Schreibwettbewerb September - November 2016 - Thema: "Weggefährten"

  • Thema September - November 2016:


    "Weggefährten"


    Vom 01. September bis 31. Oktober 2016 - 18:00 Uhr könnt Ihr uns Eure Beiträge für den Schreibwettbewerb September - November 2016 zu o.g. Thema per Email an schreibwettbewerb@buechereule.de zukommen lassen. Euer Beitrag wird von uns dann anonym am 1. November eingestellt. Den Ablauf und die Regeln könnt Ihr hier noch einmal nachlesen.


    Bitte achtet darauf, nicht mehr als 500 Wörter zu verwenden. Jeder Beitrag mit mehr als 500 Wörtern wird nicht zum Wettbewerb zugelassen!



    Achtung: Achtet bitte auf die Änderungen! Annahmeschluß ist ab sofort immer am Monatsletzten um 18:00 Uhr und die e-mail Adresse hat sich wie folgt geändert - schreibwettbewerb@buechereule.de

  • von Rumpelstilzchen



    Doch, ich habe mich sehr geschmeichelt gefühlt. So viel Aufmerksamkeit
    bin ich nicht gewöhnt. Natürlich bin ich allein, und ich halte, schon
    zur Selbsterhaltung, von den mich umgebenden Körpern den größtmöglichen
    Abstand. Da ist einmal der extrem heiße, gleißend helle Stern, den ich
    umkreise. Vor ihm hüte ich mich besonders. In seiner Nähe wird mir so
    angenehm warm. Dumm nur, dass dabei immer etwas von meiner Masse
    verlorengeht.
    Dieser Stern jedenfalls zieht mich an. Manchmal gefällt mir der Gedanke,
    mich einfach hineinfallen zu lassen. Aber nein. Viel schöner ist es,
    weiter meine Bahnen zu ziehen. Mich dann immer weiter zu entfernen von
    dem strahlenden Zentrum. Meine Stabilität wiederzuerlangen und ein wenig
    abzukühlen.
    Gelegentlich begegne ich unterwegs meinen Geschwistern. Eisigen
    Staubbrocken, wie ich es bin. Und wie schon gesagt. Immer genug Abstand
    halten. Auch von dem Gasriesen, den ich am anderen Ende meiner Bahn
    umrunde. Auch dem möchte ich nicht zu nahe kommen. In seiner Umgebung
    wird es mir dann doch zu kalt.
    Aber zurück zu der so erfreulichen Aufmerksamkeit, die mir von einem
    blau leuchtenden Himmelskörper aus entgegengebracht wurde. Es scheint
    dort in letzter Zeit eine hektische Aktivität ausgebrochen zu sein.
    Feuerspeiende winzige Zylinder steigen auf, entfernen sich ein Stück,
    brechen auseinander und häufig bleibt ein kleiner Teil auf einer
    Umlaufbahn um diese Welt. Warum und wozu verstehe ich nicht. Ist mir
    auch gleich. Oder war mir gleich.
    Bis zu dem Tag, als eines dieser Teile eine Art Verfolgungsjagd aufnahm.
    Nach seltsam aussehenden Manövern kam mir das Ding immer näher,
    verfolgte mich und als es mich eingeholt hatte, begann es, mich zu
    umkreisen. Zuerst war ich verwirrt. So etwas hatte es noch nie gegeben.
    Einschläge von kleineren Brocken, die mir zu nahe kamen, das schon. Was
    wollte das Etwas von mir?
    Offenbar nichts Schlimmes. Ruhig verfolgte es seine Bahn und begleitete
    mich auf meinem Weg zu dem hell leuchtenden Stern. Plötzlich löste sich
    ein kleines, würfelförmiges Etwas von dem Objekt, kam näher und näher,
    piekte mich mit dürren Auswüchsen, machte noch zwei kleine Hüpfer und
    blieb dann in einem dunklen Winkel auf meiner Oberfläche stecken.
    Zunächst konnte ich einige seltsame Aktivitäten ausmachen. Etwas kratzte
    und kitzelte an meiner Haut. Dann rührte sich das Ding nicht mehr. Ich
    hatte gerade begonnen, es unterhaltsam zu finden.
    Dafür umkreiste mich unbeirrt das andere Teil. Eine Schönheit war es
    nicht. Trotzdem freute ich mich, dass es da war. Ich beobachtete, wie
    seine Flügel im Licht des großen Sterns funkelten und im Schatten
    wieder unsichtbar wurden, ein treuer Begleiter und dabei scheinbar
    völlig ungefährlich. Dann, völlig unerwartet, änderte das Ding seine
    Umlaufbahn. Vielleicht hat es meine Gedanken, mich in den hell
    leuchtenden Stern zu stürzen, erraten. Ich beobachtete, wie es näher und
    näher kam und schließlich auf mir aufsetzte. Dabei scheint es
    kaputtgegangen zu sein. Jedenfalls rührt sich seitdem nichts mehr an
    ihm. Schade.

  • von churchill



    Ich kenne ihn gut, denn ich hab ihn gelesen.
    Da sitzt jedes Wort. Und er ist, was er schreibt.
    Bekennendes Arschloch (schon immer gewesen),
    das niemandem eine Replik schuldig bleibt.


    Ein Zyniker. Griesgram. Ein düstrer Geselle.
    Ein Unsympath. Gnadenlos und arrogant.
    Humorlos. Ein Menschenfeind auf alle Fälle.
    Ich les ihn und kenn ihn. Ich hab ihn gekannt.


    Dann habe ich ihn irgendwann mal getroffen.
    Gezwungenermaßen. Er saß eben da.
    Wir grüßten uns, redeten, stritten und soffen
    und lernten uns kennen. Und lachten sogar.


    Ich les ihn noch immer. Ganz neu. Mit den Ohren.
    Ich hör seine Stimme bei jeglichem Wort.
    Im Text geht mir nunmehr kein Schmunzeln verloren.
    So les ich ihn hier, aber höre ihn dort.


    Noch immer verzapft er Gepolter, Gerumpel.
    Er bleibt seinem Image so wunderbar treu.
    Er kostet mich Nerven und ist doch mein Kumpel.
    Das nächste Glas naht. Weißt du, wie ich mich freu?

  • von Jeanette



    Mittwoch, 26. Oktober 2016, 16:33 Uhr. Aus einem WhatsApp-Chat zwischen Anna und Lea, beste Freundinnen, beide 13 Jahre alt.


    Anna: Hiiiiiiiiiiiiii *Winke-Smiley* *Grinse-Smiley* *Tränen-lach-Smiley*


    Lea: Haaaaallllllllliiiiiiiihaaaaaalllllllllooooooo *Tränen-lach-Smiley* (3x) *Grinse-Smiley*


    Anna: Auch
    Haaaaaaaaaaallllllllllllllllllllllllliiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiihaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaalllllllllllllllllllllllllllllloooooooooooooo *Zwinker-Smiley* *Zunge-rausstreck-Smiley* *Tränen-lach-Smiley* Was läuft? *Grinse-Smiley* (2x)


    Lea: Musste heut endlos viel hausi machen, mam stresst voll rum *Augen-Verdreh-Smiley* *trauriger Smiley* *Zunge-rausstreck-Smiley*


    Anna: *Augen-verdreh-Smiley* Kenn ich hab ich auch *Zunge-rausstreck-Smiley* (3x) meine stresst wegen latein hab ne 4 in schulaufgabe *schief-grins-Smiley* *Kackhäufchen*


    Lea: Reicht doch *Daumen-hoch* was macht der süüüüüüüße tobi aus deiner klasse? *Herzchen-Augen-Smiley* *Grinse-Smiley* *Tränen-lach-Smiley*


    Anna: Naja *Augen-zuhalte-Äffchen* *Tränen-lach-Smiley*


    Lea: Komm erzähl was läuft zwischen euch ihr würdet voll gut zusammen passen *Junge-und-Mädchen-mit-Herzchen-Smiley* *Grinse-Smiley* (2x) du brauchst dringend mal nen freund du bist doch schon 13! *In-die-Hände-klatsch-Smiley*


    Anna: online


    Anna: schreibt…


    Anna: online


    Anna: schreibt….


    Anna: online


    Anna: schreibt…


    „Was macht die denn so lange?“, fragt sich Lea und sieht von ihrem nagelneuen iPhone auf. Gespannt beobachtet sie ihre Freundin, die drei Meter vor ihr in einem pinkfarbenen Sitzsack lümmelt und zögerlich tippt.

  • von Johanna



    Ade mein Freund,


    es wird Zeit.
    Zeit, dass wir voneinander lassen.
    Es war wunderbar mit dir, die gemeinsamen Stunden , sie waren etwas ganz besonderes für mich.
    Sie waren magisch, traurig, auch fröhlich und manchmal auch anregend.


    Du hast mir so viel gegeben, warst mir ein einzigartiger Begleiter, warst immer für mich da, hast mich immer treu erwartet, mir Deinen Trost gespendet.
    Die Erinnerung an Dich, sie wird mich noch lange begleiten.


    Doch nun, so schwer es mir fällt, müssen wir uns trennen.
    Vielleicht wird es nicht für immer sein, vielleicht kommt der Moment, an dem wir wieder zusammen finden und die vergangene Innigkeit wieder herstellen können.


    Ich bin mir sicher, Du wirst auch anderen genauso viel geben, wie Du mir geben konntest. Du bist einfach dafür geschaffen.


    Dein Nachfolger wird es nicht einfach haben, er wird eine große Hürde überwinden müssen, mich genauso zu bezaubern, wie es Dir gelang, mein Freund.


    Nun leb denn wohl, mein wunderbarer Kamerad.


    Dein Dich nie vergessender Freund.

  • von Suzann



    Heinz, Günther und Kurt waren schon Freunde, bevor sie ihre Frauen durch Tod, Demenz und Scheidung verloren. Nach den Verlusten entwickelte sich ihre Freundschaft zu der Stütze, die sie sonst nirgends mehr fanden. Das hatte sie in ihren letzten Lebensjahren fest zusammen geschweißt. Jetzt war Heinz tot, Günther von den Kindern ins Altenheim abgeschoben und nur Kurt lebte noch in seinem Häuschen.


    Hund Felix war Heinz´ ganze Freude gewesen. Als der Prostata-Krebs Heinz langsam dahinraffte, war sein letzter Wunsch, dass Felix zusammen mit ihm in der Erde ruhen würde. Da Tiere nicht auf Menschenfriedhöfen bestattet werden durften, hatten sie sich lange geweigert. Sie hatten erst nachgegeben, als der Tod aus Heinz´ ausgemergelten Gesicht leuchtete. Kurt hatte den alten Felix bei sich aufgenommen und ihn nach dessen Ableben in die Kühltruhe gelegt. Dann hatten Günther und er einen Schlachtplan ausgearbeitet.


    So kam es, dass mitten in einer wolkenlosen Nacht zwei Rentner mit einer Schaufel und einer Hundeleiche vor einem Grab standen, wo im Licht des Vollmondes Heinz´ Sterbebild auf dem Holzkreuz erkennbar war. Das Grab war immer noch der schmucklose Erdhügel, wie er bei der Beerdigung aufgeschüttet worden war. Irgendeine gute Seele hatte die alten Kränze entfernt, aber der eingefallene Hügel sah ohne den vergammelten Blumenschmuck noch trostloser aus.


    „Sag mal, können wir dafür eingesperrt werden?“, flüsterte Günther in einer Lautstärke, die alte Leute für leise halten, als er den angetauten Hund ins Gras plumpsen lies.


    „Du bist doch längst in deinem Altenheim eingesperrt, du Schwachkopf!“, kam Kurts bissige Antwort, gefolgt von einem Hustenanfall. Wenn er sich aufregte, musste Kurt husten und da er jahrzehntelang geraucht hatte, waren seine Hustenattacken ein akustisches Erlebnis. Günthers nächtlicher Ausbruch aus dem Seniorenstift hatte Kurt einiges an Überredungskunst bei Anna gekostet.


    So ein nächtliches Spektakel hatte der Friedhof lange nicht mehr gesehen. Zuletzt hatten Jugendliche eine Gothic Party hier gefeiert, seitdem wurde nachts abgesperrt. Doch Kurt hatte einen Schlüssel organisieren können. Der Kartenabend bei Bestattungsunternehmer Neidl war dabei sehr hilfreich gewesen.


    Sie erfüllten heute Nacht ein heiliges Versprechen, erinnerte sich Kurt, als während des Schaufelns das unangenehme Gefühl in ihm aufstieg, den Friedhof zu schänden und die Totenruhe zu stören. Sie wechselten sich ab und endlich war das Loch tief genug. Schwer atmend stützte er sich auf die Schaufel, während sich Günther an den Stein des Nachbargrabes lehnen musste.


    Als Günther den Hund in das Loch ziehen wollte, trat er zu nah an den Rand, rutschte ab und fiel hinein. „Blöder! Drecks! Mist!“, fluchte es aus dem Loch. „Ungeschickt bis zum Schluss“, amüsierte sich Kurt und half seinem Freund aus dem Grab. Während der sich die Erde von der Kleidung klopfte, erledigte er den Rest.


    Fast drei Stunden waren vergangen, bevor Günther ins Altenheim zurückkehrte. Anna, Kurts Enkeltochter, die dort in der Altenpflege arbeitete, wartete schon an der Hintertüre auf ihn. „Wo bleibst du denn?“, zischte sie nervös, „und wie siehst du aus?“


    „Alles okay“, beruhigte er sie. Obwohl er total erschöpft war, fühlte er sich so lebendig wie schon lange nicht mehr.

  • von Andromeda



    War er wirklich schon immer hier
    an meiner Seite?
    Mich begleitend, Schatten werfend,
    Von mir unbemerkt?
    Mit sanft-väterlicher Stimme
    versichert er mir:
    Ja, ich war immer hier, bei dir,
    stets dich begleitend,
    seit deinem ersten Lebenstag,
    du weißt es genau.


    Du hast mich oft schon gesehen,
    mal aus der Distanz,
    manchmal näher als dir lieb war.
    Du hast mich erkannt.


    Abwehrend weiche ich zurück:
    Ich kenne dich nicht,
    bin dir nie vorher begegnet!
    Dein Schatten wirkt fremd,
    es gab nur Licht auf meinem Weg,
    nichts Dunkles wie dich.


    Du belügst dich selbst, das weißt du.
    Erinnere dich:
    Schmerz und Trauer, Erleichterung,
    Trost, Leiden, Beistand.
    Alle meine Schattenboten
    entlang deines Wegs
    erzählten meine Gegenwart,
    drangen in dich ein.
    Immer wieder spürtest du mich,
    ahntest unser Ziel.


    Unwillig schaue ich zurück -
    ist das die Wahrheit?
    Gab es Warnung und Verheißung,
    Schatten neben Licht?


    Die Erkenntnis schmeckt bittersüß,
    tiefes Leid, Verlust,
    verdrängt und doch nicht vergessen,
    sie kamen durch ihn,
    doch ebenso die Verheißung:
    Freiheit ist das Ziel.


    Zögernd nähere ich mich ihm,
    greife seine Hand,
    vertraute knochige Kälte.
    Den Rest des Weges
    werden wir gemeinsam gehen
    immer Hand in Hand.
    Werd ich es ertragen können,
    dass er bei mir ist?
    Werden wir wohl Freunde werden
    auf dem kurzen Weg?

  • von Inkslinger



    „Heyo, Checker! Was geht'n?“
    Leonard verdrehte die Augen. Schon wieder ein neuer Mitbewohner, und anscheinend keiner von der erträglichen Sorte.
    Er setzte sein tapferstes Lächeln auf und schaute zu seinem zukünftigen Kumpel rüber. „Hallo, ich bin Leonard. Willkommen.“
    Der andere würgte kurz, schluckte geräuschvoll und grinste zurück. „Hallöchen, Leonard. Ich bin der Piet. Coole Bude haste hier! Seit wann hockste in dem Ställchen?“
    „Wie bitte?“
    „Wie lange wohnste schon hier?“
    „Oh, achso. Hmm, 20 Jahre, so um den Dreh.“
    Piet ging umher und inspizierte seine neue Umgebung. Dabei ließ er es sich nicht nehmen, alles zu betatschen.
    Leonard seufzte. Es würde ewig dauern, alles wieder an seinen richtigen Platz zu stellen.
    „Hattest schon viele Mitbewohner, wa?“
    „Drei bisher.“
    „War auch schon mal eine heiße Chica dabei?“
    Piet lachte so heftig, dass ihm Schleimbläschen vor der Nase tanzten. Was ihn jedoch nicht davon abhalten konnte, weiter Unordnung zu verbreiten.
    „Ja, ich habe auch schon mal mit einem Mädchen zusammen gewohnt. Aber sie war alles andere als heiß. Eher unterkühlt. Hat sich immer zurückgezogen und ist kaum raus gekommen. Außer, wenn sie was zu meckern hatte. Sonst wollte sie mit niemanden was zu tun haben.“
    „Wie hieß die denn? Vielleicht kenne ich die Schickse ja.“
    „June.“
    Pielt grölte und zündete ein regelrechtes Schleimfeuerwerk.
    Er sollte mal zum Arzt damit, dachte Leonard. Hoffentlich ist es nichts Ansteckendes.
    Als er wieder einigermaßen zu Luft gekommen war, sagte Piet: „Dezember würd' besser passen, wa?“
    Sein eigener Witz brachte ihn sofort wieder aus der Fassung. Er musste sich an die Wand lehnen, um nicht umzufallen.
    Oh Mann, das werden bestimmt zotige Zeiten. Leonard seufzte noch einmal leise und zog sich in seinen Panzer zurück. Lebenserwartung 40 bis 100 Jahre, yeah!

  • von Lese-rina



    „I hab di lang scho nimmer gseng, …“


    Silvia musste lächeln, als sie das alte Lied im Autoradio hörte. Wie passend, war sie doch auf dem Weg zum Klassentreffen. Das Kribbeln im Bauch wurde stärker. Sie freute sich auf ihre alten Klassenkameraden, die meisten von ihnen hatte sie zuletzt bei ihrer Abschlussfeier vor 25 Jahren gesehen. Doch etwas Bammel hatte sie schon. Einige Bekannte hatten nichts Gutes von Klassentreffen berichtet. „Lauter Wichtigtuer und Angeber und die interessanten Leute sind eh nicht da“. Trotzdem, von der Fahrt hatten sie Silvia nicht abhalten können, sie erinnerte sich gern an ihre Schulzeit. Ihre Gedanken schweiften ab, kein Wunder, auf der langen Autobahnstrecke.


    „wo bist du bloß, wo bleibst du denn?“


    Auf dem ehemaligen Pausenhof hatten sich schon etliche Leute versammelt. Mit großem Hallo wurde Silvia begrüßt, schüttelte viele Hände und freute sich über die bekannten Gesichter. Das hat bei jedem Spuren hinterlassen, aber groß verändert hatten sich die wenigsten. Sofort fand sich Silvia in ihrer alten Clique wieder. „Frankreich, Brautmodengeschäft, Bauernhof“, jede hatte viel zu berichten und die Gespräche gingen wild durcheinander. „Und, was machst du denn so?“ fragte Karin,ihre ehemalige Banknachbarin. „Malst du noch?“ Silvia lächelte. Das war einer der großen Glücksfälle ihres Lebens. „Ja, sogar hauptberuflich, als Grafikerin in einem Kinderbuchverlag.“ Sie wusste, welche Frage jetzt kommen würde. „Und, was ist mit dir und Daniel geworden?“ Silvia seufzte. „Gar nichts – wir haben uns aus den Augen verloren.“ „Wie?“ perplex schaute Karin sie an „ihr wart doch ein Herz und eine Seele.“ „Ja, aber eben doch nur Kumpels“, in Kurzfassung erzählte Silvia von ihren Erlebnissen nach der Schulzeit. Vom Auslandsjahr Daniels, währenddessen sie ihren späteren Mann kennengelernte. Von verkorksten Treffen zu Dritt, den ihr Mann war das glatte Gegenteil des freiheitsliebenden und leicht verrückten Daniel. Daniel hatte ihr damals schon prophezeit, dass die Beziehung kein glückliches Ende nehmen würde, leider hatte Silvia für diese Erkenntnis wesentlich länger gebraucht. „Ist halt dumm gelaufen“, Silvia quälte sich ein Lächeln ab „ich habe ja gehofft, ihn heute wiederzusehen.“ Eine Antwort konnte Karin nicht mehr geben, denn eine ältere Dame, die sich als ehemalige Klassenlehrerin entpuppte, lud zur Besichtigung der ehemaligen Schule ein.


    „.. i mechd so gern bei dir sei, sonst wear i no ganz bläd.“


    Auch als sich alle im benachbarten Gasthof zum Abendessen trafen, war noch Daniel noch nicht eingetroffen. Silvia spürte bei aller Wiedersehensfreude einen Kloß in ihrem Hals. Zu gern hätte sie ihren langjährigen Freund wiedergesehen, schließlich war er viele Jahre ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens. Vielleicht sollte sie es doch einmal über Google oder Facebook versuchen. Vertieft in ihre Gedanken bekam sie erst gar nicht mit, dass Karin sie anstupste. „He, du, guck mal!“ Grinsend deutete sie in Richtung Eingang. Da war er! Ganz von selbst zauberte sich ein großes Lächeln auf Silvias Gesicht, als Daniel in ihre Richtung blickte und auf ihren Tisch zukam. „Hey Silvia, lang scho nimmer gseng!“

  • von Sinela



    Sarah schlug die Augen auf, doch zum nachdenken kam sie nicht mehr. Eine ungeheuere Kraft traf sie, warf sie zu Boden um sie dann mit sich zu nehmen. Automatisch begann sie zu schwimmen, wurde vom Wasser mitgenommen. Es gelang ihr sich an einem Trümmerteil ihres ehemaligen Zuhauses festzuhalten. Erschöpft ließ sie sich treiben, um nach wenigen Minuten, die ihr wie Stunden vorgekommen waren, auf trockenen Boden gespült zu werden, wo sie bewusstlos liegenblieb.



    „Sarah! Wach auf!“
    „Was ist los? Was ist passiert?“
    „Keine Ahnung, ich weiß nur, dass wir hier weg müssen, bevor das Wasser nochmal kommt.“
    Sarah richtete sich auf und schaute sich um. Erschlagen von der um sie herum herrschenden Verwüstung kämpfte sie mit den Tränen.
    „Jetzt heul nicht, es hätte schlimmer kommen können, denn unsere Königin ist am Leben. Sie wird die Überlebenden zu einem neuen Zuhause führen und unser Volk wieder groß und stark machen.“



    Im Gänsemarsch zogen die Heimatlosen durch den dunklen Wald. Die Königin ging mit ihrem Hofstaat in der Mitte des Zuges. Vor und hinter ihr schleppten sich die anderen Überlebenden über weiche Tannennadeln und ausladende Wurzeln. Sie waren am Ende ihrer Kräfte und so manch einer blieb einfach liegen, starb einen stillen Tod.
    „Wir rasten hier!“
    „Meine Königin, das ist zu gefährlich, wir ...“
    „Du wagst mir zu widersprechen? Nein, schon in Ordnung, ich weiß, dass du es gut meinst, aber wir sind alle erschöpft, es macht keinen Sinn einfach planlos drauflos zu laufen. Schick einige Späher voraus, sie sollen die Gegend erkunden und Ausschau nach einem Platz halten, an dem wir eine neue Heimat finden können. Wir bleiben in der Zwischenzeit hier, versuchen die Vorräte aufzufüllen und neue Kraft zu sammeln.“
    „Wie ihr befehlt meine Königin.“



    „Schleppen, schleppen, schleppen, tagein, tagaus, ich habe keinen Bock mehr.“
    „Was ist los?“
    Sarah blieb stehen und warf den Proviant, den sie getragen hatte, auf den Boden.
    „Seit die Späher zurück gekommen sind laufen wir in einer Tour. Seit Tagen geht das jetzt so, wieso können wir nicht den direkten Weg nehmen?“
    „Weil dort schon ein anderes großes Ameisenvolk lebt und wir uns kein Gefecht leisten können. Dazu sind wir zu wenige, wir würden alle sterben.“
    „Pah, sind wir denn Feiglinge oder was?“
    Sarah stampfte mit dem Fuß auf, sie platzte fast vor Wut. Sie musste hier weg, sonst könnte sie für nichts garantieren. Sarah lief los, rannte an der Kolonne entlang nach vorne und blieb nach verlassen des dichten Waldes schlagartig stehen. Voller Ehrfurcht schaute sie hinab in das kleine Tal, das von einem Bach durchflossen wurde, die angrenzenden Wiesen voller bunter Sommerblumen. Sie merkte nicht, wie die Königin neben sie trat.
    „Hier ist unsere neue Heimat. Hat sich dafür der längere Weg nicht gelohnt?“
    Beschämt schaute Sarah ihre Herrscherin an. Sie hatte recht, in diesem Tal würde ihr Volk wachsen und gedeihen.

  • von Marlowe



    Die beiden einsamen Gestalten gingen schweigend voran. Seit Tagen waren sie gemeinsam unterwegs. Sie brauchten nicht zu sprechen. Ein Blick von jedem hatte genügt um den anderen richtig einzuschätzen. Gemeinsam zu gehen war nur logisch und für einen von ihnen sogar sehr praktisch.
    Sie war eine Robin, er ein Rob. Beide entstammten der gleichen Familie, beide waren auf ihre Art schön und perfekt. Einer von ihnen war perfekter, aber das wusste der andere nicht.
    Robin blieb plötzlich stehen, deutete Rob an, still zu warten und eilte fast lautlos und gebückt einen kleinen Hügel hinauf. Ein kurzer Blick über den Hügelkamm genügte und sie kam mit schnellen Schritten zurück. Zum ersten Mal seit ihrem Zusammentreffen sprach sie: „Zwei, ein großer Männlicher, eine kleine Weibliche. Sie essen.“ Es klang fast, als würde sie sich ekeln. Rob nickte. „Ich erledige das“, meinte er nur und ging an ihr vorbei.
    Robin war schnell, zu schnell für ihn. Trotzdem gelang es ihm noch, ihr einen Schlag zu versetzen und ihre Bluse zu zerreißen, bevor sie seine Bewegungssteuerung lähmen konnte. Er erstarrte und blieb stehen. Seine Augen sahen die Tätowierung auf ihrer Schulter. „Du bist eine zwei Punkt eins“, stellte er fest. „Was bedeutet das?“
    „Ich kann mich selbst reparieren“, antwortete sie, „aber ich brauche Deine Ersatzteile.“ Mit einem Ruck riss sie seinen Kopf aus dem Rumpf und ließ ihn achtlos fallen. Geschickt öffnete sie die kleine Klappe an seinem Rücken, entfernte seinen Energiegenerator und wollte ihn gerade gegen ihren eigenen, unregelmäßig arbeitenden in ihrem rechten Schenkel austauschen, als sie das Zischen hörte. Robin war schnell, aber sie reagierte falsch. Sie drehte sich um, zur Gefahr hin, statt sich auf den Boden zu werfen. Die panzerbrechende Granate explodierte genau an ihrem formvollendeten Hals, ihr Kopf flog weg und eine fröhliche Mädchenstimme rief: „Volltreffer, bravo Papa!“
    Der Vater der Kleinen ging voraus, aber von den Robs ging keine Gefahr mehr aus. Er packte die Generatoren in einen Rucksack, schnallte ihn auf den Rücken, schulterte die große Waffe und sagte nur: „Komm, Jessie, erst reparieren wir unseren Geländewagen, dann holen wir den restlichen Schrott.“
    Als es dunkel wurde, waren sie endlich wieder mobil und fuhren zurück in die kleine Stadt, in der immer mehr Menschen Zuflucht suchten, sich gegenseitig unterstützten und einen Neuanfang wagten.
    „Papa“, Jessie lag in ihrem Bett und deutete auf den zweiten Generator, der auf dem Tisch stand, „was bedeutet das?“ Dort leuchtete in Blau ein Datum: 05.06.510 N.T.
    Geduldig antwortete er: „Das ist das heutige Datum, der fünfte Juni Fünfhundertzehn nach Trump.“