'Jeder stirbt für sich allein' - Seiten 200 - 286

  • Booklooker, darum ging es mir gar nicht. Ich meine nur, dass jeder, der sich entschließt, etwas zu tun, sicher nicht absichtlich andere gefährden wird, aber auch nicht auf eigene Aktionen verzichten wird, weil jemand anders gefährdet sein könnte.
    Ob und wie jemand aktiv Widerstand leistet, kann jeder nur selbst beurteilen.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Was immer man bei so einem Regime tut - es bringt immer auch andere in Gefahr. In vielen Fällen reichte es ja schon, im gleichen Haus zu wohnen, wie jemand, der sich verdächtig gemacht hat.
    Ich finde, das kann kein Grund sein, gar nichts zu tun.


    Da hast du auf jeden Fall Recht, ich finde nur, es müsste den Quangels zumindest klar sein, dass sie mit ihren Karten auch andere gefährden und das Gefühl habe ich nicht.

  • Der Otto war sich auch über die Gefahr für andere kaum klar. Er war sich ja sicher, was Positives zu bewirken.


    Zur Frage des Widerstands: Zu 99 % wären wir wohl alle auch nur Mitläufer geworden. Es ist doch schon bezeichnend, dass man die paar Leute, die sich wirklich auflehnten, sogar namentlich kennt. Der Großteil hat begeistert mitgemacht, sich heimlich bereichert oder ängstlich weggeguckt. Verständlich, da alles andere ja auch lebensgefährlich war.

  • Ich glaube auch nicht, dass Otto sich der Gefahr für andere bewusst war.
    Er wollte die Leute informieren und wachrütteln.


    Die meisten haben sicherlich aus Angst geschwiegen. Die Leute wollten ihre Familie schützen.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Zitat

    Original von xexos


    Zur Frage des Widerstands: Zu 99 % wären wir wohl alle auch nur Mitläufer geworden. Es ist doch schon bezeichnend, dass man die paar Leute, die sich wirklich auflehnten, sogar namentlich kennt. Der Großteil hat begeistert mitgemacht, sich heimlich bereichert oder ängstlich weggeguckt. Verständlich, da alles andere ja auch lebensgefährlich war.


    Ich glaube das auch. Auch wenn ich gerne glauben würde, dass ich anders wäre, aber ich denke, im Endeffekt hat man dann vielleicht doch zu viel Angst. Ich weiß es einfach nicht.
    Vielleicht muss man auch nur die richtigen Leute finden, die ebenfalls zumindest gerne was tun würden und nicht tendenziell immer nur weg gucken. In der heutigen Zeit wäre das schwierig, weil Mitläufer sein irgendwie doch einfacher ist als sich eine eigene Meinung zu bilden. Oder sich ängstlich in Ecken drücken, weil man vielleicht sonst irgendwas Unangenehmes erlebt.

  • Vielleicht geht es darum, wenigstens innerlich Widerstand zu leisten. Nicht jede Schweinerei mitzumachen. Andere Menschen zu unterstützen, wenn auch im Verborgenen.


    Ob man von sich selber Heldenmut erwarten kann? Es ist ja schon heute im Alltag schwer genug. Nicht wegzugucken. Sondern stehenzubleiben.
    Ich habe ein ganz kleines, eher harmloses Beispiel für euch.
    Wir waren unterwegs in einer bundesdeutschen Landeshauptstadt. Heller Mittag. Mäßig belebte Innenstadtstraße. Auf der anderen Straßenseite plötzlich Gebrüll.
    Ein Auto steht saublöd auf dem Bürgersteig - meine Vermutung war gleich, dass da jemand zu dusselig zum Einparken war und einen Fußgänger in Bedrängnis gebracht hat.
    Jedenfalls hat der Fußgänger den Autofahrer (ebenfalls männlich) beschimpft. Der schimpfte zurück. Keinerlei Einsicht.
    Dann kroch der Fußgänger durch das offene Beifahrerfenster und fing an, den Fahrer zu schlagen, der seinerseits wüst schimpfte und ordentlich zurückschlug.
    Erst wollten wir weitergehen. Was uns dann doch bewogen hat, auf die andere Straßenseite zu gehen und dafür zu sorgen, dass die sich nicht totschlagen war, dass da eine Frau in unserem Alter daherkam.
    Auch nicht einfach weitergehen wollte. Und wir uns dachten, nein, die können wir doch da nicht alleinelassen.
    Es ist alles gut ausgegangen. Aber wie oft spielt der bloße Zufall eine Rolle, ob jemand eingreift oder nicht.

  • Nein. Da hätte ich die Polizei gerufen. Oder versucht, Autos anzuhalten. Bei zwei sich prügelnden erwachsenen Männern dazwischenzugehen - das ist leichtsinnig.


    Ich finde es schon wichtig, auch gut auf sich selber zu achten. Für die eigene Sicherheit zu sorgen. Erst mal zu überlegen, was man sinnvollerweise tun kann. Es ist keinem geholfen, wenn einfach eine Person mehr zu Schaden kommt.

  • Zitat

    Original von xexos
    Der Otto war sich auch über die Gefahr für andere kaum klar. Er war sich ja sicher, was Positives zu bewirken.


    Zur Frage des Widerstands: Zu 99 % wären wir wohl alle auch nur Mitläufer geworden. Es ist doch schon bezeichnend, dass man die paar Leute, die sich wirklich auflehnten, sogar namentlich kennt. Der Großteil hat begeistert mitgemacht, sich heimlich bereichert oder ängstlich weggeguckt. Verständlich, da alles andere ja auch lebensgefährlich war.


    Wenn so ein totalitäres System erstmal gefestigt ist, ist es auch für den Einzelnen fast unmöglich wirkungsvollen Widerstand zu leisten und am Anfang hatte Hitler die einfachen Antworten auf schwierige Frage, die zu viele Menschen glauben wollten.

  • Zitat

    Original von Zwergin
    ...und am Anfang hatte Hitler die einfachen Antworten auf schwierige Frage, die zu viele Menschen glauben wollten.


    Gruselig, wie aktuell dieser Satz gerade ist, in jedem europäischen Land und in den USA. :bonk



    Lustig finde ich, dass wir das mit dem Widerstand ausgerechnet in diesem Thread diskutieren. Wir haben uns ja kaum getraut, diesen Thread hier selbst zu erstellen. :lache

  • Mir ist nicht einmal aufgefallen, dass er fehlt, der Thread. Blindstilzchen eben.


    Das mit den einfachen Antworten und Lösungen ist ein Aspekt. Ein anderer ist die Bereitschaft, die eigenen Machtmittel skrupellos einzusetzen. Im dritten Reich waren das SA und SS und diverse andere Schlägertrupps.
    Heute sind das häufig genug die Medien, die ein Einzelner in seinem Sinne beeinflusst. Oder die Armee. Oder irgendwelche "revolutionären Garden", wie immer sie gerade heißen.
    So ganz ohne Gewalt hat sich noch kein diktatorisches Regime etabliert.

  • Ich war gestern hier.
    Nach der Lektüre konnte ich nicht daran vorbei fahren. Hier wurden vor allem politische Gefangene verhört bzw. gefoltert. Meine Gefühle brauch ich euch nicht zu schildern.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin