Alex Gino: George
FISCHER KJB 2016. 208 Seiten. Hardcover
ISBN-13: 978-3737340328. 14,99€
Vom Verlag empfohlenes Alter: Ab 10 Jahre
Verlagstext
Sei, wer du bist!
George ist zehn Jahre alt, geht in die vierte Klasse, liebt die Farbe Rosa und liest heimlich Mädchenzeitschriften, die sie vor ihrer Mutter und ihrem großen Bruder versteckt. Jeder denkt, dass George ein Junge ist. Fast verzweifelt sie daran. Denn sie ist ein Mädchen! Bisher hat sie sich noch nicht getraut, mit jemandem darüber zu sprechen. Noch nicht einmal ihre beste Freundin Kelly weiß davon. Aber dann wird in der Schule ein Theaterstück aufgeführt. Und George will die weibliche Hauptrolle spielen, um allen zu zeigen, wer sie ist. Als George und Kelly zusammen für die Aufführung proben, erzählt George Kelly ihr größtes Geheimnis. Kelly macht George Mut, zu sich selbst zu stehen.
„George“ erzählt einfühlsam und unprätentiös vom Anderssein und ermutigt, den eigenen Weg zu gehen. Der erste Kinderroman zum Thema Transgender, der auch ältere Leser fesseln wird und der die Botschaft vermittelt: Sei, wer du bist!
Der Autor
Alex Gino, geboren und aufgewachsen in Staten Island, New York, mag die Natur und Geschichten, die die Vielfalt des Lebens widerspiegeln. Heute lebt Alex Gino mit Partner und zwei Katzen in Kalifornien, USA. Alex Gino ist seit über zwanzig Jahren in der queeren und transgender Bewegung aktiv. Persönliche Erfahrungen und das Wissen, dass transgender Kinder Romane brauchen, die sie bestärken und ihnen Mut machen, waren der Anlass „George“ zu schreiben.
Inhalt
Der zehnjährige George hat ein Geheimnis. „Sie“ interessiert sich für Mode und träumt sich als Melissa in ihr wahres weibliches Ich. Alex Gino als Erzähler der Geschichte nennt George konsequent „sie“, während alle anderen Personen von „ihm“ sprechen. Die Situation eines Kindes im falschen Körper wird damit so beklemmend deutlich wie die Endgültigkeit von Georges gefühltem Geschlecht. George wächst ohne Vater auf; die Eltern leben getrennt. Auseinandersetzungen mit dem Männerbild des Vaters geht Gino durch diese gewählte Familienform geschickt aus dem Weg. Allerdings demonstriert der ältere Bruder Scott dem Jüngeren in pubertärer Taktlosigkeit, was er für männlich hält.
Melissa darf sich für Mode interessieren und Mädchen-Zeitschriften lesen. Schon als kleines Kind hat George die Mutter damit schockiert, dass „sie“ Mädchenkleidung tragen wollte. Bis in die vierte Klasse konnte George die gefühlte Identität verbergen. Nun wird die Klasse das Schultheater-Stück Wilbur und Charlotte aufführen. Für die sehr emotionale Rolle der Spinne Charlotte wird George bei der Lehrerin vorsprechen. In der Rolle der Charlotte wird er seiner Mutter seine wahre Identität zeigen, die die Mutter bisher nicht „sieht“. Doch die Lehrerin betrachtet Charlotte als Mädchenrolle und will sie nicht an einen Jungen vergeben, weil so viele Mädchen nach dieser Rolle streben. - Selbst wenn dieser Junge die ideale Besetzung für Charlotte wäre. Die Entscheidung ist willkürlich, ungerecht und schreibt Mädchen und Jungen vorgefasste Rollenbilder zu. Doch Miss Udell hat nicht mit Kellys bedingungsloser Freundschaft zu George gerechnet.
Kelly, die bisher mit George durch dick und dünn gegangen ist, will die Entscheidung nicht hinnehmen. Das kann ja heiter werden! Kelly wollte früher Feuerwehrmann werden, sie kann sich über Ungerechtigkeiten aufregen und ergreift schon immer gern Partei für die unterlegene Seite. Beide Kinder sind über transgender Persönlichkeiten informiert; George weiß auch, dass er erst als Volljähriger über Behandlung und Operation entscheiden darf. Bei Kelly zuhause ist es unordentlicher als in anderen Familien; denn ihr Vater hat als Komponist andere Interessen als Staubwischen. Kellys Vater predigt, dass ein Künstler Kontakt zu seiner weiblichen Seite pflegen muss. Er meint allerdings, dass die weibliche Seite der Entwicklung zum männlichen Künstler dient – und ist George mit dem Statement keine große Hilfe.
Fazit
Alex Gino hat mit „der“ zehnjährigen George eine hinreißende, überzeugende transgender Kinderbuchfigur geschaffen, die ich in der Geschichte konstant als weiblich empfunden habe. Ginos Buch ist nicht in allen Details perfekt. Weil der Autor eine für die Zielgruppe passende Sprache trifft, finde ich das Buch bereits für interessierte Leser ab 9 Jahren geeignet. Die Mutter und ihre Einstellung zu George fand ich wenig überzeugend. Als Gegenpol zu fördernden Lehrern, einer in Genderfragen engagierten Direktorin und der tatkräftigen Kelly war offenbar noch eine kritische Stimme nötig. Als Seele von einer Freundin tritt die unkonventionelle Kelly auf. „George“ wurde sicher nicht nur für die Melissas dieser Welt geschrieben, sondern auch für die ermutigenden Kellys.
9 von 10 Punkten