Dear American Airlines – Jonathan Miles

  • Dear American Airlines - Jonathan Miles
    Taschenbuch: 256 Seiten
    Verlag: Bastei Lübbe (Lübbe Paperback);
    Auflage: Aufl. 2009 (17. März 2009)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3785760019
    ISBN-13: 978-3785760017


    Klappentext:
    Was tut man auf einem Flughafen in the middle of nowhere wenn nichts mehr geht? Zum Beispiel einen Beschwerdebrief schreiben. Dear American Airlines ... beginnt Bennie Ford und ist vor allem eins: wütend. Wütend, weil er die Hochzeit seiner Tochter verpasst, die er seit zwanzig Jahren nicht gesehen hat. Wütend, weil er alles falsch gemacht hat. Zweihundert Seiten später ist Bennies Brief nicht mehr wütend - und immer noch nicht zu Ende. Er ist zu einem tragikomischen Roman geworden. Über ein Leben, das seinem Helden plötzlich eine zweite Chance bietet. Ein Buch über verpasstes Glück und zweite Chancen - wie ein langer Abend mit einem alten Freund und zu viel Alkohol.


    Autor (Klappentext):
    Jonathan Miles zog mit siebzehn von zu Hause aus, um Musiker zu werden. Dieses Ziel erreichte er nie; stattdessen arbeitete er als Barkeeper, Gärtner, Journalist. Er schrieb über so ziemlich alles von Theorie und Praxis der Kneipenschlägerei über Faulkner bis zur Rallye Dakar. Heute schreibt er regelmäßig eine Kolumne über Cocktails in der New York Times und über Bücher im Men's Journal. Jonathan Miles lebt in Warwick, New York.


    Meine Meinung:
    Meistens ignoriere ich Remittendenkisten – die Wahrscheinlichkeit, ein Buch zu finden, das in mein Beuteschema passt, ist sehr gering. Aber manchmal höre ich im Vorbeigehen ein leises Rascheln und dann weiß ich, dass unter all dem 08/15-Kram eine Kostbarkeit liegen könnte. Diesmal habe ich einen Diamanten gefunden :-].
    Ein wunderbares Buch – schräg, schwarzhumorig, wortgewaltig. Geschrieben mit einer Ruhe, einer Reife und Selbstverständlichkeit, die diese skurrile Geschichte und die dabei erzählte bittere Lebensbeichte glaubhaft und wahrhaftig machen. Ich liebte sie von der ersten bis zur letzten Seite.
    Bennie, der Protagonist, erzählt nicht nur sein Leben, auch das seiner Mutter wird immer wieder erwähnt. Und immer wieder streut er kurze Episoden ein, Begegnungen mit seinen Leidensgenossen, die mit ihm auf dem Flughafen darauf warten, dass es weitergeht.
    Miles' Stil ist sicher nicht jedermanns Sache – in Amerika kam das Buch sehr unterschiedlich an, man liebte oder hasste es, in Deutschland scheint es komplett gefloppt zu sein. Schade. Ich finde seinen Umgang mit Sprache und Bildern genial. Trotzdem verstehe ich, dass nicht alle Geschmack daran fanden. Ich zitiere zur Verdeutlichung ein Beispiel: Bennie erzählt an einer Stelle von der Jugend seiner Mutter. Sie war Malerin und psychisch gestört. Es gab einige Selbstmordversuche. Beim ersten dieser Versuche trank sie Farbe. Bennie beschreibt das so: „Meine Großmutter fand Willa auf dem Boden liegend in ihrem Zimmer, mit regenbogenfarbenem Sabber, der ihr aus dem Mundwinkel rann. Sie erbrach die Farbe, bevor ihr der Magen ausgepumpt werden musste. Es war, wie ich mir manchmal (natürlich nur abstrakt) vorgestellt habe, sicherlich die farbenprächtigste Kotze der Welt. Eine gastrische Interpretation von Josephs Mantel aus zahllosen Farben, die wilde Buntheit und lebendigen chromatischen Streifen ein gebündelter Vorwurf an den dunklen Verstand, der sie zu verschlingen trachtete.“ So was muss man mögen – wer (wie ich) etwas damit anfangen kann, wird in diesem Buch überreichlich damit versorgt.
    Miles hat seinem Roman noch eine zusätzliche Ebene verliehen: Bennie ist von Beruf Übersetzer, in seinem Handgepäck befindet sich das neueste Werk eines polnischen Autoren, das er übersetzen soll. Im Laufe der Wartezeit beschäftigt er sich damit und schreibt immer wieder Kapitel nieder. Die Geschichte des Protagonisten Walenty bietet einen Kontrapunkt und verschlingt sich mit seiner Geschichte. Ich bedauere sehr, dass dieser Autor nur fiktiv ist und dass ich von dessen Buch nur diese wenigen Kapitel zu lesen bekomme.


    Fazit:
    Ich würde jederzeit wieder mit Bennie die Nacht auf dem Flughafen verbringen. Tatsächlich habe ich die Nacht mit ihm verbracht. Jegliche Tippfehler oder wirre Formulierungen bitte ich also dem Schlafmangel anzulasten :grin. Eine Geschichte, die mich gefangennahm und mit gemischten Gefühlen entließ: Bedauern, dass sie zu Ende ist, Begeisterung, dass ich an ihr teilhaben durfte. Zehn Punkte.




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