Der Autor (Quelle: Amazon)
CHRISTOPHER ECKER, geb. 1967 in Saarbrücken, studierte Germanistik und Philosophie. Für sein literarisches Schaffen erhielt er mehrere Preise, zuletzt den Friedrich-Hebbel-Preis 2015. Seit 2007 Autor des Mitteldeutschen Verlags, bereits erschienen: die Romane »Madonna« (2007), »Fahlmann« (2012) und »Die letzte Kränkung« (2014) sowie der Gedichtband »die montage der dienstage « (2010). Ecker lebt und arbeitet in Kiel.
Das Buch (Quelle: Amazon)
Zusammen mit seinem trollähnlichen Diener haust der anfangs noch namenlose Ich-Erzähler in einem schäbigen New Yorker Apartment und führt dubiose Aufträge für eine Person durch, die sich »der Lotse« nennt. Gegenwärtig soll eine höchst befremdliche Fracht transportiert werden, doch die Arbeit erweist sich als so kraftraubend und sinnentleert, dass der Erzähler beginnt, nicht nur an seiner Aufgabe, sondern auch an sich selbst zu zweifeln. Wer ist er wirklich? Warum ist sein Leben eine Lüge? Und wieso ist er in der Lage, von den USA aus mit der U-Bahn nach Paris, Amsterdam und Kiel zu fahren? Mit »Der Bahnhof von Plön« legt Christopher Ecker sein bislang kühnstes Buch vor eine verstörende Tour de Force, die gleichermaßen Zeitanalyse, Entwicklungsroman, spannender Thriller, literarische Fantasy und ein philosophischer Exkurs der düstersten Sorte ist. Im Mittelpunkt des ebenso virtuosen wie doppelbödigen Spiels um Trug und Wirklichkeit steht ein schmerzhafter Selbstfindungsprozess: Wenn wir diejenigen sind, die durch unsere Erinnerungen geformt werden, wer sind wir dann, wenn diese Erinnerungen falsch sind?
Meinung
Bestimmt war das Buch das schrägste, was ich bisher gelesen habe. Vielleicht macht es sogar süchtig, denn der Leser muss sich an eine Rezeptur gewöhnen, die aus fünf Drogen besteht. Und jede einzelne bietet schon ausreichend Stoff für eine Gehirnkirmes:
1. Protagonist steigt in grauer Vorzeit in eine Kapsel und schlägt im Hier & Jetzt auf
2. Protagonist transportiert grauenvolles Frachtgut von einem Hotelzimmer in ein anderes
3. Protagonist steigt in New York in die U-Bahn und in einer Pariser Metrostation aus
4. Göttergleiche Figuren einer untergegangenen Kultur wandeln unerkannt unter den Menschen
5. Protagonist denkt ständig laut nach: Was bedeutet Wirklichkeit? Ist der Mensch seines Glückes Schmied? Wer ist Herr, wer ist Knecht in seinem Leben?
Für mich ist das Buch die Entdeckung des Jahres und die Widerlegung der These, man könne in Deutschland keinen philosophisch angehauchten Mix aus Mystery, Fantasy und SciFi verkaufen. Leben kann man davon leider nicht, aber dieser Autor muss es auch nicht: Er ist Lehrer.
Ein Buch, dem ich viele Leser wünsche. Erfüllte sich mein Wunsch, könnte man tatsächlich behaupten, ein weiterer Wunsch erfüllte sich: Mehr fantastische Literatur wagen!