Rumpelstilzchen hat mich durch ihre sehr lesenswerten Kommentare zu Hörbuch- und teils auch Printfassung, hier der
Link
darauf gestoßen, dass ich das einzige Prosawerk Rilkes seit Jahrzehnten nicht mehr beachtet habe, obwohl es mich beim ersten Lesen sehr beeindruckte.
Ich nahm es mir nun also erneut vor. Da ich trotz der Kürze des Werkes sicher etwas länger brauchen werde, freue ich mich, wenn sich in der Zeit oder danach noch Mitleser finden.
Ich lese die verlinkte, etwas ältere, Ausgabe des Insel-Taschenbuchs. Meines ist aus der ersten Auflage, 1982.
Also dann:
Nach den ersten paar Abschnitten wird mir klar, warum ich dieses Buch über 30 Jahre nicht mehr in die Hand nahm – jedenfalls nicht, um es zu lesen. Damals las ich es in dem jugendlich-arroganten Glauben an die eigene Unsterblichkeit und Unverwundbarkeit. Heute mit dem leicht ironisch angehauchten Fatalismus eines Menschen, der weiß und akzeptiert hat, dass die verbleibende Lebenszeit recht überschaubar geworden ist. Beides macht die Geschichte erträglich – gerade mal so. Aber man kann sie sicher nicht immer lesen, obwohl mich die lyrische Sprache nach wie vor sehr anspricht. Denn es ist ein düsteres Buch. So viel Schmerz, Furcht und Qual. So viel Dunkelheit, nur manchmal leicht aufgehellt, aber nie ein wirklicher Lichtblick, nicht mal ein Silberstreif am Horizont. Nur manchmal wird der Ton etwas leichter, aber nie wirkliche Erleichterung und nur ein Weg, der zur Erlösung führen kann. Keine Freude für Malte, obwohl ich mich bei manchen Szenen frage, ob Rilke nicht doch zum Galgenhumor neigte.
In einem Abschnitt erzählt Malte von einem Besuch seiner Familie bei Bekannten, die ihr Haupthaus durch einen Brand verloren. Das Szenario entbehrt nicht einer gewissen Komik – sich vorzustellen, wie dort Bewohner und Besucher herumschleichen und einem Phantomgeruch nachschnüffeln. Rilkes intensive Beschreibung von Maltes Sichtweise jedoch wischt mir das Grinsen aus Gesicht und Gedanken und lässt nur noch Raum für die Beklemmung, Bedrückung und wachsende Furcht, die Malte dabei empfand.
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