Gebundene Ausgabe: 448 Seiten
Verlag: List Hardcover (12. August 2016)
ISBN-13: 978-3471351260
Preis Gebundene Ausgabe: Euro 20.00
Preis Kindle E-Book: Euro 16.99
Autorin
Geboren 1955 in Offenburg. 1974 Abitur in Achern. 1975-1980 Studium der Diplom-Sozialpädagogik in Freiburg. 1980 Wechsel nach Köln. Dort Arbeit in der offenen Jugendarbeit, im Medienbereich und in der Erwachsenbildung. 1996 erscheint mit „Kölsch für eine Leiche“ der erste Krimi, 2001-2008 „Tatort Veedel – Orlando & List ermitteln“ eine Kurzkrimi-Serie im Kölner Stadtanzeiger, 2003 mit „Leichenschmaus“, der erste Katharina-Schweitzer-Krimi, 2010 mit „Schreckschüsse“, das erste Jugendbuch, 2016 mit „Bühlerhöhe“ erster Roman.
Kurzbeschreibung / Klappentext
Rosa Silbermann wird 1952 mit einem geheimen Auftrag in das Nobelhotel Bühlerhöhe geschickt. Die in den 1930ern aus Köln nach Palästina emigrierte Jüdin arbeitet für den israelischen Geheimdienst. Ihre Gegenspielerin ist die misstrauische Hausdame Sophie Reisacher. Die musste 1945 das Elsass verlassen und sucht ihre Chance zum gesellschaftlichen Aufstieg. Beide haben erlebt, was es heißt, wenn ein ganzes Land neu beginnen will. Keine von ihnen vertraut der beschaulichen Landschaft des Schwarzwalds. Und beide wissen von einem geplanten Attentat auf Bundeskanzler Adenauer, wobei jede ihre eigenen Pläne verfolgt. Zwei Frauen in einer Männerwelt, in der es um Macht, Geschäfte und alte Seilschaften geht – und irgendwann um Leben und Tod.
Meine Meinung
Bei diesem Buch haben mich die interessante Kurzbeschreibung sowie das ungewöhnliche Umschlagbild, das mich latent an die ersten farbigen Heimatfilme erinnert, zum Lesen dieses Romans verführt. Im englischen und französischen Sprachraum gibt es unzählige Krimis die in den 1950er Jahren spielen aber in deutschsprachigen Gefilden scheint man diese kurze Ära für Spannungsromane eher zu meiden. Die Schriftstellerin Brigitte Glaser hat die zeitliche Lücke im Literaturbetrieb erkannt und baut eine anregende Agentengeschichte um ein luxuriöses Schlosshotel auf einem Bergsporn im Schwarzwald ganz in der Nähe von Baden-Baden.
Es ist die kurze Zeitspanne nach dem 2. Weltkrieg noch bevor das Wirtschaftswunder in Deutschland beginnt. Die Bundesrepublik steht offiziell mit dem jungen Staat Israel in Verhandlungen betreffend dem Bundesentschädigungsgesetz. Es geht um finanzielle Wiedergutmachung des Staates für begangene Verbrechen während des Krieges. Dieses sich anbahnende Gesetz samt hohen Kosten ruft im politischen Spektrum unterschiedlichste Gruppierungen auf den Plan die diesem Vorhaben kritisch gegenüberstehen und es am liebsten verhindern möchten. Gefährlich sind radikale Extremisten jeglicher Couleur die auch vor Gewalt und Anschlägen nicht zurückschrecken.
Der damalige Bundeskanzler Adenauer, ein Befürworter der Entschädigungszahlungen, verbrachte während seiner Regierungszeit seinen Urlaub öfters im noblem Hotel auf der badischen Bühlerhöhe. Der israelische Geheimdienst Mossad sorgt sich um des Kanzlers Sicherheit und schickt ein jüdisches Agentenpärchen, getarnt als Touristen, zum Schutze Adenauers auf die Bühlerhöhe. Rosa und Ari, der leider einige Tage verspätet eintrifft, sind die tragenden Hauptfiguren in dieser Geschichte. Im Hotel und somit im Dunstkreis des Kanzlers und seiner Entourage sind zufälligerweise noch andere geheimnisvolle Gäste einquartiert. Alle haben so das ein oder andere zu verbergen. Die überaus neugierige Hausdame Sophie Reisacher ist ganz in ihrem Element und sie steckt ihre Nase zu gerne in Angelegenheiten die sie eigentlich nichts angehen.
Von der ersten Seite an ist mir der kultivierte Schreibstil von Brigitte Glaser aufgefallen. Da schreibt eine Autorin, die mit der Sprache umzugehen und sie stilsicher einzusetzen weiss. Für einen Spannungsroman, sofern es überhaupt einer sein soll, ist dieses gepflegte Erzählen höchst ungewöhnlich aber es passt zum noblen Ambiente. Der Einsteig in die Geschichte ist gelungen aber er ist mir eine Spur zu lang geraten. Es bleibt ungewöhnlich lange unspektakulär und es zieht sich bis Kanzler Adenauer eintrifft und endlich Dynamik und Leben in die etwas vor sich hin plätschernde Erzählung kommt. Davor geht es primär darum, wie die Personen untereinander agieren und versuchen den anderen zu durchschauen ohne zu viel von sich selbst preiszugeben. Jeder Angestellte des Hotels und jeder Gast hegt und pflegt seine rätselhafte Aura und verfolgt seine individuellen Vorhaben und Ziele.
So viel sei vorab verraten: Bundeskanzler Adenauer selbst muss sich in diesem Roman mit einer kleinen Nebenrolle begnügen. Er ist zwar die weitaus bekannteste Figur und thematisch latent präsent tritt aber selbst kaum in Erscheinung. Es sind die bereits erwähnten Protagonisten die diesen feinen Roman mit den vielen kleinen Anspielungen tragen und zu einem vielschichtigen und bis zum Schluss stimmigen Grossen und Ganzen machen. Wertung: 8 Eulenpunkte
Edit: Man kann darüber diskutieren in welches Genre dieser Roman gehört. Auf der Homepage des Verlags steht zu diesem Buch "Kriminalroman" und deshalb habe ich die Rezi in diese Kategorie eingestellt.