Astrid Fritz - Unter dem Banner des Kreuzes

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
    Sie suchen ihr Seelenheil und finden den sicheren Tod -
    Ein packendes Schicksal aus der Zeit der Kinderkreuzzüge
    Freiburg 1212: Die siebzehnjährige Anna leidet unter ihrem jähzornigen Vater. Eines Tages hört sie von den Heerscharen junger Leute, die zu Fuß das Rheintal hinaufziehen, um das heilige Jerusalem zu befreien. Anna ergreift die Gelegenheit zur Flucht.
    Zunächst ziehen die Kinder mit fröhlichem Gesang und Gebet gen Basel, himmeln ihren Anführer an, werden am Wegesrand bejubelt und in den Ortschaften versorgt. Doch bald folgen die ersten Durststrecken und Gefahren.
    Seit der Freiburger Gegend begleitet sie der angehende Priester Konrad. Seine Worte gegen den unseligen Kinderkreuzzug und gegen den Anführer, der sich mehr und mehr wie ein König huldigen lässt, verhallen ungehört. Kann er seine kleine Schar retten?


    Autorin (Quelle: Verlagsseite)
    Astrid Fritz studierte Germanistik und Romanistik in München, Avignon und Freiburg. Als Fachredakteurin arbeitete sie anschließend in Darmstadt und Freiburg und verbrachte mit ihrer Familie drei Jahre in Santiago de Chile. Unter dem Pseudonym Karin Rössle beweist sie mit dem Roman „Deschperate Housewives“ Herz und Humor. Heute lebt Astrid Fritz in der Nähe von Stuttgart.


    Allgemeines
    Erscheinungstermin: 22.Juli 2016 bei Wunderlich als HC mit 448 Seiten
    Gliederung: Prolog – drei Hauptteile mit insgesamt 45 Kapiteln, jeweils mit Ortsangaben überschrieben – Autorennachwort – umfangreiches Glossar – Landkarte im vorderen und hinteren Einband
    Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven
    Handlungsorte und -zeit: Diverse Orte auf der Pilgerschaft von Freiburg nach Genua und zurück, Frühjahr bis Ende 1212


    Zum Inhalt
    Im Jahre 1212 soll ein Hirtenjunge namens Nikolaus von Köln den himmlischen Auftrag erhalten haben, einen (weiteren) Kreuzzug ins Heilige Land zu unternehmen, um das Grab Christi zu befreien. Diesmal darf allerdings nicht mit Waffengewalt vorgegangen werden, vielmehr sollen „unschuldige Seelen“, d.h. Kinder und Jugendliche, die Befreiung Jerusalems durch Liebe und das Wort Gottes vollbringen.
    Als die Werber für diesen Kreuzzug in Freiburg Station machen, sieht die siebzehnjährige Anna Schuster, die als ältestes Kind zuhause von ihrem strengen Vater über Gebühr drangsaliert wird, eine günstige Gelegenheit gekommen, dem Elternhaus den Rücken zu kehren und außerdem etwas Gutes zu tun. Zusammen mit dem jugendlichen Tunichtgut Jecki und den zwei Kindern Christian und Margret schließt sie sich dem Knappen Gottschalk von Ortenburg, dem Werber, an und begibt sich auf eine gefahrvolle Pilgerschaft.
    Der angehende Priester Konrad schließt sich dem Zug an, um die entlaufenen Freiburger Kinder im Auftrag des Pfarrers Theoderich zurückzubringen. Als diese sich weigern, ihr Vorhaben aufzugeben, reist er notgedrungen mit und versucht, sie zu schützen, denn ihm ist bewusst, dass bei diesem Kreuzzug nicht alles mit rechten Dingen zugeht und dass die Pilgerfahrt viele Teilnehmer ins Unglück führen wird…


    Beurteilung
    Die Romanfiguren sind fiktiv, der Anlass für den Kinderkreuzzug und dessen Verlauf sind jedoch historisch verbürgt. Sehr anschaulich beschreibt die Autorin die mit einer mittelalterlichen Pilgerfahrt verbundenen ungeheuren Mühen und Qualen, die tiefgläubige und -für heutige Verhältnisse – unglaublich naive Menschen zum Ruhme Gottes auf sich nehmen. Bei dieser Schilderung wird nichts beschönigt, der Leser erlebt mit, wie gläubige Christen im ausgehungerten Zustand zu Dieben und Plünderern werden und er sieht Romanfiguren, die ihm ans Herz gewachsen sind, auf der beschwerlichen Reise über die Alpen ihr Leben lassen. Dank der Landkarte im vorderen und hinteren Einband und der Ortsangaben, mit denen die Kapitel überschrieben sind, kann der Leser den Weg der Pilger detailliert verfolgen.
    Die Charakterisierung der Romanfiguren ist gelungen, besonders Konrad, der gewissermaßen der „Held“ dieses Romans ist, wird durchaus mit Fehlern und Schwächen dargestellt. Die eigentliche Protagonistin Anna wird ebenfalls nicht verklärt gezeichnet, sondern ist bei allen guten Absichten doch auch recht naiv und störrisch. Auch die eher negativen Figuren werden bis auf eine Ausnahme nicht als vollkommen böse präsentiert.
    Die Informationen über die für das Hochmittelalter schon erstaunlich gut ausgebauten Handelswege mit ihren Raststationen (Klöster, Hospize, Gaststuben) und die ausgedehnten Handelszüge der Kaufherren sind sehr interessant.
    Ein informatives Autorennachwort und ein ungewöhnlich umfangreiches Glossar runden den gut recherchierten Roman ab.


    Fazit
    Ein atmosphärisch dichter Roman über den Kinderkreuzzug von 1212, der (bis auf das etwas zu „glattgeschliffene“ Ende) ein realistisches Bild von den Härten einer mittelalterlichen Pilgerfahrt zeichnet!
    9 Punkte

  • Als der Hirtenjungen Nikolaus eine himmlische Erscheinung wahrnahm, versammelte er umgehend eine große Schar Kinder, um mit ihnen auf einen Kreuzzug ins Heilige Land zu gehen. Die unschuldigen Seelen sollten ohne Waffen Jerusalem aus den Fängen der Ungläubigen befreien. Die Werber für dieses Unterfangen kamen auch nach Freiburg, wo sich die 17jährige Anna, der jüngere Christian und noch einige weitere Kinder anschlossen. Als ihr Verschwinden bemerkt wurde, folgten ihnen der angehende Priester Konrad und Christians Mutter Luitgard, um die Kinder zur Umkehr zu bewegen. Doch die sind von ihrer Sache überzeugt und verehren Nikolaus mit seinen Plänen. Den beiden bleibt nichts anderes übrig, als die Kinder bis über die Alpen zu begleiten.


    Der Kinderkreuzzug aus dem Jahr 1212 wurde bereits vielfach in der Literatur behandelt. Astrid Fritz greift nun das Thema erneut auf und kreiert eine fiktive Handlung um den historisch verbürgten Nikolaus. Die Pilgerreise der Kinder lässt sie durch Anna ab Freiburg genauer betrachten. Sie vermittelt durch die unterschiedlichen Ansichten der Kinder, die zum Teil aufgrund des Entwicklungslandes zustande kommen, eine Vorstellung, warum sich tausende angeschlossen haben. Die Kinder verließen ihre Elternhäuser, um auf eine Reise ohne Gewissheit auf Erfolg zu begeben. Sie folgten einem blonden Jungen, der ihnen versprach, dass sich Meer vor ihnen teilen werde. Vermutlich ist das Ausbleiben dieses Wunders auch der Grund für die Auflösung des Zuges in Genua.


    Die Figuren werden detailliert gezeichnet. Jeder erhält einen eigenen Charakter, sodass man als Leser die Qualen der Reise, die Entbehrungen und sogar das Heimweh nachfühlen kann. Die Beschreibungen der Umgebung von Freiburg Richtung Basel und weiter über die Alpen bis Italien lassen dabei ein Gefühl des Reisens entstehen. Auf einer vorangestellten Karte kann man den langen Weg nachverfolgen. Die meisten Kinder und Begleiter sind von Genua enttäuscht wieder nach Hause gegangen, manche haben aber auch in der Ferne ihr Glück gesucht. Für diese Möglichkeiten hat Fritz je eine Figur geschaffen, mit der man die Beweggründe nachfühlen kann. Insgesamt wird damit ein verständliches Bild der Historie gezeichnet, das sich gut lesen lässt. Ein erklärendes Nachwort und ein Glossar mit detaillierten Erklärungen über die damals üblichen Ausdrücke runden den historischen Roman ab. Das Roadmovie des Mittelalters ist ein empfehlenswerter Lesetipp.