Paris Trout - Pete Dexter

  • Taschenbuch: 416 Seiten
    Verlag: FISCHER Taschenbuch; Auflage: 2 (1. Juni 2010)
    ISBN-13: 978-3596185818
    Originaltitel: Paris Trout
    Preis Taschenbuch: Euro 9.95


    Autor


    Pete Dexter, 1943 in Michigan geboren, arbeitete über fünfzehn Jahre als Zeitungsreporter in Philadelphia. Heute lebt er als freier Schriftsteller im Bundesstaat Washington. Pete Dexter gilt als einer der profiliertesten Drehbuchautoren Amerikas und veröffentlichte sechs Romane, darunter »Paris Trout« (Fischer Taschenbuch Bd. 18581), der 1988 mit dem National Book Award ausgezeichnet wurde.


    Kurzbeschreibung / Klappentext


    Das Südstaatennest Cotton Point, Georgia zu Beginn der fünfziger Jahre. Die Brüchigkeit der Kleinstadtidylle wird offenkundig, als der weiße Ladenbesitzer Paris Trout ein schwarzes Mädchen brutal erschießt. Trouts Weigerung, sein Unrecht einzusehen, entlarvt ihn als skrupellosen Unmenschen. Jedoch wagt keiner der Einwohner, sich ihm in den Weg zu stellen. Als Anwalt Harry Seagraves versucht, Trout zur Verantwortung zu ziehen, kommt es zur Katastrophe.


    Meine Meinung


    Als dieses Buch im Jahre 1987 vom Schriftsteller Pete Dexter geschrieben wurde, existierte das Sub-Genre, das heute als "Country-Noir" bezeichnet wird, noch nicht. Dieser Begriff hat sich erst in den letzten Jahren langsam aber stetig durchgesetzt. Ich persönlich verbinde mit dieser Literaturgattung Geschichten, die meist im amerikanischen Süden angesiedelt sind und vom harten Leben der armen Bevölkerungsschichten im Spannungsfeld von Elend, Rassismus und Gewalt erzählen. Meist sind die Autoren mit den Kleinstädten von denen sie schreiben tief verbunden und haben selbst jahrelang in der Gegend gelebt. Sie porträtieren karge Lebenswege der Perspektivlosigkeit und schreiben den angesammelten Seelenschmerz einer Region vom Gewissen und geben dem dumpfen Grollen, dass in der Brust gefangen ist, ein Ventil um die Last des Wissens von geschehenen Unrecht der Vergangenheit entweichen zu lassen. Erstaunlicherweise akzeptiert man in weiten Teilen der Bevölkerung die düsteren, teils haarsträubenden Geschichten ohne die Verfasser als Nestbeschmutzer zu verunglimpfen. Ein Einheimischer darf offensichtlich, im Gegensatz zu Fremden, die brutale Wahrheit erzählen.


    Die in diesem Buch erzählte Geschichte passt wie die Faust aufs Auge zu den oben erwähnten Kriterien. Es ist eine bitterböse Erzählung aus den 1950er Jahren in der Südstaaten Kleinstadt Cotton Point im US Bundesstaat Georgia die einem die Magensäfte im Bauch zusammenzieht und noch saurer werden lässt als sie es ohnehin schon sind. Von Beginn weg liegt eine bleierne Schwere auf der Geschichte und man wartet nur darauf, bis die in der Kurzbeschreibung erwähnten Taten geschehen.


    Die Hauptfigur und namengebend für den Roman ist Paris Trout. Ein weisser Ladenbesitzer dessen eigentliches Geschäft der Geldverleih ist und obwohl er verheiratet ist, ist er ein gefühlskalter Einzelgänger und Sonderling. Da er aber vielen Bewohnern Cotton Points in Notlagen Geld geliehen hat wird er murrend akzeptiert. Als sich ein junger Schwarzer namens Henry Ray bei ihm wegen eines Autos verschuldet und der Wagen noch am selben Tag in einen Unfall verwickelt wird nimmt das Unglück seinen Lauf. Henry Ray weigert sich die Raten für ein kaputtes Auto zu bezahlen und Paris Trout hat ein Motto: Er kriegt sein vereinbartes Geld! Die Sache gerät ausser Kontrolle und Trout erschiesst in seinem unbändigen Zorn ein schwarzes Mädchen und verletzt eine weitere Frau schwer. Der weitere Verlauf der Geschichte treibt uns Lesern, oder zumindest mir, die Zornesröte ins Gesicht. Trout sieht sich als Gezwungener der Umstände und weigert sich seine Schuld einzugestehen und offenbart sein Wesen: Ein Egomane und ein eiskalter Rassist der kein Gewissen hat und keine Skrupel kennt. Im weiteren Verlauf des Buches wird die Gerichtsverhandlung samt jahrelanger Einsprüche beschrieben bis es eines Tages zur Eruption des aufgestauten Hasses kommt.


    Wie schon geschrieben ist dieses Buch keine vergnügliche Lektüre und man blickt als Leser in menschliche Abgründe. Dennoch ist es ein wichtiges Buch da es das Denken und Fühlen der Gesellschaft im amerikanischen Süden der Fünfziger Jahre beschreibt. Es legt unerbittlich den Finger auf eine Wunde die bis heute noch nicht ganz verheilt ist. Dabei erlaubt sich der Autor einige Szenen penibel genau zu beschreiben um dann grösser Sprünge auf der Zeitachse vorzunehmen um offensichtlich Unwichtiges im Dunkeln zu lassen. Dennoch wird alles Substanzielle auf den knapp 410 Seiten erzählt. Wertung: 8 oder 9 Eulenpunkte