'Stadt der Diebe' - Seiten 222 - 303

  • Diese so deutlich geschilderte Kriegsbrutalität hatte gar nicht erwartet. Ich versuche aber auch immer, den Klappentext vor dem Lesebeginn möglichst vollständig vergessen zu haben, um mich dann vom Buchinhalt überraschen zu lassen. Umso mehr staune ich gerade über den Inhalt.


    Letztlich finde ich es aber positiv, dass.der Krieg so schonungslos dargestellt wird. Ich bin aber auch genauso froh, mit dieser Zeit keinen direkten Kontakt zu haben. Ein Haufen Sadisten war das damals. Es ist immer wieder erschreckend zu erkennen, zu was Menschen fàhig sind.

  • Für mich gehört es bei diesem Thema unbedingt dazu, den Krieg so darzustellen, wie er war. In all seiner Abscheulickeit.
    Ich glaube gar nicht, dass die Menschen sadistischer waren, als sie es heute sind. Man hat ihnen nur gestattet, diese Bedürfnisse auszuleben. Ein wenig wie heute. Wenn eine Gruppe erst einmal als minderwertig definiert ist, kann man sich ungestraft an ihnen vergreifen. Oder man meint, man könne das tun.

  • Auf der einen Seite bin ich von dem Buch begeistert, weil es mich einfach fesselt. Dass es um die blöden Eier geht, hatte ich eigentlich schon längst vergessen. Auf der anderen Seite finde ich das alles so abscheulich, dass ich froh bin, diese Zeit nicht miterlebt zu haben.
    Schon alleine die Szene am Ende des Abschnitts, als alle Menschen, die lesen konnte, einfach so erschossen wurden. Ich frage mich, welches Recht sich überhaupt irgend ein Mensch heraus nimmt und andere als minderwertig abstempelt. Heute ist das ja auch nicht viel anders als damals, nur dass es nicht ausgelebt wird. Wenn ich manchmal mitbekomme, wie über Flüchtlinge geredet wird, könnte ich ausrasten. Das Buch bestärkt mich noch mehr darin, dass meine Einstellung dazu richtig ist.


    In irgend einer Rezension habe ich gelesen, dass die Liebesgeschichte (das wird ja wahrscheinlich zwischen Lew und Vika sein), erzwungen rüber gekommen wäre. Das finde ich gar nicht. Ich finde das sogar sehr realistisch, denn sie erleben hartes Zeug miteinander und merken, dass sie sich aufeinander verlassen können. Ich glaube, den Lichtblick, den Lew gerade mit Vika erlebt, brauche ich um das Buch in guter Erinnerung (inhaltlich) zu behalten.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Ich glaube gar nicht, dass die Menschen sadistischer waren, als sie es heute sind. Man hat ihnen nur gestattet, diese Bedürfnisse auszuleben. Ein wenig wie heute. Wenn eine Gruppe erst einmal als minderwertig definiert ist, kann man sich ungestraft an ihnen vergreifen. Oder man meint, man könne das tun.


    Da stimmt ich Dir natürlich zu. Mein "damals" war gar nicht so absolut gemeint und die grundsätzliche Fähigkeit nur auf die Vergangenheit bezogen.

  • Zitat

    Original von xexos
    Diese so deutlich geschilderte Kriegsbrutalität hatte gar nicht erwartet. Ich versuche aber auch immer, den Klappentext vor dem Lesebeginn möglichst vollständig vergessen zu haben, um mich dann vom Buchinhalt überraschen zu lassen. Umso mehr staune ich gerade über den Inhalt.


    Letztlich finde ich es aber positiv, dass.der Krieg so schonungslos dargestellt wird. Ich bin aber auch genauso froh, mit dieser Zeit keinen direkten Kontakt zu haben. Ein Haufen Sadisten war das damals. Es ist immer wieder erschreckend zu erkennen, zu was Menschen fàhig sind.


    Mir geht es genauso. Mit dieser schonungslosen Darstellung hatte ich nicht gerechnet. Ich finde das richtig und wichtig. Zumal ich wohl zu der Fraktion zu gehören scheine, der das ganze Geplänkel drumherum, wie die Liebesgeschichte als eher störend empfinden. Ich überlese bzw. überhöre da einiges. Das macht das Buch für mich etwas langatmig und ich verliere schnell die Lust dranzubleiben bzw. bin froh, wenn ich damit fertig bin. Sprachlich gefällt es mir dagegen sehr, sehr gut.

  • Ich habe offenbar zu viele Bücher über dieser Zeit gelesen, sodass ich nicht überrascht war. Eher im Gegenteil - ich hätte es interessant gefunden, mehr über die belagerte Stadt und die Probleme der ausharrenden Menschen zu erfahren.


    Aber es ist schließlich kein Buch über die Belagerung von Leningrad - die bildet eher den Hintergrund.


    edit ersetzt ein aus durch ein über.

  • Das wäre dann eher das unten verlinkte Buch. Es ist mir nur leider derzeit zu teuer.


    Und das die Zeit als solche grausam war, weiß ich auch. Ich hatte blocß nicht erwartet, dass Benioff dies so schonungslos darstellt. Ich hatte hier mit seichterer Unterhaltung gerechnet, war aber gleichzeitig froh, dass es nicht seicht und nur oberflächlich beschrieben war.

  • xexos, es kommt auch immer sehr auf die Darstellung an. Und auf die eigenen Erwartungen.


    Eins der heftigsten Bücher finde ich heute noch das unten verlinkte.


    Ich habe mit dem Littelll drei Wochen verbracht (nicht ausschließlich, frau brauchte eine harmlose Bettlektüre). Grauenvoll fand ich das buchhaltermäßige Verwalten des Massenmords. Das habe ich so nirgends sonst beschrieben gefunden. Für mich war das schlimmer als alle Beschreibungen von blutigem Gemetzel.


    Die Verlinkung klappt mal wieder nicht.
    Ich meine
    Jonathan Littell
    Die Wohlgesinnten

  • Die blöden Eier hatte ich auch schon längst vergessen. Ich finde Geschichten über Krieg können nicht brutal genug geschrieben werden. Sie sollen die Menschen aufrütteln und abschrecken. Da irgendwas zu verschönern finde ich falsch.
    Mich hat das Buch jetzt auch richtig gepackt und ich lese immer weiter obwohl ich schon vor 3 Kapiteln gesagt habe, eins noch dann ist Schluss für heute.

  • Zitat

    Original von Booklooker
    Ich glaube, das Problem ist, dass die Menschen, die es nötig hätten so ein Buch zu lesen, gar keine Leser sind. Oder diese Art Bücher nicht liest.


    Ja da könntest du recht haben. Leider. Trotzdem finde ich es gut, dass es auch solch Bücher gibt. Es könnte ja durchaus sein, dass es zufällig mal doch jemandem solchen in die Hände fällt und er anfängt zu lesen. Man soll ja die Hoffnung nie aufgeben. :wave :wave

  • Zitat

    Original von xexos
    Das wäre dann eher das unten verlinkte Buch. Es ist mir nur leider derzeit zu teuer.


    Und das die Zeit als solche grausam war, weiß ich auch. Ich hatte blocß nicht erwartet, dass Benioff dies so schonungslos darstellt. Ich hatte hier mit seichterer Unterhaltung gerechnet, war aber gleichzeitig froh, dass es nicht seicht und nur oberflächlich beschrieben war.


    Auf Englisch gibt es das Buch gebraucht weitaus günstiger, falls das hilfreich ist.
    Ich bin durch das Nachwort des Autors drauf gestoßen, werde es aber wahrscheinlicht (noch) nicht lesen.



    Das Buch fesselt mich extrem, auch wenn es so brutal ist. Ich finde den Schreibstil sehr angenehm und flüssig zu lesen, ich merke gar nicht, wie schnell ich die Seiten umblättere.
    Dieses ganze Drumherum, die seichte Flirterei, das Geplänkel zwischen Kolya und Lev, die Suche nach den Eiern, stört mich überhaupt nicht. Ich empfinde es im Gegenteil als sehr passend, denn anders würden die Protagonisten wohl jeglichen Lebensmut verlieren. Sie versuchen, sich an irgendetwas zu klammern, und wenn das halt das Gerede über Kolyas letzten Stuhlgang ist, dann ist auch das okay (für ihn zumindest, Lev ist da nicht so interessiert.. :lache).

  • Ich glaube, die Wohlgesinnten werden bei mir noch eine Weile länger subben - nach diesem Buch und dem Fallada habe ich erstmal genug vom Krieg.


    Ich weiß nicht so recht, was ich von dem Buch halten soll - auf der einen Seite ist es wirklich sehr angenehm erzählt, aber einige Aspekte finde ich doch auch merkwürdig. Zum Beispiel Vikas Anziehungskraft auf Lew - kann sich irgend jemand vorstellen, dass der Geruch eines ungewaschenen Körpers (inklusive der Haare, die nach nassem Hund riechen), den Wunsch wecken, jemanden abzulecken? Überhaupt geht mir Lews sexuelle Entwicklung ziemlich auf den Geist. Ist vielleicht normal, als Junge mit 17 quasi bei jeder sich bietenden Gelegenheit sexuelle Phantasien zu haben, kann ich als Frau nicht so beurteilen. Aber so genau will ich das auch gar nicht wissen. :lache


    Was ich mich immer frage, ist, wie wird ein Buch wie dieses auf Generationen nach uns wirken? Weniger heftig, weil es weiter weg ist? Weil die Familienmitglieder, die es noch erlebt haben, höchstens aus Erzählungen bekannt sind? Beim Fallada habe ich mir die Frage noch häufiger gestellt, innerlich Parallelen gezogen zwischen den Ereignissen und Charakteren und dem, was mir meine Oma über den Krieg und ihr Leben zu der Zeit erzählt hat. Das fällt ja schon für die Generation meiner Kinder weg.


    Sorry, wenn ich jetzt zu weit abgeschweift bin, aber das hat mich beim Lesen beschäftigt und musste mal raus.

  • Ellemir, ich fürchte, wir sind es, die da nicht mehr normal ticken. Die meisten empfinden den normalen "Menschengeruch" als unangenehm. Muss mit Parfum und Seife und Deo übertüncht werden.
    Und zu Zeiten, als es noch kein fließendes Wasser in den Wohnungen gab, haben wir alle - nein, nicht gestunken - aber deutlich mehr nach Mensch gerochen.


    Mich wundert es wenig, dass ein 17jähriger pausenlos an Sex denkt. Ich habe allerdings keine Ahnung, ob das nicht dadurch vermindert sein könnte, dass er halb verhungert ist. Ich hätte eher gedacht, man denkt dann nur noch ans Essen.