'Stadt der Diebe' - Seiten 001 - 076

  • Ich bin noch nicht durch mit dem ersten Abschnitt, wollte meine ersten Gedanken aber schon mal posten.


    Der Erzählrahmen gefällt mir gut. Der Enkel, der seine ausgewanderten russischen Großeltern nach deren Erlebnissen im Krieg befragt. Stimmt es, dass das Benioff selber ist und sein Großvater ihm die Geschichte wirklich (im Kern) so erzählt hat?


    Die Oma ist mir sehr sympathisch mit ihrer knurrigen Art. Und diese standhafte Weigerung, zu kochen - herrlich! :lache


    Die ersten beiden Kapitel lassen ein sehr düsteres Bild vor meinem inneren Auge entstehen und führten dazu, dass ich seit gestern am googlen bin. Ich weiß nicht viel über russische Geschichte und die Behandlung der Weltkriege zu Schulzeiten liegt inzwischen fast ein Jahrzehnt zurück... da besteht bei mir auf jeden Fall Nachholbedarf, da sich mein Interesse ansonsten auf die englische Geschichte konzentriert.


    Mir gefällt der Schreibstil sehr. Die Sätze lassen sich gut und flüssig lesen, auch wenn ich das Englische als recht anspruchsvoll empfinde. Liest hier noch jemand im Original?


    So, dann mal ran an Kapitel 3 und 4, mal sehen was Kolja und Lew (wie spricht man das aus? Leu? Leo?) erwartet.

  • Ich glaube, russische Namen spricht man wirklich so aus, wie sie geschrieben sind. Also das Lew wie bei Lewinski. Es gab mal einen russischen Fußballtorwart Lew Jaschin.


    Vor vier Jahren war ich in St. Petersburg. Sehr eindrucksvolle Stadt und die ganzen Ortsbeschreibungen kann ich gut nachvollziehen und habe die Orte vor Augen. Diese damalige Belagerung der Stadt muss grausam gewesen sein. Irgendwann haben da überall verhungerte und erfrorene Menschen herumgelegen. In St. Petersburg stehen auch Denkmäler, um zu kennzeichnen, wie weit die Wehrmacht es in die Stadt geschafft hat.

  • Zitat

    Original von xexos
    Diese damalige Belagerung der Stadt muss grausam gewesen sein. Irgendwann haben da überall verhungerte und erfrorene Menschen herumgelegen. In St. Petersburg stehen auch Denkmäler, um zu kennzeichnen, wie weit die Wehrmacht es in die Stadt geschafft hat.


    Ja das muss echt schrecklich gewesen sein. Im Buch "Die Liebenden von Leningrad" von Paullina Simons wird diese Belagerung auch beschrieben. Die Menschen sind vor Schwäche auf der Straße umgefallen, erfroren und am Boden festgefroren. Sie konnten erst im Frühjahr begraben werden.


    Das Buch handelt übrigens auch von den Großeltern der Autorin.

  • Zitat

    Original von Schwarzes Schaf
    St. Petersburg sieht wirklich so aus, als würde sich ein Besuch lohnen. :gruebel


    Auf jeden Fall! Am besten zur Zeit der weißen Nächte, also Ende Juni. Da wird es wie im Buch geschrieben nachts nicht richtig dunkel und auf der Newa ist bei den Zugbrücken eine große Veranstaltung. Ich hatte vier Tage Moskau und sechs Tage St. Petersburg gebucht. Seit dem Aufenthalt dort bleibt auch von den historieschen Ereignissen viel mehr im Gedächtnis.

  • LauraJane, danke für den Hinweis, das Buch liegt seit geschlagenen 9 Jahren auf meinem SuB... :rolleyes Das habe ich jetzt mal raus gekramt und werde es mir näher anschauen.


    xexos, das klingt spannend. Vielleicht schaffe ich es ja irgendwann mal dorthin. :-)

  • Wobei das heute prachtvoll restaurierte St. Petersburg mit dem Leningrad des Romans wenig gemeinsam haben dürfte.


    Die Belagerung Leningrads muss einfach schrecklich gewesen sein. Eine der Schandtaten der deutschen Wehrmacht. Ich habe einige Filmbeiträge dazu gesehen und finde es noch immer unfassbar, so viele Zivilisten zu einem elenden Hungertod zu verurteilen.


    Ich bin mit dem Titel dieses Buches nicht glücklich. Zwar finde ich, dass ein Autor das Recht hat, jede Tragödie zum Stoff für einen Roman zu machen. Mir erscheint dieser Titel : Stadt der Diebe aber vor dem Hintergrund der realen Ereignisse zu spielerisch - als hätten die Bewohner oder die beiden Hauptpersonen irgendeine Wahl gehabt.
    Wie geht es euch denn damit?

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Wobei das heute prachtvoll restaurierte St. Petersburg mit dem Leningrad des Romans wenig gemeinsam haben dürfte.


    Das sollte aber für jede Stadt der Welt gelten, dass sie sich in den letzten 70 Jahren etwas verändert hat. Erlöserkirche, Admiralität, Newskiprospekt, Eremitage etc. ist aber immer noch alles vorhanden.



    Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Titel dieses Buches ... Wie geht es euch denn damit?


    Da hatte ich vorher noch nicht so drüber nachgedacht, das ist aber ein Indiz dafür, dass es mich nicht besonders stört. Etwas zynisch ist der Titel aber schon.

  • Zitat

    Original von Schwarzes Schaf
    LauraJane, danke für den Hinweis, das Buch liegt seit geschlagenen 9 Jahren auf meinem SuB... :rolleyes Das habe ich jetzt mal raus gekramt und werde es mir näher anschauen.


    Unbedingt, ich habe dieses Buch bereits mehrmals gelesen und finde es einfach wunderschön (trotz der traurigen Kriegsgeschichte). Es gibt auch noch eine Vortsetzung ich glaube " Tatjana und Alexander" heißt sie.

  • Zitat

    Original von xexos


    Da hatte ich vorher noch nicht so drüber nachgedacht, das ist aber ein Indiz dafür, dass es mich nicht besonders stört. Etwas zynisch ist der Titel aber schon.


    Geht mir ähnlich wie xexos, der Titel hatte mich vorher gestört, habe erst angefangen, drüber nachzudenken, als ich dein Posting gelesen habe.


    Den ersten Absatz habe ich in einem Rutsch durchgelesen - das Buch liegt eigentlich völlig zu Unrecht schon seit mehr als einem Jahr auf meinem SUB. Es ist sehr angenehm geschrieben, durchaus auch glaubwürdig aus der Perspektive eines Jugendlichen, wenn auch in einer Zeit, in der die Jugend schlagartig enden konnte. Das ist häufig mein Problem mit solchen Büchern - einige Autoren schaffen es einfach nicht, Jugendliche so zu beschreiben, dass man ihnen ihr Alter auch abnimmt. Besonders stimmig finde ich, dass in einer solchen Zeit trotzdem für Jugendliche dieselben Dinge wichtig sind wie zu anderen Zeiten auch.


    Hmm, wo ihr hier alle Reisepläne schmiedet - irgendwie hat mich St. Petersburg bisher nicht gereizt, auch wenn ich schon viele Bücher gelesen habe, die dort gespielt haben. Vielleicht ändert sich das noch mal.

  • Ich hab nur mal kurz rein gelesen und hab schon das erste Kapitel durch. Das Buch gefällt mir.
    Erst dachte ich, es wäre ein Tatsachenroman, wahrscheinlich, weil der Enkel auch David heißt. Ich habe ein Interview gefunden, vielleicht interessiert es euch ja.


    Edit: Handyunsinn korrigiert ;-)

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    In diesen Zeiten ist man mit 17 eigentlich kein Jugendlicher mehr gewesen. Besonders dann nicht, wenn man wie Lew aus einer Familie kommt, in der der Vater wohl ermordet worden ist.
    Dafür wird er mir fast als zu kindlich geschildert.


    Ich denke, das ist etwas komplexer - auf der einen Seite hat man so schlimme Erfahrungen gemacht, dass die Kindheit wirklich unwiederbringlich vorbei ist, auf der anderen Seite kann ich mir aber auch vorstellen, dass der Krieg alles so überschattet, dass normales Heranwachsen, Sammeln von Erfahrungen speziell sozialer Natur zu kurz kommt, bzw völlig verzerrt ist.
    Damit haben wir dann einen Jugendlichen, der zwar durch schlimme Erfahrungen frühzeitig erwachsen werden musste, aber auf der anderen Seite einen Mangel an "normaler" Lebenserfahrung hat, also in bestimmten Bereichen ziemlich naiv ist.

  • Da hast du sicher ganz recht - einige Erfahrungen fehlen ihm völlig. Das liegt aber auch an der damaligen Zeit. Es war ja nicht sehr viel anders als im Nazideutschland. Ein falsches Wort an die falsche Person konnte das Ende bedeuten.
    Man hat sich darauf beschränkt, sich im vertrauten Umfeld zu bewegen.
    Gerade Lews Familie war da sicher sehr zurückgezogen.


    Habe ich es überlesen oder wird nirgends erwähnt, was Lew vor der Blockade gemacht hat? Ist er noch zur Schule gegangen? Hat er irgendwo gearbeitet?

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen


    Ich bin mit dem Titel dieses Buches nicht glücklich. Zwar finde ich, dass ein Autor das Recht hat, jede Tragödie zum Stoff für einen Roman zu machen. Mir erscheint dieser Titel : Stadt der Diebe aber vor dem Hintergrund der realen Ereignisse zu spielerisch - als hätten die Bewohner oder die beiden Hauptpersonen irgendeine Wahl gehabt.
    Wie geht es euch denn damit?


    Ich glaube, damit sind nicht Lew und Kolja gemeint. Ich denke eher, dass es einen tieferen Sinn hat, den ich noch nicht kenne.


    Zitat

    Original von Rumpelstilzchen


    Habe ich es überlesen oder wird nirgends erwähnt, was Lew vor der Blockade gemacht hat? Ist er noch zur Schule gegangen? Hat er irgendwo gearbeitet?


    Ich kann mich nicht erinnern.


    Mir gefällt der Anfang schon mal richtig gut. Das hätte ich nicht erwartet. Ich mag den Schreibstil und kann alles vor mir sehen.
    Wie schrecklich muss es gewesen sein in dieser Zeit zu leben? Ich mag mir das gar nicht vorstellen. Deswegen frage ich mich auch dauernd, warum man heutzutage nichts gegen den allgegenwärtigen Hass macht. Ich möchte nicht in so einer Welt leben und ich bin mir sicher, dass die meisten anderen Menschen das auch nicht wollen. So muss es zur Zeit in Aleppo sein (um nur ein Beispiel zu nennen).


    Zu den Hauptpersonen kann ich noch nicht so viel sagen. Außer, dass ich Kolja ziemlich nervig finde. Ich muss mir über beide noch meine Meinung bilden.


    Hab ich schon mal erwähnt, dass ich russische Namen mag? :grin


    Edit: Und ich möchte schon lange mal nach St. Petersburg, leider hat der Gatte nicht so viel dafür übrig.

  • Zitat

    Original von xexos



    Da hatte ich vorher noch nicht so drüber nachgedacht, das ist aber ein Indiz dafür, dass es mich nicht besonders stört. Etwas zynisch ist der Titel aber schon.


    Ich fand den Titel zunächst seltsam, aber mittlerweile empfinde ich ihn auch als sehr zynisch und wurde vielleicht auch gerade deshalb so gewählt. Er passt für mich zum Buch.