Franz Werfel - Die vierzig Tage des Musa Dagh


  • Danke für den Link, Findus.


    In Bezug auf die Charakterzeichnungen darf man nicht vergessen, wann dieses Buch geschrieben wurde. Genauso dachten die Menschen, wie eben auch Werfel, über die unterschiedlichen Völker.
    Natürlich stört mich das auch, denn ich denke nicht in solchen "Rassen-Schubladen". Trotzdem kann ich Werfel dafür nicht verurteilen.

  • Zitat

    Original von Findus


    Aber das ist es doch, was schon immer, auch heute noch gang und gäbe ist. Dass man Menschen ihrer Herkunft entsprechend charakterisiert.


    Und das gibt ja auch immer Anlass Menschen zu diskriminieren, als weniger Wert zu deklarieren.


    Umso mehr stört es mich, dass sich ein gebildeter Mensch, der gerade dieses Thema in seinem Buch behandelt, nicht davon frei machen kann.

  • Ist die Frage ob es seine eigene Einstellung ist oder die damals gängige Einschätzung. Aber ich weiß was du meinst.


    Bei Gabriel ist es mir besonders aufgefallen, wie er die Leute abschätzt. Deshalb bin ich mir nicht sicher, ob es Sicht des Autors oder seiner Protagonisten ist.


    Auch andere Literaten schauen oft aus ihrer Warte herunter aufs Volk.

    "Leute die Bücher lesen, sind einfach unberechenbar." Spruch aus "Wilsberg "
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  • Ihr Lieben! Mich plagen im Moment arge Rückenschmerzen, so dass ich mich kaum auf`s Lesen konzentrieren kann. Ich versuche es, aber mehr als ein paar Seiten sind nicht drin. :wave

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Regenfisch
    Ihr Lieben! Mich plagen im Moment arge Rückenschmerzen, so dass ich mich kaum auf`s Lesen konzentrieren kann. Ich versuche es, aber mehr als ein paar Seiten sind nicht drin. :wave


    Ich wünsche dir gute Besserung! :knuddel1
    Ich kann das gut verstehen. Ich war letzte Woche auch krank und konnte mich auch kaum auf dieses Buch konzentrieren.

  • Ich glaube, ich wiederhole mich. Ich finde es großartig, wie Werfel die Entwicklung seiner Personen zeigt, wie sehr er sich in sie und diese absolute Ausnahmesituation einfühlen kann. Auch die Beziehungen zueinander, wie Juliette - Gonzague und Gabriel - Iskahu. Während erstere eine Liebesbeziehung eingehen, verläuft sie bei letzteren auf einer anderen Ebene.
    Bringt Juliette die Kraft auf, die Flucht zu wagen?


    Auch der Apotheker wird immer wunderlicher. Es scheint, als ob sein Geist seinen Körper zu verlassen beginnt. Hat er sich diese Philosophie tatsächlich selbst ausgedacht wie so vieles andere?


    In Frage mich, warum nicht schon früher jemand auf die Idee gekommen ist, Leute loszuschicken, um Hilfe zu holen. Aber vermutlich redet es sich aus der Distanz leicht.


    Was wird wohl aus dem Baby? Das beschäftigt mich schon, seit Howsannah aufgetaucht ist.

  • Ich bin schon ein Kapitel weiter, habe also mittlerweile den zweiten Teil beendet. Ich schreibe etwas zu der "Dreiecksgeschichte", den Folgen und Reaktionen darauf, wenn du bzw. ihr auch soweit seid.


    Ich habe mich zuerst auch gefragt, warum man erst jetzt auf die Idee kommt, die Boten loszuschicken. Ich muss mir aber auch immer wieder in Gedächtnis rufen, dass ja eigentlich noch gar nicht so viel Zeit vergangen ist. Die alltäglichen Probleme, die das Leben so vieler Menschen auf diesem Berg und diesen kriegerischen Bedingungen zusammen mit den Angriffen der Türken mit sich bringen, beschäftigen die Führungsriege wahrscheinlich einfach zu sehr. Solche Gedanken und Pläne kommen dann wohl erst nach und nach.

  • Zitat

    Original von made
    Ich glaube, ich wiederhole mich. Ich finde es großartig, wie Werfel die Entwicklung seiner Personen zeigt, wie sehr er sich in sie und diese absolute Ausnahmesituation einfühlen kann. Auch die Beziehungen zueinander, wie Juliette - Gonzague und Gabriel - Iskahu. Während erstere eine Liebesbeziehung eingehen, verläuft sie bei letzteren auf einer anderen Ebene.
    Bringt Juliette die Kraft auf, die Flucht zu wagen?


    Durch die Isolation und die extreme Situation ergeben sich wohl Beziehungen, die so zu anderer Zeit wohl nichts geworden wären.


    Ich fange jetzt mit dem zweiten Kapitel "Die Taten der Knaben an" In welchem Teil befindet sich das bei Euch???

  • Zitat

    Original von Saiya


    Ich habe mich zuerst auch gefragt, warum man erst jetzt auf die Idee kommt, die Boten loszuschicken. Ich muss mir aber auch immer wieder in Gedächtnis rufen, dass ja eigentlich noch gar nicht so viel Zeit vergangen ist. Die alltäglichen Probleme, die das Leben so vieler Menschen auf diesem Berg und diesen kriegerischen Bedingungen zusammen mit den Angriffen der Türken mit sich bringen, beschäftigen die Führungsriege wahrscheinlich einfach zu sehr. Solche Gedanken und Pläne kommen dann wohl erst nach und nach.


    Vielleicht hat auch eine Rolle gespielt, dass in den Köpfen der Armenier sich der Gedanke festgesetzt hat, dass sie von dem Berg nicht lebend herunter kommen, solange die Türken da sind.
    Die Jungenbande und Sato haben dann bewiesen, dass es doch möglich ist.

  • Zitat

    Original von made
    Nun eine ganz andere Frage: Wäre es nicht übersichtlicher, für den zweiten Teil des Buches einen neuen thread aufzumachen? Wenn noch Nachzügler mitmachen wollen, ist man ewig am Suchen, wer wann was geschrieben hat.


    :write :anbet :knuddel1 :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Die Menschen sind am Ende ihrer körperlichen und seelischen Kräfte. Neid, Eifersucht, alte Verletzungen und Vorbehalte gegenüber Fremden brechen durch. Passiert jetzt im Kleinen das, was vorher im ganzen Land geschehen ist? Rassismus?


    Juliette ist lebensbedrohlich erkrankt. Ihre Fieberzustände sind super beschrieben. Ich frage frage mich, welche Entscheidung über eine Flucht sie getroffen hätte, wenn sie gesund gewesen wäre.


    Womöglich hat sie auch Gonzague angesteckt. Ob wir das je erfahren?


    Mir gefallen die Gespräche so gut.


    Was genau in Sato vorgeht, ist nicht immer leicht nachzuvollziehen, aber ihre Eifersucht ist verständlich rüber gebracht.



    Jetzt bin ich auch mit dem 2. Buch fertig.

  • Ich bin gleich zu allererst über das Zitat aus der Offenbarung des Johannes gestolpert. Was bedeutet das?



    Das war ein sehr interessantes Kapitel. Verschiedenste Blickwinkel auf den Völkermord werden erklärt.


    Zuerst die Meinung des deutschen Geheimrats, dass Staatsräson vor Verhinderung des Völkermords geht.


    Nach der Frage, ob "nationale Minoritäten nicht überflüssige Beunruhigungen vorstellen, die am Besten zu verschwinden hätten", musste ich das Buch erst einmal weglegen. Das war unerträglich. Allerdings findet Lepsius eine passende, moderne Antwort: jeder kann mal zur Minderheit gehören.
    Ist es nicht so, dass man auch in der homogensten Menge immer eine Minderheit finden kann, wenn man eine finden möchte?


    Dass der Geheimrat über das Gespräch mit Lepsius sagte, dass er lange keine "interessantere Stunde" erlebt hätte, klingt nach einer Beleidigung. Es ging schließlich nicht um den Unterhaltungswert.


    Aber auch die Begegnung mit den Derwischen ist sehr aufschlussreich. Sie haben den Europäern einiges vorzuwerfen, mit Recht.
    Europa trug maßgeblich Mitverantwortung am Nationalismus in der Türkei, sagen sie. Und sie haben die Waffen entwickelt.
    In meinen Augen machen es sich die Derwische allerdings zu einfach, wenn sie jeden technischen Fortschritt als Teufelszeug ablehnen. Außerdem sprechen sie nicht für die gesamte türkische Bevölkerung. Nicht alle wollen wie sie in Armut leben.
    Ich bezweifle auch, dass der aus Europa importierte Nationalisimus in der Türkei hätte Fuß fassen können, wenn nicht der Boden dafür bereit gewesen wäre. Ich bin auch nicht der Meinung wie der alte Scheich, dass Nationalismus dort entsteht, wo Gott vertrieben worden ist.


    Aber so vielfältig sind die Meinungen. Und das gefällt mir an dem Buch, dass es nicht pauschal urteilt.