'Eichmann in Jerusalem' - Seiten 001 - 068

  • Ich will da jetzt nicht weiter drauf rumreiten, aber ein Pass ist nur dann gültig, wenn die ausgebende Stelle zur Ausgabe berechtigt ist und wenn der Antragsteller seine Identität zweifelsfrei nachgewiesen hat. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass da falsche Angaben gemacht wurden, ist der Pass kraft Gesetzes ungültig. Durch die Ausgabe eines Passes mit einer falschen Identität wird eine Staatsbürgerschaftsverhältnis weder begründet noch beendet.


    Nun will ich aber damit auch nicht weiter nerven. Ist eh nur eine Randnotiz. Denn das Völkerrecht wurde in dem ganzen Verfahren nur sehr am Rande berührt.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Ich bin in Staatsangehörigkeitsrecht keine Fachfrau, aber durch den Erwerb eines falschen Passes gibt man die eigene, bereits vorhandene Staatsbürgerschaft nicht auf. Man kann wohl um Entlassung bitten, dies hat Eichmann aber nicht getan.


    Es geht weniger um die rechtliche Bewertung aus damaliger oder gar aus heutiger Sicht (die bis zum heutigen Tage unter Spitzenjuristen kontrovers ausfällt und die mich nur am Rande interessiert), sondern darum, welche Position zur Rechtfertigung der Entführung der israelische Staat seinerzeit eingenommen hat. Und diese (vermeintliche?) Staatenlosigkeit war auch der vorgeschobene Grund der BRD, keine Auslieferung zu beantragen, das darf man nicht vergessen!


    Im Übrigen ist dies alles lediglich wohlfeile akademische Diskussion und sollte uns nicht den Blick verstellen für die Schuld- und Motivationsfragen, soweit sie diesen Angeklagten betreffen.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Durch die Entführung Eichmanns aus Argentinien, hat Israel die Souveräität Argentiniens verletzt, gerade auch im Hinblick darauf, dass es hier eine Entführung durch den israelischen Geheimdienst war, also eine Aktion des Staates Israel – keine Privataktion.
    Dieses ist nun ein eklatanter Verstoß gegen das Völkerrecht.


    Rechtsphilosophisch wirft das jetzt die Frage auf: Kann ein Verstoß gegen das Völkerrecht unter gewissen Umständen gerechtfertigt sein oder muss hier das Völkerrecht unter allen Umständen eingehalten werden? ... In diesem besonderen Fall halte ich den Verstoß gegen das Völkerrecht für durchaus vertretbar.


    Ich bin absolut deiner Meinung. Es wäre unerträglich gewesen, einen Verbrecher seines Kalibers im Wissen um seinen Aufenthaltsort frei herumlaufen zu lassen, und da die Regierung Adenauer kein Interesse an einer Auslieferung hatte, die, falls unter außenpolitischem Druck doch beantragt, ohnehin an der Weigerung Argentiniens gescheitert wäre, blieb keine andere Wahl, als Eichmann zu kidnappen. Es mag formaljuristisch "unrecht" gewesen sein, steht aber meiner Meinung nach in keinem Verhältnis zu seinem Beitrag an einem unendlich viel größeren Unrecht. Für meinen Geschmack sind sowieso viel zu viele Nazimörder, zum Teil mit Hilfe alliierter Geheimdienste (wie zum Beispiel der Schlächter von Lyon, Klaus Barbie), in den Genuss eines absolut unverdienten ruhigen Lebensabends gekommen.


    Obwohl völliger Laie in Rechtsfragen, stelle ich fest, dass es in der juristischen Aufarbeitung der Naziverbrechen aus den unterschiedlichsten Gründen häufig zu einem unbefriedigenden Aufeinanderprallen von Gerechtigkeit auf der einen und formalem Recht auf der anderen Seite kam. Es ist erschütternd, wie viele braune Schwerstverbrecher mit Strafen bedacht wurden, die angesichts ihrer Untaten lächerlich milde waren - so sie denn überhaupt vor Gericht gestellt wurden.

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • Zitat

    Original von Dieter Neumann
    Wir sollten unsere Aufmerksamkeit auf Hannah Arendt legen. Und die weist nun allerdings in ihrem Buch schlüssig nach (ohne geahnt zu haben, dass ihr ein deutscher Historiker 20 Jahre später darin zustimmen würde), dass die Staatsanwaltschaft massiv unter der Beeinflussung der Ben-Gurion-Regierung gestanden hat und oftmals schlimme Versuche zur Rechtsbeugung unternommen hat, die den gesamten Prozess in eine gefährliche Nähe zu einer Schauveranstaltung gebracht hätte, wäre da nicht jener ungeheuer souveräne und äußerst kluge Richter gewesen, der dies weitgehend zu vermeiden wusste. Ben Gurion hingegen hat kaum eine Gelegenheit ausgelassen, den Prozess zu einer Shoa-Abrechnung zu verwandeln (was ich übrigens voll verstehe und was auch allzu naheliegend ist), wo es doch einzig um die Schuld oder Unschuld dieses einen Mannes hätte gehen müssen. Dass dies angesichts der Ungeheuerlichkeit des Holocausts vermutlich gar nicht möglich war, ist mir natürlich voll bewusst.


    Dieser Aufforderung möchte ich gern Folge leisten, weshalb ich den Rest dieses Postings ganz frech, aber durchaus in der Hoffnung, dass du nichts dagegen einzuwenden hast, in den nächsten Abschnitt kopiere, in dem HA selbst zu diesen Themen Stellung bezieht. Dort werde ich dann darauf eingehen. :wave

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • Zitat

    Original von harimau


    Dieser Aufforderung möchte ich gern Folge leisten, weshalb ich den Rest dieses Postings ganz frech, aber durchaus in der Hoffnung, dass du nichts dagegen einzuwenden hast, in den nächsten Abschnitt kopiere, in dem HA selbst zu diesen Themen Stellung bezieht. Dort werde ich dann darauf eingehen. :wave


    Sehr einverstanden, lieber harimau! :wave

  • Ich bin etwas erschlagen gewesen vom Mommsentext, hatte mich aber auch noch nie zuvor mit diesen Detailfragen bei diesem Thema auseinandergesetzt. Aber eure bisherigen Beiträge auf den letzten drei Seiten fand ich sehr interessant und lehrreich. Besten Dank dafür.


    Weiteres hinzufügen kann ich leider nicht, bin aber sehr gespannt auf die vielen Details des Buches - in hoffentlich weniger hochtrabender Sprache als beim Mommsen.

  • Ich sitze auf meine Lesebank im Garten und habe Hannah Arendts Vorrede ein weiteres Mal gelesen. Und nun überlege ich, wie kann ich dazu etwas sagen.
    Es ist mir unmöglich auf jeden Punkt einzugehen – denn dazu sind es einfach zu viele Dinge, zu denen man etwas sagen könnte und müsste. Insofern habe ich dann ausgewählt und schreibe etwas zu den Dingen, die mir persönlich wichtig erscheinen.


    Hannah Arendt schreibt sehr richtig, das kein Staat über einen anderen Staat zu Gericht sitzen kann. Vor Gericht können jeweils nur die handelnden Personen angeklagt werden.
    Leider nimmt sie Vokabel „Staatsverbrechen“ in den Mund.
    Ein Staat ist eine juristische Peron, die aus natürlichen Personen besteht. Verbrechen können nur dann angeklagt werden, wenn sie konkret benannten natürlichen Personen zugeordnet werden können. Der Staat in seiner Funktion als juristische Person kann in einem Strafprozeß nicht angeklagt werden – unabhängig davon, dass er aber selbst durchaus anklagen kann.


    Nur am Rande beschäftigt sie sich in ihrer Vorrede mit dem Unterschied zwischen moralischer und juristischer Schuld. Moralisch kann man schuldig werden, ohne dabei aber im Rechtssinne schuldig zu werden.
    War Eichmann bei aller moralischer Schuld auch juristisch schuldig?
    Auf den ersten Blick ja.
    Wenn man aber hier die Begrifflichkeiten von subjektivem Recht und objektiven Recht heranzieht, dann kann man durchaus zu dem Ergebnis kommen, eine subjektive juristische Schuld liegt nicht. Denn Eichmann scheint sich ja am geltenden Recht, also am subjektiven Recht, orientiert zu haben.


    Wie sagte doch weiland der Marinerichter und spätere Ministerpräsident von Baden-Württemberg Filbinger: „Was früher Recht war – kann heute nicht Unrecht sein.“


    Objektives Recht orientiert sich immer an der Sicht des sogenannten „Objektiven Dritten“. War das subjektiv geltende Recht mit den Grundsätzen der Menschlichkeit, der Menschenwürde und dem Recht auf Leben vereinbar.


    Gab es für Eichmann wirklich diesen Befehlsnotstand? Hätte er sich weigern müssen, die ihm erteilten Anweisungen auszuführen? Welche Konsequenzen wären ihm daraus erstanden? Gab es für ihn keine Möglichkeit, sich von dieser Aufgabe zu befreien?
    Er wusste, was den Menschen passieren würde, die man deportiert hat. Wäre es ihm nicht zuzumuten gewesen, sich ggf. zum Beispiel an die Front zu melden?


    Insofern bleibt hier die Frage nach der persönlichen Schuld des Angeklagten. Sich hier auf den Befehlsnotstand zu berufen ist legitim, reicht aber nicht aus, juristische Schuld zu verneinen. Für diese Schuld in diesem konkreten Fall wurden keine glaubwürdigen und überzeugenden Entlastungsmomente vorgetragen. Eichmann wurde nicht gezwungen, in diesem Bereich der Vernichtungsmaschinerie tätig zu werden.


    Und wieder stelle ich fest, dass dieses Buch eigentlich viel zu komplex für eine Leserunde ist. Man kann nicht einmal ansatzweise den unendlichen vielen Aspekten gerecht werden. Allein schon über die Vorrede könnte man seitenlange Abhandlungen schreiben.


    In ihrem letzten Satz der Vorrede schreibt Hannah Arendt:
    Der vorliegende Bericht handelt davon, wieweit es in Jerusalem gelang, der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen.“


    Hier hätte jetzt die Frage gestellt werden müssen: Was ist Gerechtigkeit? Gibt es überhaupt eine juristische Gerechtigkeit und erschöpft sich diese in einem Urteil eines Gerichts?


    So, ich merke gerade – ich bin dabei mich zu verzetteln.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    So, ich merke gerade – ich bin dabei mich zu verzetteln.


    Gar nicht, lieber Voltaire, gar nicht. All dies sind wichtige Fragen, und ich kann dir nur zustimmen, dass deren komplette Erörterung den Rahmen einer Leserunde in diesem Forum sprengen würde. Aber es ist ja auch gar nicht das Ziel, hier eine wissenschaftliche Diskussion vom Zaune zu brechen, zu der wir überwiegend sowieso nicht hinlänglich qualifiziert wären. Vielmehr geht es m. E. darum, genau die Gedanken vorzubringen (und bei Bedarf zu besprechen), die einen bei der Lektüre dieses Buches bewegen, um nicht zu sagen: überwältigen. Es ist dies schließlich kein Gerichtsreport wie Tausend andere, sondern nichts anderes als der Blick in das Inferno der größten Unmenschlichkeit der Geschichte.


    Und insofern ist es gut, dass wir es hier lesen, dieses Buch, und uns über das Unaussprechliche aussprechen. Ich danke dir daher nochmals ausdrücklich für deine Anregung zu dieser Runde!

  • Diese juristischen Feinheiten lesen sich wirklich sehr interessant. Ich vermute aber, dass es sich dabei vor allem um geltendes bundesdeutsches Recht handelt. Wie weit ist das denn in diesen speziellen Fragen identisch und anwendbar bei diesem Sachverhalt? Kann man dies wirklich auf die Frage der Zulässigkeit eines Prozesses in Israel in 1961 anwenden?



    Klar kann man zu dem Buch eine Leserunde abhalten. Man darf aber nicht den Anspruch haben, in dieser Runde jede juristische Frage besprechen zu können. Ich finde dies interessant, hätte aber auch ein Interesse daran, dass das Buch später noch z. B. ein paar historische Fragen aufwirft. Jura ist ja nicht alles.

  • Zitat

    Original von xexos
    Klar kann man zu dem Buch eine Leserunde abhalten. Man darf aber nicht den Anspruch haben, in dieser Runde jede juristische Frage besprechen zu können. Ich finde dies interessant, hätte aber auch ein Interesse daran, dass das Buch später noch z. B. ein paar historische Fragen aufwirft. Jura ist ja nicht alles.


    Ich vermute stark, dass wir noch sehr viele Dinge besprechen werden, die nichts mit formaler Rechtsprechung zu tun haben. :wave

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • Ich denke, jede/jeder schreibt das - egal jetzt zu welchem Themenkomplex in diesem Buch - was ihr/ihn besonders interessiert/auffällt, was sie oder er für wichtig halten.


    Das können historische Dinge sein, aber eben auch juristische Dinge. Und natürlich kann man gerade bei diesem Prozeß auch den psychologischen Aspekt nicht unterschlagen.


    Und das ist doch gerade das Interessante an einer solchen Leserunde, dass die Teilnehmer unterschiedliche Sichtweisen haben und mit sicher auch mit unterschiedlichen Erwartungen an das Buch herangehen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von harimau


    Ich vermute stark, dass wir noch sehr viele Dinge besprechen werden, die nichts mit formaler Rechtsprechung zu tun haben. :wave


    Das Buch wirft vor allem DIE historische Frage der Zeitgeschichte auf. Wie konnte die Shoa passieren? Un damit: Warum ist kaum jemand vor der Monströsität dieses Unrechts zurückgeschreckt, warum gab es so viele kleine, große und ungeheuerliche Eichmanns?


    Und wie alle historischen Fragen von Bedeutung ist dies auch gleichermaßen eine solche, die tief in psychologische, soziale, politische (und weitere) Felder hineinreicht. Es ist dies kein Buch über den Holocaust. Es ist aber ein Buch, das Kapitel für Kapitel durch die messerscharfe Klugheit und die unbestechliche Beobachtung der Hannah Arendt den Wahnsinn aufzeigt, dem die Menschen damals verfallen sind. Und das am Beispiel dieses eigentlich völlig belanglosen, unbegabten, geistig trägen Durchschnittsmannes, der zufällig in eine Position geraten war, in der er in scheinbarer Pflichterfüllung den Massenmord organisiert hat.


    Wir werden sehr bald über ganz andere Aspekte als juristische sprechen. Daher finde ich es auch schade, dass sich einige - darf ich sagen: furchtsam? - aus der Runde zurückgezogen haben. Dazu besteht m. E. keinerlei Anlass (selbst dann nicht, wenn tatsächlich wenig Bildung vorläge, wie in einigen Fällen vorgetragen), denn es geht am Ende um weit mehr als Jurisprudenz. Es geht Hannah Arendt um existenzielle menschliche Fragen. Und zu denen kann (muss?) jeder seine Position finden, gerade in einer Zeit, in der gefährliche Tendenzen zum Wiedererwachen des Faschismus nicht mehr zu übersehen sind.

  • Soweit zum historischen Teil meiner Frage. :danke


    Hättet ihr auf diese beiden Fragen auch noch eine Einschätzung?

    Zitat

    Original von xexos
    - Ich vermute aber, dass es sich dabei vor allem um geltendes bundesdeutsches Recht handelt. Wie weit ist das denn in diesen speziellen Fragen identisch und anwendbar bei diesem Sachverhalt?
    - Kann man dies wirklich auf die Frage der Zulässigkeit eines Prozesses in Israel in 1961 anwenden?

  • Zitat

    Original von xexos
    Soweit zum historischen Teil meiner Frage. :danke


    Hättet ihr auf diese beiden Fragen auch noch eine Einschätzung?


    Dazu kann und mag ich nichts sagen. Erstens, weil mir die Kompetenz dazu fehlt, und zweitens, weil es die juristische Dimension zu weit aufblähen würde, obwohl sie doch nur, wie der Jurist Voltaire schon sinngemäß gesagt hat, ein Nebenaspekt für die Bedeutung dieses Buches ist.

  • Zitat

    Original von Dieter Neumann
    Es ist aber ein Buch, das Kapitel für Kapitel durch die messerscharfe Klugheit und die unbestechliche Beobachtung der Hannah Arendt den Wahnsinn aufzeigt, dem die Menschen damals verfallen sind. Und das am Beispiel dieses eigentlich völlig belanglosen, unbegabten, geistig trägen Durchschnittsmannes, der zufällig in eine Position geraten war, in der er in scheinbarer Pflichterfüllung den Massenmord organisiert hat.


    So ganz "zufällig" ist er aber nicht in diese Position geraten. Er hat schon kräftig mitgearbeitet und darauf eingewirkt. Und rechtzeitig durch den Röhmputsch z.B. eventuelle Konkurrenten aus dem Weg räumen lassen.

  • Zitat

    Original von Findus


    So ganz "zufällig" ist er aber nicht in diese Position geraten. Er hat schon kräftig mitgearbeitet und darauf eingewirkt. Und rechtzeitig durch den Röhmputsch z.B. eventuelle Konkurrenten aus dem Weg räumen lassen.


    Du hast recht, das Wort "Zufall" passt nicht. Gemeint habe ich, dass er statt des Dienstpostens als Leiter der Abt. IV B 4 im RSHA auch jeden anderen mit gleicher (fassungslos machender) bürokratischer Akribie und ohne Anfechtungen durch etwaige Gewissensbisse befehlstreu ausgeführt hätte.

  • Zitat

    Original von xexos
    Soweit zum historischen Teil meiner Frage. :danke


    Hättet ihr auf diese beiden Fragen auch noch eine Einschätzung?


    Die Beantwortung dieser Frage ist schwierig, wenn nicht sogar fast unmöglich - will man nicht den Rahmen dieser Leserunde sprengen.


    Bundesdeutsches Recht konnte bei dem Prozeß gegen Eichmann kaum zur Anwendung kommen, da er seine Taten während der Zeit des Dritten Reiches verübt hat. Aber das Strafgesetzbuch kannte auch während der Nazizeit schon den Straftatbestand des Mordes (wobei die Formulierung des Mordparagraphen vom Volksgerichtshofspräsidenten Freisler stammt).


    Übrigens: Reichsgesetze die nicht durch Bundesgesetze aufgehoben wurden, geltend solange unbefristet weiter, bis sie aufgehoben werden.


    Nach deutschem Recht ist es nicht möglich, einen rückwirkenden Straftatbestand einzuführen. (Hier ist gibt es das klassische Beispiel des "Stromdiebstahls").


    Eichmann hätte vor einem deutschen Gericht "nur" wegen Mord angeklagt werden können, nicht aber wegen Völkermord.


    Inwieweit das israelische Recht inkl. der israelischen Verfassung die rückwirkende Einführung eines Straftatbestand zulässt bzw. eine Tat vor Inrafttreten der entsprechenden Strafgesetze zur Anklage kommen lässt, weiß ich nicht. Man muss aber davon ausgehen, dass formaljuristisch nach israelischem Recht hier alles okay war.


    Aber das sind jetzt alles juristische Streitfragen, die aber im Grunde mit dem Kern des Buches von Hannah Arend nur sekundär zu tun haben.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

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  • Das hätte er, allerdings war er, glaube ich, sowas wie der Anpeitscher für den Rest der Meute so ähnlich wie Goebbels das Volk aufgeheizt hat, vermochte es Hitler seine Gefolgsmänner in die richtige "Stimmung" zu versetzen was andere, weniger demagogisch veranlagte, nicht so gekonnt hätten.
    Insofern war er der Motor und Initiator.


    edit: Ich möchte noch einen link einfügen über die Aussagen der Angeklagten im Nünrberger Prozess 1946, da kommt einem die Galle hoch.


    http://www.br.de/radio/bayern2…rteile-ns-regime-102.html


    Ganz besonders auf 0:30 als Hoess spricht. "Selbstverständlich sind Rohheitsakte vorgekommen, selbstverständlich wurde da und dort geschlagen" usw.
    Da überkommt mich das Grauen und ja, auch das klang ganz und gar bürokratisch.

    "Leute die Bücher lesen, sind einfach unberechenbar." Spruch aus "Wilsberg "
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  • Zitat

    Original von Findus
    Das hätte er, allerdings war er, glaube ich, sowas wie der Anpeitscher für den Rest der Meute so ähnlich wie Goebbels das Volk aufgeheizt hat, vermochte es Hitler seine Gefolgsmänner in die richtige "Stimmung" zu versetzen was andere, weniger demagogisch veranlagte, nicht so gekonnt hätten.
    Insofern war er der Motor und Initiator.


    Wer ist denn mit "er" gemeint, Eichmann oder Hitler (den Du dann namentlich nennst)?