Verlag: Wagenbach
Kurzbeschreibung:
Jahrbuch der Literatur 1982
Über die Herausgeber:
Michael Krüger, geboren 1943 in Wittgendorf, Sachsen-Anhalt, lebt in München. Er war Verlagsleiter des Carl Hanser Literaturverlags und Herausgeber der "Akzente" und der "Edition Akzente". Weiter war er Mitglied verschiedener Akademien und Autor mehrerer Gedichtbände, Geschichten, Novellen und Romane.
Klaus Wagenbach, 1930 in Berlin geboren, lernte Buchhändler und promovierte zum Geisteswissenschaftler. Er arbeitete mehrere Jahre als Lektor, unter anderem beim S. Fischer Verlag in Frankfurt am Main, bis er 1964 seinen eigenen Verlag in Berlin gründete. In den späten 1960er und in den 1970er Jahren avancierte Klaus Wagenbach zum Verleger der Wortführer von Studentenbewegung und Außerparlamentarischer Opposition. Anfang 2002 zog sich Wagenbach von der Leitung seines Verlags zurück.
Mein Eindruck:
Tintenfisch 21 ist eine Anthologie von den beiden legendären Verlegern Klaus Wagenbach und Michael Krüger. Es handelt sich um ein Jahrbuch für Literatur und ist von 1982 und somit ist das Lesen eine Zeitreise. Es geht viel um Politik und die DDR. Da die DDR nicht mehr existiert und die meisten der erwähn ten Politiker inzwischen verstorben sind, ist es schon ungewöhnlich und merkwürdig zu lesen. Das gilt vor allen für die Prosatexte. Die Lyrik-Beiträge haben das Alter besser überstanden.
Gleich zu Anfang gibt es ein ausdrucksstarkes Gedicht von dem Schweizer Lyriker Niklaus Meienberg, den heute nicht mehr viele kennen.
Gefallen hat mir auch Ulla Hahns Anständiges Sonett aus dem Gedichtband Herz über Kopf.
Komm beiß dich fest ich halte nichts
vom Nippen. Dreimal am Anfang küss
mich wo's gut tut. Miss
mich von Mund zu Mund. Mal angesichts
der Augen mir Ringe um
und lass mich springen unter
der Hand in deine. Zeig mir wie's drunter
geht und drüber. Ich schreie ich bin stumm.
…
Oder auch Telefonzelle von Peter Hamm, das den Verfasser in seinem gewohnt empfindlichen Zustand zeigt.
Ein Höhepunkt des Bandes ist das Gedicht “Nichts von dem was mir gehört gehört mir” von Erich Fried.
Großartig auch Berlin Chausseestraße 125 von Horst Bieneck über seine Eindrücke vom Besuch im Brechthaus.
Noch ein Höhepunkt sind die zwei Gedichte von Reiner Kunze:
Die Erde ist uns sicher
nur ist die Erde
nicht sicher
Doch sollte sie sich auflösen
in unserer Abwesenheit, könnten wir
der Schwerkraft ledig,
gleich weiterfliegen
Kurioserweise sind es doch ziemlich große Namen, die die Texte lieferten, die mir wenig sagten: Christa Wolf, Thomas Hürlimann, Brigitte Kronauer.
Aber es gibt auch noch viel gutes, z.B. der einseitige Prosatext von Jürgen Becker. Ich kann nicht alles aufzählen.
Der Band schließt dann unerwartet mit einem amüsanten Text von Loriot!