Italo Calvino - Marcovaldo oder Die Jahreszeiten in der Stadt

  • Titel: Marcovaldo oder Die Jahreszeiten in der Stadt
    Autor: Italo Calvino
    Verlag: Edition Büchergilde GmbH
    Erschienen: März 2015
    Seitenzahl: 190
    ISBN-10: 3864060478
    ISBN-13: 978-3864060472
    Preis: 25.00 EUR


    Das sagt der Klappentext:
    Marcovaldo, Hilfsarbeiter und Handlanger, gesegnet mit einer vielköpfigen Familie, die er nicht satt bekommt, gehört zu den liebenswertesten Figuren des großen Märchenerzählers Italo Calvino, eine der letzten Inkarnationen aus der Reihe bekannter Komiker wie Charlie Chaplin. Mit einer Besonderheit: Marcovaldo träumt mitten in der Stadt von einer intakten Natur, eine Sehnsucht, die heute aktueller denn je ist. Und so begibt sich dieser Don Quichotte mit unverdrossenem Optimismus auf die Suche nach einer heilen Welt. Aber die Pilze, die er bei seinen Streifzügen inmitten der Stadt findet, bringen ihn und seine Familie ins Krankenhaus. Das Kaninchen, das er beim Tierarzt mitgehen lässt, ist ein verseuchtes Versuchstier. Selbst das wunderbare Blau des Flusses verdankt seine intensive Färbung einer Fabrik. Die Natur präsentiert sich ihm als unweigerlich zerstört. Dennoch folgt er unbeirrt seinem Traum. Und am Ende gelingt es diesem einfachen Mann mit kindlichem Gemüt auch aus den absurdesten Situationen wieder unbeschadet herauszukommen.


    Der Autor:
    Italo Calvino, geb. 1923 in Santiago de las Vegas/Kuba, wuchs in San Remo auf und kämpfte im Zweiten Weltkrieg als Partisan gegen die Deutschen. Nach seinem Studium der Agrarwissenschaften, Philosophie und Literatur war er einige Jahre als Lektor bei dem italienischen Verlag Einaudi beschäftigt. Danach lebte er als freier Schriftsteller in Rom, Paris und in Siena, wo er 1985 starb.


    Meine Meinung:
    Italo Calvino ist ein großer Erzähler, gesegnet mit der Gabe eines Märchenerzählers. Denn in diesem Buch erzählt er ein Märchen über einen modernen Don Quichotte. Das Buch ist charmant, teilweise komisch – dabei aber immer herrlich originell, aber auch poetisch.
    Hervorzuheben sind auch die Zeichnungen von Doro Petersen, die diesem Buch eine ganz besondere Note geben.
    Marcovaldo ist ein Mann, der sich seinen Glauben an die Natur und an die Kräfte der Natur von niemanden nehmen lässt, der unverrückbar an seinen Überzeugungen festhält – wenn auch die Realität ihm immer wieder hart vors Schienbein tritt. Aber das Schienbein des Marcovaldo kann offenbar unglaublich viel aushalten, da ist nämlich nichts, was dieses Schienbein irritiert oder was es sich zurückziehen lässt.
    Marcovaldo in seinem ganz eigenen Kampf gegen die Windmühlen.
    Ein lesenswertes Buch, ein Buch dessen Geschichten von einer ganz besonderen Phantasie getragen werden – tragisch-komisch, aber auch optimistisch. 7 Eulenpunkte.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Auch wenn Herr Palomars Frage schon länger her ist: Es sind zusammenhängende Kurzgeschichten. Man kann das Buch, wenn man mag, in einem Rutsch lesen wie einen Roman. Man kann aber auch alle paar Tage mal sich eine Geschichte vornehmen und sich dran erfreuen.


    Ich fand das Buch toll. Voltaires Rezi kann ich nicht viel hinzufügen. Nur vielleicht - so traurig es irgendwie immer ist - wie humorvoll das Buch ist. Wenn Marcovaldo zum Pilze sammeln auszieht am Grünstreifen an der Hauptstraße, den Platz geheim halten will, am Ende zig Leute da Pilze sammeln und alle in der Notaufnahme landen. Wenn er nachts auf einer Parkbank schlafen will statt in seiner beengten Wohnung, um die Natur zu genießen, und die Bank dann immer belegt ist mit zankenden Paaren etc. Wenn er auf die Idee verfällt, seine Mitmenschen durch Wespenstiche zu heilen. Was für den Moment auch immer funktioniert, wenn der Stich mehr schmerzt als das ursprüngliche Problem.


    Mir hat das Buch ausgesprochen gut gefallen. Traurig, denn irgendwie geht immer alles nach hinten los. Aber doch auch ausgesprochen witzig. Es gab, glaube ich, keine Seite, bei der ich nicht zumindest schmunzeln musste. Und oft habe ich auch laut gelacht.


    Gerade bei Kleinigkeiten entlarvt Calvino uns Menschen und ich musste so lachen. Allein die Parkszene, da geht Marcovaldo erstmal ne Runde spazieren, er möchte ja auf die Bank und denkt sich: das kann dauern.


    "Er sagte: "Aber du willst nicht zugeben, dass du wusstest, während du das sagtest, was du gesagt hast, dass du mir damit Ärger bereitest und nicht Freude, wie du das zu glauben vorgabst."
    Marcovaldo begriff sofort, dass das lange dauern würde."


    Besonders die von Voltaire verlinkte Ausgabe kann ich sehr empfehlen. Man kann es zwar in einem Rutsch runterlesen, wenn man mag. Mir persönlich hat es besser gefallen, jeden Tag eine Geschichte zu genießen und in Ruhe dazu die Bilder zu betrachten.

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von Frettchen ()