Verlag: Dumont, 2016
350 Seiten
Kurzbeschreibung:
Zwei Frauen lernen sich auf einer Party kennen. Die zurückhaltende Delphine, die sich mit fremden Menschen meist sehr schwer tut, ist sofort fasziniert von der klugen und eleganten L., die als Ghostwriter arbeitet. Aus gelegentlichen
Treffen werden regelmäßige, man erzählt einander das eigene Leben, spricht über Familie und Freunde, vor allem über Freundinnen. Und natürlich über Bücher und Filme, die man liebt und bewundert. Delphine ist glücklich über die Gemeinsamkeiten und fühlt sich verstanden wie schon lange nicht mehr. Ganz entgegen ihrer Gewohnheit gibt sie in einem Gespräch über das Schreiben die Idee für ihr nächstes Buch preis. L. reagiert enttäuscht: Wie nur könne Delphine ihre Zeit auf eine erfundene Geschichte verschwenden? Eine Autorin ihres Formats müsse sich der Wahrheit verschreiben. Delphine ist entsetzt. L.s leidenschaftlich vorgetragene Forderung löst eine tiefe Verunsicherung in ihr aus. Bald kann sie weder Papier noch Stift in die Hand nehmen. L. scheint völlig unglücklich über das zu sein, was sie in der Freundin ausgelöst hat. Selbstlos übernimmt sie die Beantwortung von E-Mails, das Absagen von Lesungen und Interviews, das Vertrösten des Verlags, der auf einen neuen Roman wartet. Und all das in Delphines Namen. Keiner weiß davon, keiner kennt L., und so ist Delphine allein, als sie feststellt, dass L. ihr immer ähnlicher wird …
Über die Autorin:
Delphine de Vigan, geboren 1966, gelang mit ›No & ich‹ (2007) der Durchbruch als Schriftstellerin. Seit dem Roman ›Das Lächeln meiner Mutter‹ (2010), der wochenlang die französische Bestsellerliste anführte, zählt sie zu den wichtigsten zeitgenössischen Autoren Frankreichs. Sie lebt mit ihren Kindern in Paris.
Mein Eindruck:
Ich habe diesen anspruchsvollen Roman mit Spannung gelesen und war beeindruckt von der Leichtigkeit, mit der die Autorin ihr Spiel mit Literatur, mit Realität und Fiktion gestaltet. Das gelingt ihr durch die Nähe, die sie dem Leser zur Hauptfigur und Icherzählerin Delphine gewährt. Delphine ist die Autorin und Kunstgestalt zugleich.
Und sie macht aus ihrem Buch einen literarischen Thriller, indem sie mit der geheimnisvollen L. dem autobiographischen ein bedrohliches Element hinzufügt.
L. ist Fan und Bewunderin von Delphines schriftstellerischen Fähigkeiten. Ihre Erwartungen sind aber entsprechend hoch und gerade jetzt gerät Delphine in eine lähmende Schreibkrise.
Durch Stephen King-Zitate (Misery, Stark, Sie) verweist sie auf die Nähe zwischen Schriftsteller und Leser, auf Abhängigkeiten und Gefahren, die damit zusammen hängen.
Meisterhaft zeigt Delphine in ihrem rückblickenden Bericht auf die Ereignisse von den Phasen und Zuständen, die sich im Laufe des Geschehens verändern.
Die Spannung steigert sich bis zum Finale hin immer mehr und lässt den Leser das Buch schließlich bis zum erlösenden Ende nicht mehr aus der Hand legen.
Und fast ohne dass man es merkt, hat die Autorin eine ganze Menge zum Thema Literatur mit einem auf intensive Art und augenöffnend diskutiert