Raumpatrouille – Matthias Brandt

  • Kiepenheuer&Witsch, 2016
    176 Seiten, gebunden


    Kurzbeschreibung:
    Dieses Buch ist eine herrliche Überraschung: Matthias Brandt zeigt mit seinem literarischen Debüt, dass er nicht nur ein herausragender Schauspieler, sondern auch ein bemerkenswerter Autor ist.
    Die Geschichten in Matthias Brandts erstem Buch sind literarische Reisen in einen Kosmos, den jeder kennt, der aber hier mit einem ganz besonderen Blick untersucht wird: der Kosmos der eigenen Kindheit. In diesem Fall einer Kindheit in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts in einer kleinen Stadt am Rhein, die damals Bundeshauptstadt war. Einer Kindheit, die bevölkert ist von einem manchmal bissigen Hund namens Gabor, von Herrn Vianden, mysteriösen Postboten, verschreckten Nonnen, kriegsbeschädigten Religionslehrern, einem netten Herrn Lübke von nebenan, bei dem es Kakao gibt und dem langsam die Worte ausgehen. Es gibt einen kauzigen Arbeitskollegen des Vaters, Herrn Wehner, einen Hausmeister und sogar einen Chauffeur, da der Vater gerade Bundeskanzler ist. Erzählt wird von komplizierten Fahrradausflügen, schwer bewachten Jahrmarktsbesuchen, monströsen Fußballniederlagen, skurrilen Arztbesuchen und von explodierenden und ebenso schnell wieder verlöschenden Leidenschaften wie z.B. dem Briefmarkensammeln. Nicht zuletzt lesen wir von gleichermaßen geheimnisumwobenen wie geliebten Eltern und einer Kindheit, zu der neben dem Abenteuer und der Hochstapelei auch Phantasie, Gefahr und Einsamkeit gehören. Ein Buch, das man nicht vergessen wird.


    Über den Autor:
    Matthias Brandt, geboren 1961 in Berlin als jüngster Sohn von Rut und Willy Brandt, ist einer der bekanntesten deutschen Schauspieler. Er war an renommierten deutschsprachigen Theatern engagiert, in den letzten Jahren arbeitete er hauptsächlich vor der Kamera. Für seine Leistungen ist er vielfach ausgezeichnet worden.


    Mein Eindruck:
    Matthias Brandt ist ein bekannter Schauspieler, der hier einen Band mit Geschichten abliefert, die offenbar viel mit seiner Kindheit und Jugend zu tun haben.
    Jedenfalls sind alle um den Zeitraum von ca.1970 angesiedelt und behandeln jeweils ein alltägliches Geschehen bzw. einen Moment, der sich eingeprägt hat.


    Die Geschichten sind alle kurz. Das Problem dabei: Wird doch einmal ein besonderer Moment von Bedeutung gut herausgearbeitet, schließt die Handlung sofort und der Moment verpufft. Es gibt Ausnahmen! In der Geschichte „Kein Laut“, in der es um einen misshandelten Jungen geht, geschildert aus der Perspektive eines Mitschülers, ist es tatsächlich nicht notwendig, mehr Worte zu machen.
    Leider sind viele Themen der anderen Geschichten vergleichsweise banal. Natürlich, auch banale Ereignisse gehören zum Leben und wenn ein Junge seine erwachende und bald wieder erlöschende Liebe zum Fußball schildert, dann ist das schon gelungen. Schade, das mich nicht mehr der Geschichten so erreichten, obwohl mir vieles aus eigener Kindheit sehr bekannt ist.


    Mich stört der massive Einsatz des Zeitbezugs anhand von Namen, Marken oder Ereignissen, die stellvertretend sein sollen. Das wird meiner Meinung nach zu nostalgisch verklärend gemacht. Bei einem Buch eines ostdeutschen Autors würde man negativ von Ostalgie sprechen.


    Ich glaube aber auch, dass es vom Leser im starken Maße mit abhängt, ob ihn die Geschichten erreichen oder nicht. Daher bin ich auf weitere Kritiker- und Leserstimmen zum Buch gespannt und hoffe, dass kein Promibonus dabei gewährt wird.