Das Unglück anderer Leute - Nele Pollatschek

  • Das Unglück anderer Leute
    Nele Pollatschek
    Galiani Berlin
    ISBN: 978-3869711379
    221 Seiten, 18,99 Euro


    Über die Autorin: Nele Pollatschek lebt im Odenwald und in Oxford. Sie wurde 1988 in Ost-Berlin geboren, hat einige Zeit später Englische Literatur und Philosophie in Heidelberg, Cambridge und Oxford studiert. Sie arbeitet als Dozentin und promoviert gerade über das Problem des Bösen in der Literatur.


    Kurzbeschreibung: »Immer, wenn ich denke, ich bin den Wahnsinn los, passiert etwas und zieht mich wieder zurück.«


    Rabenmütter, Vaterwunden, Geschwisterliebe. In ihrem verblüffenden Debüt spielt Nele Pollatschek mit Statistik und Magie – und erzählt dabei eine turbulente, hochkomische und tieftraurige Geschichte vom Schicksalsschlag, eine Familie zu haben.
    Leider aber fällt in Thenes Odenwald-Idyll immer wieder ein, was sie nur in kleinen Dosen verträgt: ihre Patchwork-Familie, eine in alle Himmelsrichtungen verstreute ostwestdeutsche Mischpoke. Allen voran: Ihre Mutter Astrid – Weltretterin, Punk, hochmanipulativ und mehr an ihren guten Taten als an ihren Kindern interessiert. Dann Georg, ihr Vater, der eigentlich die bessere Mutter gewesen wäre, wäre er nur nicht ganze fünf Jahre verschwunden, als Thene zehn war. Des Weiteren: Eine Schar von abgelegten Stiefvätern, unter ihnen der jüdisch-orthodoxe Menachem. Und – einziger Lichtblick – Menachems Sohn: Thenes fünfzehnjähriger Halbbruder Eli, Zauberlehrling und begnadeter Kenner von Statistik, Wahrscheinlichkeit und Magie.


    Meine Meinung: Thene, 25 und Oxford-Studentin sitzt zusammen mit ihrem Vater und ihrer Oma im Flugzeug nach England, wo sie am nächsten Tag in Oxford ihre Masterverleihung feiern will. Schon hier im Flieger drehen sich die Gespräche zwischen ihnen nur um Astrid, Thenes ausgeflippte Mutter.


    Schon ein paar Beschreibungen von Thene zu ihrer Mutter reichen, um zu erkennen, dass es sich bei Astrid um eine unglaublich anstrengende und nervige Person handelt. Astrid wird im Buch das beherrschende Thema sein und in vielen Rückblicken arbeitet Thene das Mutterbild immer deutlicher heraus.


    Wer nun aber denkt, es ginge nur um Vergangenheitsbewältigung, wird angenehm überrascht, denn ab Mitte des Buches driftet die Handlung immer weiter ab und wartet mit vielen Überraschungen auf.
    Man lernt die ganze Mischpoke kennen und damit noch viele weitere verschrobene Menschen in Thenes Leben und wundert sich, wie sie es schaffen konnte, so normal zu werden.


    Es geht um Statistik und um Magie und um allerhand interessanten Gedankenspiele.
    Thene, also eigentlich Nele Pollatschek berichtet ihren Plot so intelligent, so böse, so voll mit schwarzem Humor, dass man sich wünscht, in Zukunft noch viel mehr von ihr zu lesen.

  • Eine kurze Geschichte über das heitere Sterben einer Familie. Die Mischpoke ist so nervig und verschroben, dass man sich unweigerlich fragt, ob man nicht lieber in der Hölle wäre, anstatt sich ständig mit dem irdischen Unglück der Großfamilienmitglieder aussetzen zu müssen.


    Wer ein Handlungsgerüst braucht, der wird nach dem Lesen der 220 witzigen Seiten enttäuscht sein. Wer gut unterhalten werden möchte von schrägen Figuren, Magie und Wahrscheinlichkeitsrechnung, der liegt mit diesem Büchlein goldrichtig.