Eve de Castro - Der König der Schelme

  • Taschenbuch: 320 Seiten
    Verlag: Bastei Lübbe (Bastei Lübbe Taschenbuch)
    erschienen am 10. Juni 2016


    zur Autorin: Quelle: Bastei Lübbe Verlag
    Eve de Castro, geboren 1961, ist Roman- und Drehbuchautorin. Bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete, studierte sie in Paris internationales Recht und Geschichte. Ihre Romane wurden mit mehreren Preisen ausgezeichnet.


    zum Inhalt:
    Jozéf BoruwBaski ist neun Jahre alt und nur wenig größer als ein Säugling als er als lebendes Spielzeug an den Hof der Starostin von Polen und Freundin der Mutter kommt. Sie ist von dem Jungen begeistert und nennt ihn liebevoll Joujou. Jozéf lernt die Gepflogenheiten des Adels kennen und bekommt an verschiedenen Höfen Unterricht in Musik und Tanz. Der kleine Graf ist talentiert und begeistert die europäischen Häuser des Adels. In Wien kommt es sogar zum Konkurrenzkampf mit einem anderen Kleinwüchsigen, bei dem er fast sein Leben lässt. Joujou wird überall bejubelt und bestaunt, vor allem aber auch im Erwachsenenalter von den Damen auf den Schoß genommen.


    meine Meinung:
    Eve de Castro widmet sich in ihrem zweiten historischen Roman dem Leben des kleinwüchsigen Jozéf BoruwBaski. Sie schaut in dieser Biografie hinter die Fassade und vermittelt das Empfinden, das der verarmte Graf seiner Umwelt gegenüber gehabt haben dürfte. Sie wagt sich respektvoll an die Psyche des Mannes heran und beschreibt sein Anderssein mit den Vor- und Nachteilen. Da Jozéfs Geist nicht mit seiner körperlichen Größe gleichzusetzen war, gab es unweigerlich nach der Pubertät Probleme. Als er sich im Alter von 40 Jahren in die Französin Isalina verliebt, möchte er nicht nur Ehemann, sondern auch Vater sein. Im Laufe seines 98jährigen Lebens hatte er es nicht immer leicht und musste die fehlende Körpergröße mit Können und Intelligenz kompensieren.


    Das Hofleben der europäischen Monarchen wird nur oberflächlich beschrieben. Vielmehr gibt die Autorin die Sicht frei, was sich hinter den Kulissen zur Unterhaltung der Monarchen abgespielt hat. Jozéf lernt sie alle kennen und bleibt doch im Hintergrund. Seine Gönner ermöglichen ihm ein angenehmes Leben, solange seine Auftritte erwünscht sind. Die Nebenfiguren sind in dieser Handlung teilweise selber die Prominenten ihrer Zeit wie die Baronin von Cavendish, Marie Antoinette oder Maria Theresia. Der Roman entstand größtenteils durch die aufgeschriebenen Memoiren und vermittelt so Authentizität. Die Fakten werden geschickt mit Emotionen verbunden, sodass man als Leser das Gefühl hat, dabei gewesen zu sein. De Castro schafft eine Lebendigkeit der vergangenen Zeit, die beim Leser eine Reihe von Emotionen hervorruft.


    Der Schreibstil ist gesetzt und vermittelt trotz der fast ein ganzes Leben andauernden Reise Ruhe. Die Sprache ist so weit es ging der Zeit angepasst und mit französischen und italienischen Phrasen ergänzt, die zusätzlich für die richtige Stimmung sorgen. Alles zusammen zeichnet ein Porträt der höfischen Gesellschaft aus dem Blickwinkel eines Andersartigen. Die französische Schriftstellerin wurde mit diesem zweiten Roman mit dem Prix Montesquieu 2015 ausgezeichnet.