Kurzbeschreibung (gem. Amazon)
Als Anne Südhausen nach Innsbruck reist, um den Nachlass ihrer verstorbenen Großmutter Charlotte zu regeln, macht sie eine Entdeckung: Tagebücher aus dem Zweiten Weltkrieg, die von Charlottes Zeit im Nervensanatorium Schattwald erzählen – einem Ort, an dem schreckliche Dinge geschahen, die das Leben der Großmutter für immer veränderten. Auch in der Gegenwart passiert Unerwartetes: Ein außergewöhnlicher Mann tritt in Annes Leben, einige Personen entwickeln plötzlich großes Interesse an den Tagebüchern und Anne gerät immer mehr in Gefahr ...
über die Autorin (gem. Amazon)
Barbara Dribbusch arbeitet seit 1993 als Redakteurin bei der taz und hat bereits ein Sachbuch veröffentlicht. Ihre Freizeit widmete sie in den letzten Jahren den Recherchen zu ihrem ersten Roman »Schattwald«, insbesondere zur Geschichte der Psychiatrie im Nationalsozialismus.
meine Meinung
Anne muss sich um den Nachlass ihrer verstorbenen Großmutter Charlotte in Innsbruck kümmern. Die Ressortleiterin einer großen Frauenzeitschrift kehrt in das Haus ihrer Kindheit zurück und entdeckt dabei Aufzeichnungen ihrer Großmama, die ihr Leben in einem anderen Licht erscheinen lassen. Denn Charlotte war zur Zeit des 2. Weltkrieges in einer Nervenheilanstalt und hat dort Tagebuch geführt. Welche Geheimnisse hat sie bis zu ihrem Tode bewahrt?
„Schattwald“ ist das Romandebüt von Barbara Dribbusch und konnte mich leider nur streckenweise überzeugen. Die Autorin greift das Thema Psychiatrie während des 3. Reiches auf, verfährt dabei aber so seicht, dass der Schrecken der damaligen Zeit nicht transportiert werden kann.
Die Geschichte wird von Anne selbst erzählt. In den Rückblenden wirft der Leser einen Blick über Charlottes Schultern und beschreitet mit ihr den Weg in das Sanatorium Schattwald. Diese Aufteilung hat mir gut gefallen, denn so lernte ich sowohl die Enkelin als auch die Großmutter besser kennen. Während die Rückblenden mit Charlotte durchaus fesselnd und auch spannend erzählt waren, verkommt die Gegenwart von Anne zu einem seichten, ja fast schon lachhaften Erzählstück. Was für mich vor allem an der Person Anne selbst lag.
Denn die Ressortleiterin ist so beständig wie ein Fähnchen im Orkan. Denkt sie in einem Moment noch „Nein, das kann ich jetzt nicht erzählen, es geht doch um meine Großmutter“, hört man sie im nächsten Satz schon fröhlich über die Tagebücher ihrer Oma plappern. Dabei ist es egal, wer ihr gerade gegenüber steht. Selbst als sie den Verdacht hegt, dass man ihr etwas böses möchte, schafft sie es nicht, an sich zu halten. Genau so unbeständig ist Anne im Bezug auf Männer. Jede neue Bekanntschaft in Innsbruck wird erstmal auf Partnerqualitäten abgescannt, auch wenn der Gegenüber ein mulmiges Gefühl verursacht. Ich konnte nur noch mit den Augen rollen.
Daher las ich auch lieber die Erzählungen von Charlotte und Schattwald, auch wenn ich diese gern detailreicher gesehen hätte. Erst zum Schluss hin findet Barbara Dribbusch den Dreh, so dass ich in der Geschichte doch noch versinken konnte. Während es in Schattwald dramatisch, aber für mich rund, endet, ist das Ende des Romans zu heroisch, mit zu viel Pathos und zu vielen Zufällen gespickt. Hier hätte ich mehr Zurückhaltung, die es in dem ganzen Werk gab, besser gefunden.
Der Stil der Autorin ist gut und flüssig zu lesen. Ihre Erzählweise ist leicht, ab und an oberflächlich und für das Thema doch zu seicht gehalten.
Fazit: Schattwald bietet viel Potenzial und wird so leichtfertig verschenkt. Schade!