Igitt, war der eklig. Aber zum Glück war der Diener da.
    Der Abgesandte war seelisch krank. Durch ihre Gebete konnte Monica ihn vom Hals halten.

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    Wendy Wasserstein

  • Zitat

    Original von Teresa



    Monica geht außerdem bei Catarina ein und aus, Catarinas Vater hat nichts dagegen, dass sie ihm bei der Arbeit zusieht. (Für ein Lehrmädchen würde ich sie nicht halten, zudem Frauen gewöhnlich nicht offiziell ausgebildet wurden und eine Lehre nebenbei auch Geld bedeutet.) Catarinas Mutter meint, dass Monicas Mutter Glück hat, dass sie so eine Tochter hat. (Und womit Monica sicher punkten kann - da die Brüder Catarinas sich nicht für das väterliche Handwerk interessieren, sondern für die Politk, ist Monica sogar die ideale Ehefrau, ist doch zu erwarten, dass sie in Vertretung ihres Ehemannes sein Unternehmen führt, sodass er sich tatsächlich mit vollem Einsatz politisch engagieren kann.)


    Monica durfte beim Färben zusehen, sie durfte der Tochter des Hauses eine Freundin sein aber in die Familie einheiraten war damals meines Erachtens etwas ganz anderes.
    Der Standesunterschied wurde sehr schön deutlich gemacht beim Besuch der Kirche. Die Kleidung der besseren Leute und das einfache Kleid von Monica.

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    Wendy Wasserstein

  • Zu deiner Frage, Lesebiene:


    die Entführer waren Beauftragte von zwielichtigen Menschenhändlern, die ihre eingefangene Ware in diversen Orten angeboten haben. Der Diener mit dem Hut wiederum war vom franz. Gesandten beauftragt, nach einem möglichst unberührten Mädchen, nach dem kein Hahn kräht, Ausschau zu halten. Die Pest wütete damals über weite Gebiete und in dem dort herrschenden Chaos sind viele Menschen einfach verschwunden.


    Zu deinen Fragen, Teresa:


    Epilepsie mag bekannt gewesen sein, aber nach meinen Recherchen wurden Caterinas auffallende Zustände damit nicht in Zusammenhang gebracht. Die Ärzte um Siena waren vielleicht nicht ausgebildet genug.


    Ehepläne:


    Dazu muss ich erwähnen, dass Monica in einem für damalige Zeiten recht freigeistigem, wenn auch einfachem, Umfeld aufgewachsen ist. Der Vater ist viel herumgekommen und hat der Tochter viel beigebracht, z.B. auch das Lesen und das Schreiben oder das Spurenlesen. Damals auch sehr ungewöhnlich. Ich denke, es gab immer Ausnahmen von der Regel. Es wurden also in dieser Familie nicht Ehepläne geschmiedet, wie es damals üblich war (so wie z.B. bei Caterinas Mutter, Caterinas Vater war da wieder anders - das ist überliefert - er hat das "Anderssein" seiner Tochter auch viel mehr verstanden als die Mutter, die es gar für Teufelszeug hielt).


    Standesunterschied:


    Ja, das ist ein großes Thema und war damals den Menschen ins Gehirn gebrannt (weit mehr als heute). Im Laufe der Geschichte kommt das immer wieder vor. Diese Standesunterschiede sind auch der Grund, weshalb Monica zwar davon träumt, wie der Nachbar einmal Färberin zu werden (nein, ein richtiger Lehrling war sie nicht, obwohl Caterinas Vater eben auch ungewöhnlich modern und freigeistig für seine Zeit war) - aber (noch) nicht wirklich daran glauben kann.


    Entführung:


    Zu rasch abgehandelt? Interessant - muss ich gleich nachlesen. Und ja, die Charakterisierung des bösen Abgesandten mit seinem tiefsitzenden Trauma hat mir Spaß gemacht. Und auch wenn Monica hier eine lange Strecke von Caterina getrennt wird - im Geiste ist sie mit ihr verbunden - siehe Rettung durch die Gebete, welche sie ohne Caterinas Freundschaft nie zustande gebracht hätte.


    Ausdruck Jungfer:


    Unpassend? Finde ich auch interessant - werde ich mir ansehen, muss aber anmerken, bewusst im Laufe des Textes nach Synonymen zu suchen, um nicht immer das gleiche Wort zu verwenden. Möglich, das ich es übertrieben habe.


    Es macht echt Spaß, mit euch den Text nochmal zu erleben,
    herzlichst,
    Sayyida (Christine)

  • Ich habe gestern mal angefangen allerdings ist das so gar nicht mein Stil.


    Mit Monica tu ich mir schwer, wie überhaupt mit dem Haushalt in dem sie lebt. Ist sie dort Dienstmagd?? Oder hilft sie nur wegen Caterina?



    Und wieso ist gerade das rote Kleid der Auslöser für den Anfall? Ob das wirklich ein epileptischer Anfall war? Bisher habe ich epileptische Anfälle ohne diese markdurchdringenden Schreie erlebt. Die Betroffenen werfen sich ja eher zu Boden und schlagen dort mit Kopf und Extremitäten immer wieder auf. Sie aber bleibt stehn und schreit nur???

  • Liebe Findus,


    Monicas Mutter ist Dienstmagd bei der Färberfamilie, Monica hilft von sich aus gerne mit, doch sie und ihre Mutter sind mit der Nachbarfamilie trotz des Standesunterschiedes freundschaftlich verbunden, vor allem liegen Monica und ihre Mutter der Färberfamilie in der Schuld, da sie ihnen einst in der Not geholfen haben.


    Stimmt, der erste Anfall von Caterina in der Ess-Stube ist eher untypisch. Hier hat meine Phantasie mitgespielt. Der Auslöser war nur indirekt das rote Kleid. Caterina quält sich seit langem mit ihrer "verbotenen" weil über den Glauben hinausgehenden, sehr intensiven Liebe zu Jesus Christus und ihrer Weigerung, einen für sie bestimmten Mann zu heiraten. Ihre Nahrungsunverträglichkeit ist übrigens belegt. Die spätere Darstellung der Anfälle, die Zuckungen der Gliedmaßen, verdrehten Augen, sind historisch belegt. Ich habe es ja auch nicht auf die Darstellung der Epilepsie angelegt, sondern auf eine Entrücktheit, eine Art von Hysterie, wie sie tatsächlich vorgekommen ist.


    Hoffe, es wird für dich bald besser,
    lg
    Sayyida (Christine)

  • Das mit der Abneigung / Unverträglichkeit gegen Fleisch sehe ich nicht so eng. Das kommt durchaus vor.


    Ist heutzutage ja sogar sehr beliebt. :grin


    Danke für die Erklärung, wie Monicas Mutter und sie mit der Familie verbandelt sind. Das war mir durch die Handlung nicht klar geworden.

  • Zitat

    Original von Teresa


    Warum soll Epilepsie im Mittelalter unbekannt gewesen sein? Die Krankheit ist bereits bei den Römern nachgewiesen. Mich erinnern Catarinas Symptome, die da beschrieben sind, an das, was von Margery Kempe (1373-1438) oder auch Bertha Pappenheim (1859-1936) überliefert ist.


    Nur dass der Roman früher spielen muss. Caterina wurde 1347 geboren, mit 12 sollte sie verheiratet werden, also 1359, vier Jahre später, 1363 mit 16 trat sie bereits den Orden bei.

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    Wendy Wasserstein

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  • Ihr macht mich neugierig in Bezug auf diese Krankheit. Seht mal, was ich gefunden habe, das könnte es erklären:


    "Die Wissenschaft über das Krankheitsbild der Epilepsie entwickelte sich über die Jahrhunderte hinweg keineswegs kontinuierlich; das epileptologische Wissen war z.B. im christlichen Mittelalter geringer als in der Epoche des griechischen Arztes Hippokrates - mehr als 1500 Jahre früher!"


    Quelle: http://www.epilepsiemuseum.de/alt/histord.html


    lg,
    Sayyida (Christine)

  • Ich würde bei Caterina eher auf eine psychische Krankheit tippen, außerdem könnte ihre Symptome auch eine passive Abwehrreaktion sein, mit der sie sich körperlich sich den Anforderungen ihres Umfeldes wie eben eine Heirat, das Essen von Fleisch etc. verweigert, da aktiver Widerstand oder Veränderung der Lage nicht möglich ist. Aber das ist wohl auch nicht das Thema des Buches.


    Interessant finde ich auch die Namensgebung. Bei Caterina ist der Name vorgegeben, aber der Name Monica hat mich erst einmal überrascht.


    Monika ist einer jener Namen, die vor allem im Zweiten Weltkrieg Mode waren.


    Historische Persönlichkeiten vor 1900 mit Namen Monika sind dagegen kaum zu finden, und auch in historischen Quellen wie Meldebüchern ist mir der Name bisher nie untergekommen. Natürlich könnte das auf der Appeninnenhalbinsel etwas anders sein.


    Wie auch immer, auch in den vielen historischen Romanen, die zumindest vorgeben, dass sie im Mittelalter spielen, heißen die fiktive Heldinnen gewöhnlich nicht Monika.


    Warum also Monica?


    Auffallend ist jedenfalls, dass der Name für die Romanfigur, ob Absicht oder nicht, sogar sehr passend gewählt ist. Die Hl. Monika beschirmt die Frauen und Mütter und wird zur Seelenrettung der Kinder angerufen.


    Daneben wäre noch eine weitere Assoziation denkbar: Die Beichte, eine Episode aus dem Gedichtzyklus "Der heilige Antonius von Padua" von Wilhelm Busch (publ. 1870). Die Abenteuer, die Buschs Held erlebt, sind allerdings großteils aus den Legenden von anderen Heiligen übernommen.


    Die Situation, in die der Hl. Antonius hier mit der "schönen Monika" gerät, ist zwar eindeutig das Gegenteil von dem, was Monica bei LeBlanc durchmacht, aber Bezüge durchaus gegeben.


    Noch eine Anmerkung:
    Meine Bemerkung: "Monicas Entführung fand ich etwas sehr rasch abgehakt, ich hatte den Eindruck, dass Sayyida das selbst rasch hinter sich bringen wollte", ist eigentlich keine Kritik, sondern nur eine Feststellung.


    Mein Eindruck:
    Dadurch, dass Monica, während sie sich in den "Klauen" von Le Blanc befindet, von der Verschwörung gegen den Papst erfährt und diesen letztlich retten will, sind sie und Le Blanc in der Folge auch weiterhin Gegenspieler, nachdem ihr endlich die Flucht gelungen ist. Das entscheidende Motiv mit Blick auf die Haupthandlung ist aber die "Verschwörung gegen den Papst", während der erzwungene Aufenthalt in seinem Haus, wo Monica ihre Unschuld verteidigen kann, eine (wenn gleich unerfreuliche) Episode ist.


    Bezogen auf die Haupthandlung ergibt sich dadurch folgende Kette:


    Die Lebenswege von Monica und Caterina trennen sich für einige Monate.


    Als beide sich wiedertreffen, zieht Caterina als "Predigerin" durch die Lande. In der Geschichte wird also ausgeblendet, wie es Caterina letztlich gelingt, den Weg zur "Heiligkeit" zu beschreiten, da Monica (als Erzählerin) diesen ersten Abschnitt nicht selbst miterlebt. Wir, die Leser/innen, erfahren darüber nur das, was Monica von Caterina und anderen Figuren erzählt wird.


    Um diese Erzählperspektive zu schaffen, ist es notwendig, eine Erklärung zu finden, warum Monica nicht dabei war. Daher muss Monica weg sein, und das nutzt die Autorin nun gleich, um einen weiteren Handlungsstrang ihrer Geschichte (die Verschwörung gegen den Papst) zu beginnen. Das wiederum macht es notwendig, eine Lage zu schaffen, wie Monica davon erfahren kann.


    Dazu dient nun ein "plot" um die Verfolgte Unschuld und den Verfolger. Monica gerät in die "Fänge" von Marcel Le Blanc, wo sie dann über die Verschörung Bescheid weiß. Der Schwerpunkt liegt aber eindeutig auf dieser Verschwörung, Monicas Erfahrung mit Le Blanc ist nur ein Abenteuer. Das ergibt sich daraus, dass das Zusammentreffen eindeutig Zufall ist. Dieser Eindruck wiederum entsteht dadurch, dass Monica eben nicht von Le Blanc bzw. dessen Diener, sondern durch "Frauenhändler" entführt wird, und erst über diesen "Umweg" zu Le Blanc gelangt.

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    Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten, mäßig entstellt. (Georg Christoph Lichtenberg)

  • Ich bin beeindruckt, Teresa, vielen Dank für deine Analyse.


    Wie kam es zum Namen Monica?


    Ich muss gestehen, ich weiß es nicht mehr. Der Roman ist in einer Erstfassung um 2009 entstanden. Für gewöhnlich wähle ich die Namen der fiktiven Personen aus einer Mischung von Klang, Gefühl, Eingebung. Er muss sich von den anderen Namen in der Geschichte gut unterscheiden, um nicht vom Leser/der Leserin verwechselt zu werden. Ich denke in Bildern, oft merke ich, dass ich beim Schreiben mit abgespeicherten Bildern arbeite. Manchmal sehe ich z.B. einen Film, den ich schon einmal gesehen habe und erkenne, dass ich unbewusst etwas aus diesem Film für einen Text verwendet habe ohne es in bewusster Erinnerung getan zu haben. Möglicherweise habe ich von dieser Heiligen Monika, die du erwähnst, gelesen oder in einem Film von ihr gesehen.


    Dein Eindruck zu Le Blanc und Monica ist richtig. Sie bleiben Gegenspieler. Caterinas Wandlung zur "Heiligen Predigerin" geschieht nicht zufällig, schon gar nicht natürlich. Ein besonderes Ereignis führt dazu. Denn eigentlich ist Caterina extrem introvertiert und hasst es, vor Menschen zu sprechen. (Sie kann ja nicht mal zu ihrer Mutter über ihre Gefühle sprechen.) Da Monica in dieser Zeit nicht bei ihr war, kann sie nicht wissen, wie es geschah. Sie wundert sich nur. Morgen werde ich den zweiten Teil der Lesekapitel posten, und da werdet ihr dann erfahren, wie Caterina zur "Heiligen Predigerin, zur eloquenten Rednerin" werden konnte.


    Auch deine anderen Eindrücke sind richtig und gut beobachtet.


    lg
    Christine (Sayyida)

  • ich habe ein Zeitproblem. Das Buch gefällt mir soweit gut. Nur hätte ich gerne gewußt, in welcher Zeit sich das ganze abspielt. Die Pest herrschte 1348 in Siena, da war Caterina 1 Jahr alt. Caterina ist mit 16 ins Kloster. Zum Zeitpunkt der Entführung von Monica lebte sie noch zu Hause. Also müsste Monica 1360/61 entführt worden sein. Der Papst wurde 1370 in Avignon ernannt. Liege ich richtig, dass Monica über 10 Jahre im weißen Haus gefangen gehalten wurde?

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    Wendy Wasserstein

  • Liebe Lesebiene,


    Richtig ist, wie du anmerkst, dass eine große Pest-Welle Siena um 1348 traf. Dabei sind auch einige ihrer Geschwister gestorben, wie sie zu Beginn Monica gegenüber erwähnt. Doch die Pest kam immer wieder in kleinen Wellen. 1374 steckte sie sich in Wirklichkeit sogar mit der Pest an, was sie aber nicht hinderte, weiterhin Gutes zu tun.


    Die Geschichte in diesem Buch spielt von Sommer 1376 - Sommer 1377 (Prolog und Epilog). Fakt ist, Papst Gregor residierte bis zum 13. September 1376 in Avignon, ehe er dank Caterina den Papstsitz nach Rom zurückverlegte. An dieses Datum wollte ich mich halten. Beim Plotten musste ich Caterinas Lebensweg der Handlung zuliebe straffen. Die Geschichte in Echtzeit zu erzählen, hätte etwa 1,5 Jahrzehnte in Anspruch genommen. Eine Jahre andauernde Gefangenschaft und Trennung von Caterina wäre dramaturgisch schwer zu erzählen gewesen. So dauert die Trennung in der Geschichte ein paar Monate. Du hast richtig bemerkt, Caterina war um 1376 in Wahrheit schon sehr erwachsen.
    Am Ende des Buches erwähne ich, dass die Handlung frei erfunden ist, inspiriert durch Ereignisse rund um das Leben von Caterina von Siena. Es ist keine Biografie. Es tut mir leid, wenn dies zur Verwirrung führt, was nicht beabsichtigt war.



    lg,
    Sayyida (Christine)

  • Lasst euch bitte Zeit mit dem Lesen, liebe Büchereulen, aber für die Schnellen geht es weiter mit dem Teil II:


    Kapitel 13 - 18. Hier wird das Geheimnis um die wundersame Wandlung der Caterina von einer einfachen, schüchternen Färbertochter zu einer großartigen Rednerin und Friedensstiftern gelüftet, es steht eine Reise bevor und es bahnen sich neue Beziehungen und Konflikte an. Wirkt dieser Teil interessant auf euch, kommt Langeweile auf?


    Das Land der rosa Flamingos
    Die raue See
    Avignon
    Begegnung mit dem Heiligen Vater
    Der Olivenbaum
    Bittere Kälte


    lg
    Sayyida (Christine)